Witten. Am 8. Juni öffnen die Wittener Kitas wieder für alle. Die Einrichtungen freuen sich auf die Kinder. Doch der Infektionsschutz bereitet Sorge.
816 Vorschulkinder kehren am Donnerstag (28.5.) in die Kitas zurück. Keine zwei Wochen später, am 8. Juni, dürfen dann laut NRW-Familienministerium wieder alle Kinder in Tagesstätten betreut werden. Viele Eltern dürften bei dieser Nachricht erleichtert aufgeatmet haben. Bei den Kita-Trägern löst die bevorstehende Öffnung aber sehr gemischte Gefühle aus.
„Wir waren sehr überrascht, dass es nun so schnell geht“, sagt Angelika Arend vom Kindergartenverbund des Evangelischen Kirchenkreises Hattingen-Witten. Natürlich freue man sich, die Kinder wiederzusehen. Allerdings überwiegen beim Trägerverbund eher die Sorgen vor der Öffnung. „Wir wissen nicht, ob wir das schaffen“, so Arend. „Wir hoffen, dass wir genügend Personal haben und dass wir sie nicht in Gefahr bringen.“ Auch wenn es bislang noch in keiner der zwölf Einrichtungen einen Corona-Fall gegeben habe.
Viele Fragen sind in Wittener Kitas noch offen
Viele Fragen sind derzeit noch offen – etwa welche Erzieherinnen arbeiten und welche nicht. Denn nachdem das Robert-Koch-Institut seine Vorgaben geändert hat, muss nun in jedem Einzelfall geklärt werden, ob ein Arbeitnehmer als Risikopatient einzustufen ist oder nicht. Auch müssen die Hygiene-Konzepte überarbeitet werden. „Bislang sollen Kinder nur einzeln in den Waschraum“, sagt Angelika Arend. Je nach Kindergarten und Ausstattung könnte das schwierig bis unmöglich werden.
Auch bei der Awo blickt man mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf die bevorstehende Öffnung. Für die Kinder sei es eine gute Nachricht, sie würden wieder mehr Normalität und Regelmäßigkeit erfahren, sagt Heike Wallis van der Heide. „Sie haben je nach Umfeld eine schwierige Zeit hinter sich“, so die Abteilungsleiterin für Kindertagesstätten bei der Awo Ennepe-Ruhr. Auch erlebe man die „mehr als nachvollziehbare Not“ der Eltern. „Aber das Virus ist nicht weg. Deshalb müssen wir alles sehr bedacht machen.“
Umsetzung von Hygienestandards und Abstand in der Kita sehr schwierig
Das große Problem im Kita-Alltag ist das Abstandhalten. „Das geht nicht. Wir arbeiten nah am Kind“, so Wallis van der Heide. Man setze darauf, dass Kinder das Virus nicht so stark übertragen. „Wir hatten den Betrieb ja nie ganz geschlossen und bislang nicht einen Fall in unseren Reihen“, so die Kita-Expertin.
570 Kinder sind derzeit in der Notbetreuung in Wittens Kitas
Derzeit sind 570 Kinder in der Notbetreuung in den Kitas. Seit dem 14. Mai dürfen sozial schwächer gestellte Vorschulkinder und Kinder mit Behinderungen wieder in die Tagesstätten gehen. Am 28. Mai kommen die restlichen Vorschulkinder hinzu. Ab 8. Juni geht es dann für alle 3130 Kita-Kinder in Witten wieder los.
Der Betreuungsumfang ist dann allgemein um je zehn Stunden pro Woche reduziert. Die meisten Einrichtungen warten derzeit noch auf Rückmeldung der Eltern, wer sein Kind überhaupt bringen möchte.
Dass die Umsetzung der Abstands- und Hygieneregeln in den Kitas schwierig wird, sieht man auch bei der Stadt so. In den allermeisten Kitas würden die räumlichen Kapazitäten zudem kaum Spielraum lassen, so Stadtsprecher Jörg Schäfer. Durch festgelegte Essens-, Wasch- und Spielzeiten versuche man aber, größtmögliche Distanz herzustellen.
Fester Gruppenraum statt offenes Konzept
Im katholischen Kindergarten St. Franziskus wird sich ab dem 8. Juni einiges ändern. Die Kita verfolgt sonst ein offenes Konzept, alle 44 Kinder basteln, toben und essen gemeinsam. Nun müssen die Kinder in festen Gruppen betreut werden. „Das gesamte Kindergartenleben eines Kindes wird sich in einem Raum abspielen“, sagt Leiter Sebastian Evrard. Der Schlafraum und die Turnhalle werden daher derzeit zu Gruppenräumen umfunktioniert, die vier Toiletten mit farbigen Aufklebern versehen – für jede Gruppe eine. Evrard: „Wir versuchen, so wenig Berührungspunkte wie möglich zu schaffen.“ Das tun auch die anderen Kitas.
Im Kindergarten „Vogelnest“ in Heven achten derzeit die Erzieher unter anderem darauf, dass möglichst nur zwei Kinder miteinander spielen. Bislang funktioniere das gut. Auch im Außenbereich würden sich die Kinder daran halten, nur in dem Bereich zu spielen, in dem sie sich aufhalten sollen. „Wie das dann klappt, wenn alle wieder da sind … das wird interessant“, sagt Leiterin Eva Gohrke-Hansen. Die generelle Öffnung sieht die 57-Jährige daher auch kritisch. „Wir gleiten in eine Phase, die nicht mehr steuerbar ist.“
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