Witten. Heiko S. könnte sich mit Corona angesteckt haben. Er ärgert sich über den EN-Kreis, weil er zu lange auf seinen Test habe warten müssen.

Bei elf Menschen aus Witten besteht mittlerweile der Verdacht auf eine Infektion mit dem Coronavirus. Einer von ihnen ist Heiko S. (Name von der Redaktion geändert). Er kritisiert das Verhalten des EN-Kreises als zuständige Gesundheitsbehörde. Es werde viel zu langsam gehandelt.

Am vergangenen Sonntag (8.3.) kehrte der 46-Jährige aus seinem Urlaub im österreichischen Ischgl zurück. Gemeinsam mit zwei Freunden war er dort einige Tage zum Skifahren gewesen. Am Dienstag (10.3.) dann die erschreckende Nachricht: Einer seiner beiden Mitfahrer ist positiv auf das Coronavirus getestet worden.

Wittener wendet sich schließlich an seinen Hausarzt

Heiko S. wählte daraufhin die Corona-Hotline des EN-Kreises. „Doch da ging alles durcheinander. Dreimal hab ich angerufen, dreimal habe ich etwas anderes zu hören bekommen“, sagt er. Schließlich wendet sich der Unternehmer an seinen Hausarzt, der die Anfrage an das Gesundheitsamt weiterleitet.

Seit Dienstagabend spürt auch Heiko S. grippeähnliche Symptome, wacht nachts schweißgebadet auf. So wird im Gespräch mit dem Gesundheitsamt am Mittwoch schnell klar: Es handelt sich um einen begründeten Verdachtsfall. Am Donnerstagnachmittag (12.3.) bekommt Heiko S. schließlich den längst erwarteten Besuch vom Team des Kreises, das die Proben von Verdachtsfällen einsammelt. „Das ist alles viel zu langsam“, klagt er.

Heiko S. aus Witten fürchtet, seinen Vater (84) angesteckt zu haben

Seine größte Sorge ist es, seinen 84-jährigen Vater angesteckt zu haben. Ihn hatte Heiko S. nach seinem Kurztrip nach Österreich zweimal besucht. Der 46-Jährige hatte auch Kontakt zu anderen Familienmitgliedern und Angestellten. Sie alle warten nun auf das Testergebnis. „Es ist zermürbend, so lange im Ungewissen gehalten zu werden“, sagt die Schwester von Heiko S.. „Außerdem ist es so schwer, die Ausbreitung des Virus einzudämmen“, findet sie. Schließlich könnten die Kontaktpersonen ihres Bruders den Virus weitertragen, während der auf sein Ergebnis wartet.

Bürgertelefon steht nicht mehr still

Seit Dienstag setzt der Kreis auf die mobile Diagnostik. In den ersten beiden Tagen wurden jeweils 13 Proben eingesammelt, am Donnerstag standen schon 23 Namen auf der Liste.

Das Bürgertelefon ist weiterhin unter der Nummer 02333/4031449 zu erreichen, täglich von 8 bis 18 Uhr. Seit der Kreis die Entnahme der Proben bei Corona-Verdachtsfällen übernommen hat, rufen deutlich mehr Menschen dort an: Waren es am Montag noch 85 Bürger an, klingelte es am Mittwoch genau 229 Mal.

Auch die Besetzung des Bürgertelefons wurde bereits mehrfach erhöht. Momentan sind dort sieben Mitarbeiter im Einsatz. Dennoch lassen sich Wartezeiten nicht immer vermeiden, bittet der Kreis um Verständnis.

Was Heiko S. neben der nagenden Ungewissheit besonders ärgert: Auch sein zweiter Freund, der mit im Skiurlaub war, ist mittlerweile positiv getestet worden. Dieser habe direkt Mittwochmorgen in seinem Wohnort Krefeld Proben abgegeben, die Ergebnisse hätten noch am selben Tag vorgelegen. „Und ich warte wahrscheinlich das ganze Wochenende auf meinen Befund.“

Ohne Familie wäre der Wittener in Hausquarantäne aufgeschmissen

Versorgt wird der alleinstehende Mann derzeit von seiner Schwester. Sie stellt ihm Essen und Trinken vor die Haustür. „Wenn ich keine Familie hier hätte, wüsste ich nicht, wie ich das machen soll“, sagt S. „Man wird ja vollkommen allein gelassen.“ Er würde sich auch wünschen, im Fall der Fälle bald Besuch von einem Arzt zu bekommen, der ihn einmal durchchecken könnte. Aktuell wird bereits an einem solchen hausärztlichen Besuchsdienst für den Kreis gearbeitet.

Dass Betroffenen einen Werktag auf ihren Abstrich warten müssen, sei aber ganz normal, sagt der Kreis. Der Krisenstab plane immer mit einem Tag Vorlauf die Route für die Hausbesuche. Wegen der rasch angestiegenen Zahl an Verdachtsfällen hat das EN-Gesundheitsamt am Donnerstag (12.3.) einen zweiten umgebauten Notarztwagen für die mobile Diagnostik losgeschickt. „Es war zu erwarten, dass die Zahl der begründeten Verdachtsfälle steigt“, sagt Michael Schäfer, Leiter des Krisenstabs beim EN-Kreis. Deshalb habe man direkt zwei umgebaute Fahrzeuge für die mobile Diagnostik bereitgestellt. „Jetzt ist es soweit, dass wir das zweite Auto brauchen.“ Heiko S. wartet jetzt gespannt auf sein Testergebnis.

Mehr Nachrichten aus Witten finden Sie hier.