Witten. Beim Maschinenhersteller Ruhrpumpen in Witten-Annen boomt es. 20 neue Mitarbeiter wurden kürzlich eingestellt, nun werden Azubis gesucht.

Wer im Ruhrpumpen-Werk in Annen zu Besuch ist, findet Tradition und Innovation. Mitarbeiter wie Claus Ebeling, der dort 1972 seine Lehre begonnen hat. Und Hightech-Ingenieurskunst, angeleitet von einem jungen mexikanischen Geschäftsführer. Claus Ebeling wird in wenigen Monaten zufrieden in Ruhestand gehen. „Die Unruhe ist weg“, sagt er, „jetzt geht es wieder aufwärts.“ Die Geschäftsleitung kann dem Maschinenschlosser nur zustimmen. 20 neue Mitarbeiter hat Ruhrpumpen trotz Corona in diesem Jahr schon eingestellt, nun werden neue Azubis gesucht.

Im Gewerbepark an der Stockumer Straße 28, auf dem Gelände des einstigen Annener Gussstahlwerks, werden Pumpen produziert, die weltweit verbaut werden. Etwa in Raffinerien oder in den Pumpstationen der Öl- und Gaspipelines. Technisches Know-how aus Witten steckt in Anlagen von Rotterdam, Antwerpen oder Wilhelmshaven ebenso wie in China, Irak oder Iran oder auf einer Ölbohrinsel in Norwegen. Auch das weitere Standbein von Ruhrpumpen ist nach wie vor gefragt: Maschinen zum „Decoking“ - zum Wasserschneiden von Koks. Der Maschinenhersteller liefert ausschließlich Sonderanfertigungen, nach Kundenwunsch.

Riesige Pumpe aus Witten liefert Trinkwasser in Brasilien

Sichtlich stolz zeigt Geschäftsführer José Elizondo Canales ein riesiges Bauteil, das demnächst in Brasilien zum Einsatz kommt - als Teil einer Pumpenanlage, die Trinkwasser für zwei Millionen Menschen liefern wird. „The biggest pump ever“, die größte Pumpe, die je in Witten gefertigt wurde.

Eine der Produktionshallen der Firma Ruhrpumpen in Witten.
Eine der Produktionshallen der Firma Ruhrpumpen in Witten. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

„Wir haben einen langen Projektdurchlauf von jeweils zehn bis 14 Monaten. Das hilft uns in Krisenzeiten natürlich immens“, sagt Personalchef Tobias Piechura. Schon 2019 konnte Ruhrpumpen eine „Rekord-Auftragslage“ verzeichnen. Selbst für 2021 seien schon Aufträge da. Von Corona-Krise ist in Annen keine Spur.

Internationales Unternehmen mit Wurzeln in Annen

Die „Ruhrpumpen GmbH Wende & Hentschel“ nahm 1950 in den leeren Hallen des ehemaligen Annener Gussstahlwerks an der Stockumer Straße ihren Betrieb auf. Dort wurden Pumpen repariert und Ersatzteile gefertigt, für die Schifffahrt und Raffinerien. Das Unternehmen gehörte ab 1963 zur Rheinstahl AG, die 1974 mit Thyssen fusionierte. 1996 zog sich Thyssen aus dem Pumpengeschäft zurück – das Werk stand vor dem Aus.

Erstmals kaufte ein mexikanisches Unternehmen ein deutsches. César A. Elizondo Villarreal übernahm mit Hilfe kanadischer Finanzpartner 1997 die Ruhrpumpen. Mittlerweile hat die Firma Produktionsstandorte in den USA, Argentinien, Ägypten, Brasilien, China, Chile, Indien, Großbritannien und Russland. Das Wittener Werk erwirtschaftete 2019 einen Jahresumsatz von 100 Millionen Euro. In Annen sind 315 Mitarbeiter beschäftigt.

Worauf gründet sich der neue Erfolg? „Die Marktsituation sowie die Erfahrung und die besondere DNA unserer Belegschaft“, sagen José Elizondo Canales und Andreas Dieck, der Betriebsratsvorsitzende, unisono. Ein Vorteil des Standort Witten sei außerdem der Prototypenbau – Ruhrpumpen entwickle die Produkte schneller als seine Konkurrenten.

„Den Puls der Belegschaft nicht verstanden“

Dabei hat der Maschinenbauer einige schlechte Jahre hinter sich. Nachdem das Unternehmen 1997 in den Besitz eines mexikanischen Familienunternehmens gelang, boomte es. Andreas Dieck erinnert sich: „Wir sind bis 2012 unheimlich gewachsen. Und wie das so ist, wenn man erfolgreich ist: Man vergisst, sich für die Zukunft aufzustellen.“ Zudem hätten zwei Geschäftsführer „den Puls der Belegschaft“ nicht gut genug gefühlt, die Marktsituation sei schwierig gewesen, Prozesse waren holprig. „Diese Unruhe hat an allen genagt“, sagt Claus Ebeling, der Maschinenschlosser. „Das Gemeinschaftsgefühl wurde immer weniger. Arbeiten war nur noch Pflichterfüllung.“

Claus Ebeling an der Maschine, an der er 1972 seine Lehre begonnen hat: Damals bei Rheinstahl, heute ein Pumpenbauer unter mexikanischer Flagge.
Claus Ebeling an der Maschine, an der er 1972 seine Lehre begonnen hat: Damals bei Rheinstahl, heute ein Pumpenbauer unter mexikanischer Flagge. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

Der 63-Jährige hat auch die Zeiten miterlebt, als das Werk tatsächlich vor dem Aus stand. Die Angst, dass „die Mexikaner nur die Patente wegkaufen und im Billiglohnland produzieren lassen. Aber da haben wir uns mächtig geirrt“, sagt er. Die Aufträge, die ein besonders technisches Wissen brauchen, landen bis heute in Witten.

Drei Lehrberufe im Angebot

Die Ausbildung hatte Ruhrpumpen zeitweise ausgesetzt. Nun haben sich Betriebsrat und Personalchef mit einem Schreiben an die Mitarbeiter gewandt. Die Ausbildung solle wieder aufgenommen und sogar ausgeweitet werden, um ein „deutliches Zeichen für eine dauerhafte Perspektive des Standortes Witten zu setzen“. Gesucht werden junge Leute, die Zerspanungsmechaniker, Industriemechaniker oder Mechatroniker werden möchten. Auch Azubis, die woanders ihre Ausbildung coronabedingt nicht fortsetzen können, möchte Ruhrpumpen eine Perspektive bieten. Bewerbungen: tpiechura@ruhrpumpen.com.