Essen. Die neuen Fahrverbote im Strafenkatalog für Autofahrer sollen gekippt werden. Andreas Scheuer macht Druck auf Verkehrsminister – so reagiert NRW.

Die härteren Strafen im Straßenverkehr könnten bald schon wieder Geschichte sein. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), der sich schon seit einer Weile fleißig darum bemüht, die erst im April eingeführten Regeln teilweise wieder zu kippen, hat die 16 Landesverkehrsminister in einem

Viel zu schnell – das wird seit April deutlich schärfer bestraft.
Viel zu schnell – das wird seit April deutlich schärfer bestraft. © dpa | Julian Stratenschulte

Brief auf vermeintliche Rechtsschwächen im Gesetzeswerk hingewiesen und „Ungereimtheiten im Sanktionsgefüge“. Es müsse mit einer Änderungsverordnung überarbeitet werden.

Scheuer braucht den Bundesrat, wenn die bereits eingeführten Veränderungen wieder zurückgenommen werden sollen. Der Bundesrat hatte die von Scheuer eingebrachte Vorlage zur Gesetzesnovelle verschärft. Zu den umstrittenen Punkten zählen vor allem die neuen Fahrverbote: Wer innerorts 21 Stundenkilometer zu schnell unterwegs ist und außerorts 26 Stundenkilometer, verliert für einen Monat den Führerschein.

Die Grünen signalisieren Widerstand

Das Düsseldorfer Verkehrsministerium, das Scheuers Brief gelesen hat, reagierte auf Nachfrage zurückhaltend: „Wir prüfen die Auswirkungen der aktuellen Reform“, hieß es. „Wir sollten jetzt mal abwarten, wie sich die Verordnung in der Praxis bewährt“, hatte die Vorsitzende der Verkehrsminister, Anke Rehlinger (SPD) aus dem Saarland zuletzt angeregt.

Die Grünen, in neun Landesregierungen mitverantwortlich, signalisieren Widerstand: „Statt die neue Regelung erstmal ein Jahr in Kraft zu lassen und zu überprüfen, welche Auswirkungen es auf die Verkehrssicherheit und Unfallhäufigkeit gibt, will Scheuer schon nach wenigen Wochen den Rückzug antreten. Dafür wird es keine grüne Zustimmung geben“, stellte NRW-Fraktionschef Arndt Klocke auf Nachfrage klar. Die Wirkungszusammenhänge zwischen Kontrolldruck, Sanktionshöhe und Verhaltensänderung seien wissenschaftlich erwiesen.

Der ADAC hatte die neuen Regeln kritisiert

Hoffnung kommt beim ADAC auf, der die härteren Sanktionen von Beginn an scharf kritisiert hatte. „Natürlich besteht nun die Chance, ein Stück mehr Verhältnismäßigkeit herzustellen“, sagte NRW-Sprecher Thomas Müther. Ein „ausgewogenes Verhältnis der Sanktionierung“ sei mit der Novelle in Teilen

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) findet die neuen Strafen zu hart.
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) findet die neuen Strafen zu hart. © dpa | Hannibal Hanschke

aufgehoben worden.

„Wir wollen keine Raserei“, sagte Müther, „aber wer vor einem Kindergarten 60 statt 30 fährt, muss anders bestraft werden als jemand, der auf einer mehrspurigen, geraden Straße ohne Fußgänger und Radfahrer 30 zu schnell ist.“

Zudem, so Müther, sei derzeit „auch eine große Verunsicherung bei den Autofahrern zu spüren, was nun gerade gilt. Der Ratschlag, den wir Autofahrern geben, wenn es um die verschärften Fahrverbote geht, ist, dass sie die Rechtmäßigkeit prüfen lassen sollten.“

Handwerkliche Fehler im Gesetz?

Der ADAC will, wie auch Scheuer, handwerkliche Fehler im Regelwerk entdeckt haben. Das sogenannte „Zitiergebot des Grundgesetzes“ sei verletzt worden. Bei Erlass einer Verordnung müsse man angeben, auf welcher Rechtsgrundlage man gehandelt habe. Das sei unzureichend geschehen.