Witten. Auch bei Beerdigungen gelten in Zeiten von Corona etliche Beschränkungen. Wittener Pfarrer und Bestatter erzählen - und loben die Trauernden.

Ein kleiner Satz unter nahezu allen Todesanzeigen signalisiert, dass Beerdigungen in Zeiten von Corona anders ausfallen als gewohnt: "Die Beisetzung fand im engsten Familienkreis statt", steht da - und das ist sehr wörtlich zu nehmen. "Höchstens fünf bis zehn Personen dürfen teilnehmen", sagt Daniel Stein vom Wittener Bestattungshaus König. Doch damit hören die Beschränkungen längst nicht auf.

"Bei einem Sterbefall ist die ganze Situation für Angehörige jetzt katastrophal." So jedenfalls empfindet es der 34-jährige Stein. Es beginne damit , dass die sehr intensive persönliche Beratung, "für die wir sonst stehen", nicht mehr in gewohntem Maße möglich sei.

Wittener Bestatter reduzieren Publikumsverkehr massiv

"Wir haben uns entschieden, so wenig wie möglich Publikumsverkehr zu haben", sagt der junge Bestatter. Videokonferenzen ersetzen deshalb das Gespräch mit den Hinterbliebenen. Trauerbriefe würden nun auch seltener verschickt. "Viele sagen ihren Freunden und Bekannten oder Nachbarn lieber persönlich Bescheid."

Die Trauerfeier selbst - sie könnte zum Trauerspiel geraten, wenn das Wetter nicht so ausgesprochen schön wäre. "Das ist ein Lichtblick", sagt Stein. Denn alle Trauerhallen auf den Friedhöfen sind gesperrt. Sarg oder Urne werden vor der Halle oder direkt am Grab aufgestellt. Dort können die Angehörigen dann Abschied nehmen, auf Wunsch darf auch ein Pfarrer dabei sein. Stein: "Wir bemühen uns, alles so normal wie möglich zu gestalten."

Wittener Bestatterin: Trauerfeier im kleinen Kreis viel familiärer

Blumenschmuck? "Wenn wir genug Vorlauf haben, ist das kein Problem", so der Bestatter. Bei einigen Gärtnereien könne man weiterhin bestellen. Das bestätigt Kollegin Birgit Brotkorb. Auch Musik sei möglich, ein Bild könne aufgestellt werden. "Das ist alles nicht so traurig, wie es sich vielleicht anhört", sagt die 57-Jährige.

Die Trauerfeiern seien zwar völlig anders als sonst, aber durchaus nett: "Viel familiärer und intimer." Sie habe schon im kleinen Kreis der Trauernden gestanden und plötzlich sei man - statt eine Rede anzuhören - ins persönliche Gespräch über den Verstorbenen gekommen. Natürlich: Das klassische Kaffeetrinken auswärts falle ebenfalls flach.

Angehörige planen alternative Feiern für die Zeit nach Corona

Doch die Angehörigen würden durchaus Alternativen planen für die Zeit nach Corona. Das könne etwa ein gemeinsamer Spaziergang zum Grab sein, an dem sich alle beteiligen, die nicht zur Beerdigung kommen durften, so Daniel Stein. "Oder sie holen die große Feier am ersten Todestag oder am Geburtstag des Verstorbenen nach", ergänzt Birgit Brotkorb. Einig sind sich beide Bestatter: "Die Angehörigen zeigen trotz der erschwerten Situation viel Verständnis."

Auch die Pfarrer Friedrich Barkey und Dirk Ochtrup loben die Disziplin der Trauernden in diesen doppelt schweren Zeiten. Barkey, Leiter des Pastoralen Raums Witten, machen die "totalen Einschränkungen" jedoch sehr zu schaffen. Auch für eine Gemeinde sei es schwierig, sich nicht gebührend von jemandem verabschieden zu können, der sich dort sehr engagiert hat.

Außerdem fehlen ihm selbst die persönlichen Seelsorgegespräche: "Ich bin gerne nah bei den Menschen. Am Telefon ist das echt ungewohnt", sagt Barkey (56). Dessen ungeachtet sei er überrascht, wie viel Zeit er nun am Hörer verbringe.

Wittener Pfarrer betreiben Seelsorge in stundenlangen Telefonaten

Kollege Dirk Ochtrup, Pfarrer in den Ev. Kirchengemeinden Bommern und Wengern, sieht das ähnlich. Über eine Stunde lang habe er neulich noch mit Angehörigen telefoniert. Und obwohl der optische Eindruck fehle, seien die Gespräche nicht weniger intensiv. Im Gegenteil.

Er spüre, dass der Austausch fast noch wichtiger sei als zuvor, sagt Pfarrer Barkey: "Es geht nicht mehr hauptsächlich darum, Texte und Gestaltungselemente für die Trauerfeier auszusuchen. Es geht um die Trauer selbst."

Info:

Von den aktuell notwendigen Kontakteinschränkungen ist auch der Ambulante Hospizdienst Witten-Hattingen betroffen. Persönliche Besuche und Begleitungen von Schwerstkranken oder Sterbenden zuhause und in Einrichtungen sind gar nicht oder nur in besonderen Ausnahmesituationen möglich.

Die Mitarbeiter bedauern dies sehr. Sie nutzen nun hauptsächlich das Telefon, um weiterhin hospizlich begleiten und unterstützen zu können. Das Angebot richtet sich an Betroffene, Angehörige und Zugehörige, aber auch an Mitarbeiter stationärer Einrichtungen.

Erreichbar ist der Ambulante Hospizdienst unter Tel. 0174 97 26 26 5.