Witten. Vor Weihnachten wachten sie mit einem großen Loch auf, jetzt können die Bewohner in Witten-Bommern aufatmen. Fast alle Hohlräume sind verfüllt.

Große Erleichterung bei den Anwohnern in der Bockampstraße in Bommern. Die Beseitigung von Bergschäden auf ihren Grundstücken kann in dieser Woche noch beendet werden. Monatelang wurden Löcher in der Erde verfüllt. Dass weder Häuser noch Menschen Schaden genommen haben, ist nicht selbstverständlich. Denn kurz vor Weihnachten hatte sich mitten in der Siedlung plötzlich ein großes Loch aufgetan.

Noch in der gleichen Nacht musste eine Familie ihr Haus Hals über Kopf verlassen. „Wir lagen schon im Bett, als es plötzlich einen lauten Knall gab“, erinnert sich Stefan Schneidereit an die Nacht auf Freitag, 13. Dezember. Als der junge Familienvater aus dem Fenster sah, stockte ihm der Atem.

Ein zwei mal drei Meter großes Loch klaffte im Boden

Direkt neben dem Haus, nur etwa einen halben Meter entfernt, klaffte ein zwei mal drei Meter großes Loch im Boden. Schneidereit verständigte die Feuerwehr und die Firma Keller, die schon seit Oktober mit Verfüllungsarbeiten in der Straße zugange war. Schnell stand fest: Die Situation ist zu gefährlich – die Familie muss raus aus dem Haus. Noch um Mitternacht brachten sich die Schneidereits mit ihren beiden Kindern (drei und sechs Jahre) bei den Eltern in Sicherheit.

Weithin sichtbar: Der Beton-Silo in der Bockampstraße in Witten. Ende der Woche wird er verschwinden.
Weithin sichtbar: Der Beton-Silo in der Bockampstraße in Witten. Ende der Woche wird er verschwinden. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Am nächsten Morgen wurde das ganze Ausmaß des Schadens sichtbar. 15 Meter tief klaffte das Loch in den Boden. „Wir nehmen an, dass es sich um das plötzliche Versagen eines alten Schachtes gehandelt hat“, sagt Gutachter Tim Ritter von der Firma Grundbaulabor Bochum, der die Arbeiten an der Bockampstraße überwacht hat.

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Ursache für Tagesbruch lässt sich nicht mehr feststellen

Ob es einen Zusammenhang zwischen dem Tagesbruch und den Verfüllungsarbeiten gegeben hat, die schon seit Oktober liefen, lässt sich nicht sagen. „Man kann es aber auch nicht ausschließen“, so Peter Hogrebe, Dezernatsleiter Altbergbau bei der Bezirksregierung Arnsberg.

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Sicher ist: Im „atemberaubendem Tempo“, so Anwohner Stefan Schneidereit, sei das Loch bereits am nächsten Tag verfüllt worden. 200 Kubikmeter Beton wurden am Wochenende in den Boden gepumpt. „Erst in die Tiefe, aber dann sind wir auch in die Breite gegangen“, betont Ritter. Ein Bergbauschacht steht schließlich nie für sich allein. Nach drei Tagen war klar: Das Loch ist verfüllt, das Gebäude gesichert – und die Schneidereits können Weihnachten doch zu Hause feiern. „Uns fiel ein Stein vom Herzen.“

Ein so großes Loch nahe an einem Gebäude ist nicht alltäglich

Das ging den Bergbau-Experten nicht anders. Ein großes Loch nahe an einem Gebäude, das sei „wirklich nicht alltäglich“, so Gutachter Tim Ritter. Die Evakuierung sei daher zwingend gewesen, sagt auch Norbert Vierhaus von der Bezirksregierung. „Wir wussten nicht, wie das Gelände unter dem Haus aussieht. Der Schutz der Bewohner hatte daher oberste Priorität.“

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Die beiden Fachleute sind „sehr froh, dass es keinen Schaden gegeben hat, weder an Menschen noch am Haus. Ritter lobt: „Das ist hier bilderbuchmäßig gelaufen.“ Es habe jederzeit guten Kontakt zwischen allen Beteiligten gegeben, auch zu den Anwohnern – was die nickend bestätigen.

Nach der Verfüllung des Tagesbruchs konnten dann die geplanten Arbeiten fortgesetzt werden. Drei weitere Schächte und zwei Flöze sollten untersucht und verfüllt werden. Dass es Flöze dort an der Bockampstraße gab, war anhand alter Karten sicher. Nicht klar war hingegen, wie hoch – also nah an die Oberfläche – sie reichten und wieviel nichtdokumentierten Abbau es in der Gegend gab. „In Notzeiten haben die Menschen ja oft widerrechtlich Kohle abgebaut“, erklärt Vierhaus. Das sei aber in keiner Karte verzeichnet.

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Wenn die Arbeiten jetzt Ende der Woche abgeschlossen werden und der große Betonsilo verschwindet, sind auf rund 2000 Metern Strecke insgesamt 4000 Kubikmeter Material – ein zementähnlicher Dämmer – in den Boden eingebracht worden. Der Bergbau hat das Ruhrgebiet durchlöchert. Doch zumindest die Anwohner an der Bockampstraße müssen davor nun keine Angst mehr haben.