Witten. Vom vor einem Jahr beschlossenen Radverkehrskonzept für Witten wurde zuwenig umgesetzt, finden Radfahrer. Gefährliche Stellen gehören entschärft.
Vor knapp einem Jahr hat der Rat ein Radverkehrskonzept für Witten beschlossen. Das Kalkül: Bei besseren und übersichtlichen Radwegen werden mehr Wittener von vier auf zwei Räder umsteigen. Doch obwohl durch die Corona-Krise die Zahl der Radfahrer auf Wittens Straßen deutlich gestiegen ist, scheint es: Sicherer ist das Radeln nicht.
Pro Jahr kann die Stadtverwaltung 200.000 Euro für die Verbesserung des Radverkehrs ausgeben. Wo sind die geblieben? Unter anderem mahnen die Grünen Tempo an, „zumal viele Verbesserungen schnell und mit wenig Aufwand umzusetzen sind“, so Grünen-Ratsherr Arnold Evertz. „Wir sind mit dem Radverkehrskonzept absolut zufrieden“, betont Susanne Rühl, Vorsitzende des ADFC EN. „Inzwischen bin ich frustriert.“ Viele Vorschläge würden in den Schubladen verstauben. Andreas Redecker, engagiert im VCD EN, meint: „Wir vermissen einen großen Eimer roter Farbe“. Es würde schon helfen, wenn die Radwege deutlich und einheitlich markiert wären, wie man es aus anderen Städten kennt.
Stadt Witten möchte Radverkehrsbeauftragten einstellen
Auf Nachfrage beim Tiefbauamt zeigt sich: Nichts ist nicht passiert. So gibt es inzwischen einen 400 m langen Schutzstreifen in der Westfalenstraße. Im Wiesenviertel, am S-Bahn-Halt in Annen sowie am HBF wurden insgesamt 40 neue Fahrradbügel aufgestellt. Außerdem wurden Barrieren bzw. Umlaufsperren abgebaut. „Die Umsetzung weiterer Maßnahmen steht kurz bevor“, so Stadtsprecher Helmut Sonder.
Ferner beabsichtige die Verwaltung, einen Radverkehrsbeauftragten einzustellen, um zusätzliche „Manpower“ für den Bereich Radverkehr zu erhalten. Dazu wurden ein umfangreicher Förderantrag erarbeitet. Das Bundesumweltministerium fördert eine solche Stelle (befristet auf zwei Jahre) bei finanzschwachen Kommunen bis zu 90 Prozent. Denn mit den „vorhandenen Personalkapazitäten können diese Aufgaben in dem notwendigen Umfang nicht geleistet werden“, so Stadtbaurat Stefan Rommelfanger in einer Vorlage, die im Haupt- und Finanzausschuss am 16.6. beraten wird.
Gefährliche Stelle an der Husemannstraße
Bei einer Tour durch die Innenstadt fallen gleich mehrere für Radfahrer gefährliche Stellen auf, die nach wie vor nicht entschärft sind. Dazu zählt etwa die Kreuzung Husemannstraße/Ruhrstraße. Vom Berufskolleg in Richtung Hbf gibt es zwar eine Geradeausspur für Radfahrer, es fehlt aber eine Linksabbiegespur für Radler in Richtung Bommern. Die Radler bugsieren ihren Drahtesel durch den Rückstau der Autofahrer auf die Linksabbiegespur für Pkw. Der Bommeraner Andreas Redecker meidet diese Situation, die auf dem Schulweg seiner Kinder liegt: „Viel zu gefährlich.“
Noch schlimmer sei auf dem Weg nach zur Ruhrbrücke die Stelle Ruhrstraße, Höhe Gasstraße. „Als Radfahrer weiß man überhaupt nicht, wie man fahren soll.“ Vor Ort quetschen sich die Radler an den Lkw vorbei über einen schmalen Bürgersteig. Kommt einem dort ein Fußgänger entgegen, wird’s kritisch.
Beauftragter soll Zufriedenheit überprüfen
Ein Radverkehrsbeauftragter für Witten soll neben der Umsetzung des Konzeptes auch für ein „Klimaschutz-Controlling“ verantwortlich sein. Jährlich solle er anhand von Verkehrszählungen überprüfen, ob es tatsächlich gelingt, den Radverkehrsanteil zu steigern, was zu einer Reduktion der Treibhausgasemissionen beitragen kann. Auch die Zufriedenheit der Bevölkerung mit dem Radverkehr in Witten soll über einen Fahrradklimatest ausgewertet werden.
Die Wittener Fahrradverbände kritisieren, dass bei Baustellensicherungen nicht an Radfahrer gedacht wird. Ein Negativ-Beispiel ist die Baustelle Pferdebachstraße.
Mehrere gefährliche Stellen gebe es zudem auf der Husemannstraße bergauf sowie auf der Bergerstraße. Etwa an der Kreuzung mit der Herbeder Straße – die kann man als Radler eigentlich nur meistern, indem man die Fußgängerampeln nutzt.
Hier gibt es mehr Artikel, Bilder und Videos aus WittenDie Fahrradverbände pochen auf eine verlässliche Wegführung und eine klare Beschilderung. „Wir sind Verkehrsteilnehmer, deswegen gehören wir auf die Straße und nicht an den Rand gedrängt“, so Susanne Rühl. In der Wittener Innenstadt sollen Radler viel zu oft enge Bürgersteige nutzen. „Und das führt zu Komplikationen mit den Fußgängern.“