Witten. Es waren dramatische Minuten, die Edmund Surwehme und Heinz Kaminski nie vergessen werden. Zu zweit versuchten sie, einen Ertrinkenden zu retten.
Morgens um halb neun hat sich ein Drama auf der Ruhr abgespielt, ganz nah am Kemnader Stausee in Witten-Herbede. Ein 65-jähriger Mann war am Donnerstag (5.3.) – wie auch immer – in den reißenden Strom geraten – und gleich zwei Männer versuchten ihn zu retten.
Dass die Ruhr gefährlich ist, davor warnt die DLRG regelmäßig an den heißen Tagen im Sommer. Dass der Fluss wie jetzt bei Hochwasser mit seiner starken Strömung für Schwimmer geradezu unbeherrschbar werden kann, das lässt sich schon vom Ufer aus leicht erahnen. Obwohl sie um die Gefahr wussten, sind zwei Wittener an diesem Morgen hineingesprungen – um Leben zu retten.
Der eine ist ein erfahrener Triathlet, der andere Rettungsassistent – keine Draufgänger, keine Typen, die die Gefahr suchen. Doch als Edmund Surwehme (57) mit seinem Auto über die Herbeder Ruhrbrücke fährt und plötzlich einen Menschen mitten im Fluss treiben sieht, da weiß er: Hier musst du helfen. „Ich habe ihm erst etwas zugerufen. Der Mann hat ein bisschen mit den Armen gerudert, aber nicht geantwortet“, sagt Surwehme, der seit 15 Jahren aktiv beim PV Triathlon mitmischt. Er kennt die Ruhr, er hat dort schon trainiert, „ein normaler Mensch hätte da niemals reingedurft“, sagt der Hevener.
In rasendem Tempo am Ufer hinterhergelaufen
Er läuft die Treppe an der Ruhrbrücke hinunter und rennt der schnell abtreibenden Person „wie irre hinterher“. Als er sie zwischen Ruhr- und Autobahnbrücke erreicht, zieht sich der Gartenlandschaftsbaumeister bis auf Unterhose und T-Shirt aus und springt in den fünf Grad kalten Fluss. „Ich hatte den Eindruck, der Mann war schon ohnmächtig“, schildert Surwehme den Moment, als er den Ertrinkenden zu fassen bekommt. Dieser sei auch schon ganz unter Wasser gewesen. Der 57-Jährige versucht, ihn in Richtung Ufer zu bringen. Die hilflose Person sei sehr schwer gewesen.
Auf der Ruhrbrücke ist es mittlerweile zu einem Rückstau gekommen, weil Surwehme mitten auf der Fahrbahn gehalten hat. Das bemerkt auch eine Krankenwagenbesatzung des DRK, die zufällig vorbeikommt. „Wir sind dann runter zur Ruhr gefahren, wo jemand oberhalb der Brücke schwamm. Er rief: „Hier ist noch jemand. Ich kann nicht mehr“, schildert Rettungsassistent Heiko Kaminski die dramatischen Sekunden. „Da habe ich mich entschlossen, ihn beziehungsweise beide zu retten.“
Wittener Rettungsassistent: „Der Mann hatte noch Schnappatmung, als wir ihn rausholten“
Der 42-Jährige zieht sich die Schuhe und Jacke aus und springt ebenfalls in den Fluss. Gemeinsam gelingt es ihm mit Edmund Surwehme, den Ertrinkenden kurz hinter der Autobahnbrücke aus dem Wasser zu ziehen. Ein Ast am Ufer kommt ihnen dabei zu Hilfe, ebenso wie eine junge Frau, die vom Ufer aus alles verfolgt und die Kleider von Edmund Surwehme über die gesamte Strecke getragen hat.
„Der Mann hatte noch Schnappatmung, als wir ihn rausholten“, sagt Heiko Kaminski. Während ihn die junge Frau beatmet, übernimmt der Rettungsassistent die Herzdruckmassage. Dann kommen auch die anderen Helfer, drei Notärzte, die Feuerwehr, der Rettungshubschrauber Christoph 8. Doch der 65-Jährige, für den die beiden jüngeren Männer ihr Leben riskiert haben, stirbt trotz der Wiederbelebungsversuche später im Krankenhaus.
Die Kälte des Wassers anfangs gar nicht gespürt
„Ich bin froh, dass wir noch lebend rausgekommen sind“, sagt Heinz Kaminski, der fünffache Familienvater, am Nachmittag. Die Kälte des Wassers habe er anfangs gar nicht gespürt. Edmund Surwehme trocknet sich nach dem Rettungsmanöver mit einem Handtuch ab, das ihm ein vorbeikommender Passant reicht. Der ist gerade auf dem Weg ins Freizeitbad Heveney.
Die Polizei bestätigt den Tod des 65-jährigen Mannes. Warum er ins Wasser geraten ist? Unklar. Es gibt aber keinerlei Hinweise auf Fremdverschulden.
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