Witten. Die Wartezimmer sind viel leerer als sonst. Das hat verschiedene Gründe, sagt ein Wittener Mediziner. Müssen Praxen deshalb sogar schließen?

Wer am Dienstag (14.4.) nach dem Osterwochenende seinen Hausarzt per Telefon erreichen wollte, der hing vermutlich eine ganze Weile in der Warteschleife. Doch in den Praxen selbst seien die Wartezimmer deutlich leerer als sonst, sagt Dr. Arne Meinshausen von der Ärztlichen Qualitätsgemeinschaft (ÄQW). Trotzdem habe in Witten noch keine Praxis schließen müssen.

"Die Schwelle, zum Arzt zu gehen, ist derzeit sehr hoch", sagt der Allgemeinmediziner, der im Herbeder Rathaus der Medizin praktiziert. In Bochum hätten bereits neun Praxen geschlossen, so Meinshausen. In Witten habe man das System früh genug auf den minimalen Standard zurückgefahren, so dass nur noch in akuten Fällen ein Arztbesuch notwendig sei.

Wittener Patienten können Rezepte telefonisch bestellen

Wer etwa ein Rezept für seine Blutdruck- oder Schilddrüsentabletten brauche, der könne dies telefonisch bestellen und bekomme es zugeschickt - auch wenn er in diesem Quartal noch nicht in der Praxis war. Meinshausen: "Die Krankenkassen verzichten bis zum 30. Juni darauf, dass die Gesundheitskarte im Gerät, das beim Arzt steht, eingelesen werden muss."

Auch hätten er und seine Kollegen - die ÄQW hat 106 Mitglieder - die Möglichkeit, Patienten telefonisch für eine Woche krankzuschreiben. Zudem würden viele Vorsorge- und einfache Kontrolluntersuchungen auf einen späteren Termin verschoben. Damit nehme man allerdings in Kauf, dass manche Krankheit zu spät entdeckt werde.

Wittener Mediziner: Keiner muss Angst vor dem Arztbesuch haben

Dass sich viele Menschen schlichtweg nicht zum Arzt trauen und ihre Beschwerden auszuhalten oder mit Behelfsmitteln zu kurieren versuchen, sei verständlich, "aber nicht immer gut", sagt der Herbeder Mediziner und erinnert an die vermeintlich rückläufige Zahl von Schlaganfall- oder Herzinfarktpatienten. Wenn sich ein Arztbesuch also nicht umgehen lässt: Keiner müsse Angst haben, in der Praxis auf offensichtlich Corona-Infizierte zu treffen.

"Wer Husten oder Fieber hat, wird sofort ins Corona-Behandlungszentrum im Ev. Krankenhaus geschickt, dort untersucht und abgestrichen", erklärt Arne Meinshausen. Das funktioniere gut. Die Infiziertenrate habe sich seit etwa einer Woche bei über 40 gehalten. Dies zeige, "dass wir so ziemlich alles richtig gemacht haben", so der Mediziner.

Nicht zuletzt konnte der Schutz in den Praxen erhöht werden. "Alle Mitarbeiter tragen Masken. Die Zeit der absoluten Knappheit an Schutzkleidung ist aufgehoben." Im Wartezimmer würde der nötige Abstand gewahrt. Dort säßen jetzt vor allem Patienten mit akuten Schmerzen oder Allergiker. Auch ein paar mit Magen-Darm-Infekt seien dabei. "Aber durch die Kontaktarmut gibt es insgesamt weniger Infekte."