Witten. Ärzte, Pflegekräfte und ältere Menschen leiden unter dem Mangel an Atemschutzmasken. Daher nähen viele Wittener die Masken einfach selbst.

Als Jessica Berg davon hörte, dass in Zeiten von Corona die Atemschutzmasken knapp werden, wollte die Wittenerin sofort helfen. Eine Nähmaschine und ein paar Stoffreste – mehr braucht die 31-jährige Hobbynäherin nicht, um eine Schutzmaske herzustellen. Auch viele andere Wittener haben ihre Nähmaschinen aus dem Keller geholt und nähen für sich selbst, ihre Familien oder Arbeitskollegen Mundschutzmasken.

Jessica Berg bietet ihre selbstgenähten Masken bei Facebook an. Mehr als 100 Stück hat sie bereits produziert und verkauft. Die meisten würden zwischen zwei und zehn Masken bestellen. "Ich habe aber auch einen Auftrag von einem Dentallabor in Dortmund. Die wollen 30 Masken haben", sagt die 31-Jährige.

Insgesamt stehen noch acht Aufträge auf der Liste der Wittenerin. "Heute ist wieder Akkordarbeit angesagt." Zwischendurch kommen die Kunden und holen sich ihre Masken ab. "Die ersten kommen um 10 Uhr, die zweiten 15 Minuten später", sagt Jessica Berg. Sie vergibt Termine, damit sich nicht zu viele Menschen gleichzeitig an ihrer Haustür treffen.

Aussuchen könne man sich Farbe und Muster derzeit aber nicht. "Ich nehme die Stoffe, die ich noch zu Hause habe oder die besonders günstig sind." Außerdem hat sie schon einige Stoffspenden erhalten, etwa alte Tischdecken oder Baumwolltücher. Viel Geld verdient die 31-Jährige durch den Verkauf der Masken allerdings nicht. Der Preis von zwei Euro pro Gesichtsmaske deckt lediglich die Materialkosten.

Krankenschwester aus Witten näht Schutzmasken für sich und ihr Team

Ärzte und Pflegekräfte sind nicht nur in Corona-Zeiten auf Mundschutzmasken angewiesen. Daher stellt die Altenpflegerin Charline Liebchen für sich und ihr Caritas-Team einen eigenen vollwaschbaren Mundschutz her.

Bereits 50 Masken hat die Altenpflegerin in den letzten Tagen genäht. Insgesamt werden 250 Schutzmasken benötigt. "Wenn der Stoff zugeschnitten ist, brauche ich für eine Maske nur zehn Minuten", sagt sie. Die Mundschutzmasken sind zweilagig, von außen besteht die Maske aus Baumwolle, die Innenseite ist aus Molton. Den Stoff zurecht schneiden, die Seiten vernähen und noch die Gummischlaufen für die Ohren dran – schon ist eine Maske fertig. "Das ist keine große Kunst."

Wittener verkauft modische Gesichtsmasken aus Hemdenstoff

Egal ob kariert, einfarbig oder mit Blümchenmuster. Wer gerne eine modische Gesichtsmaske tragen möchte, ist bei Luis Kirsch genau richtig. Der 25-Jährige Medizinstudent verkauft als selbstständiger Vertriebspartner des Mode-Startup Benefi normalerweise maßgeschneiderte Hemden und Blusen. Um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, stellt das Unternehmen nun Gesichtsmasken aus Baumwolle her.

Bei den Masken handelt es sich um keine medizinischen Mundschutz. "In den richtigen Atemschutzmasken, die beispielsweise das Pflegepersonal auf entsprechenden Stationen im Krankenhaus trägt, ist ein Aktivkohlefilter eingebaut", so Luis Kirsch. Auch in den Baumwoll-Masken ist eine kleine Tasche eingenäht, in die man zusätzlich einen solchen Filter hineinlegen könnte. Diese Filter seien derzeit jedoch auf dem Weltmarkt schwer zu beziehen.

Rund 1000 Masken zu einem Preis von 12,90 Euro pro Stück hat Luis Kirsch bereits verkauft. Aufgrund der hohen Nachfrage will der Modeberater in den nächsten Tagen einen Onlineshop einrichten. Bis dahin können die Masken per E-Mail an gesichtsmaske@gmx.de bestellt werden. Befeni spendet alle Gewinne aus dem Verkauf der Masken an die Stiftung "Universitätsmedizin Essen" zur Forschung gegen das Coronavirus.

78-jährige Wittenerin will sich und ihre Familie mit selbstgenähten Masken schützen

Regine Wolf hat ebenfalls eine Nähmaschine zu Hause. Jeden Tag verbringt die 78-Jährige bis zu zwei Stunden an ihrem Schreibtisch und näht aus alten Gardinen oder T-Shirts Schutzmasken für sich und ihre Familie.

Für die Ohrschlaufen hat die Wittenerin Nahtband bestellt. Doch das lässt auf sich warten. Daher musste eine andere Lösung her: "Ich habe einen Nylonstrumpf zerschnitten", sagt sie. "Das funktioniert super." Auch die Kiste mit dem Weihnachtsschmuck hat die Rentnerin wieder aus dem Keller geholt. "Ich habe den Draht vom Weihnachtsschmuck in die Maske eingenäht". So könne man die Maske besser an die Nase anpassen. "Als Hausfrau wird man eben erfinderisch."

Mehr Nachrichten aus Witten lesen Sie hier.

Info:

Bei den selbstgenähten Masken handelt es sich um keinen medizinischen Mundschutz. Die Mundschutzmasken aus Baumwolle helfen lediglich der Gefahr einer Tröpfcheninfektion vorzubeugen. Durch das Tragen einer solchen Maske kann man andere Menschen – zumindest einigermaßen – vor den Viren schützen, die man möglicherweise beim Sprechen, Husten oder Niesen ausstößt.

Der Präsident der Bundesärztekammer, Dr. Klaus Reinhardt, rät trotzdem, Schutzmasken zu tragen und die im Notfall auch selbst zu basteln. Die Masken könnten zwar nicht garantieren, dass man sich nicht ansteckt, sie seien aber immerhin besser als nichts.

Laut Robert Koch Institut könne das Tragen einer Maske in Situationen, in denen dies nicht empfohlen ist, jedoch ein falsches Sicherheitsgefühl erzeugen. Hygienemaßnahmen wie regelmäßiges Händewaschen oder das Niesen in die Armbeuge sollten nicht vernachlässigt werden.