Witten. In den Wartezimmern der Arztpraxen sitzen derzeit viele Patienten mit leichten Virusinfekten. Eine Grippewelle ist nicht in Sicht – noch nicht.
Husten, Schnupfen, Heiserkeit: Die winterliche Erkältungswelle hat Witten gerade fest im Griff. „Es gibt furchtbar viele Infekte“, sagt Ärztesprecher Dr. Frank Koch. „Die Wartezimmer sind relativ voll“, bestätigt Kollege Dr. Arne Meinshausen. Die gute Nachricht der beiden Ärzte: Eine Grippewelle ist noch nicht in Sicht.
Es könne auch sein, hofft Meinshausen, „dass wir in dieser Saison davon verschont bleiben und nur Einzelfälle auftreten“. Die Ursache dafür sieht er in dem Vierfach-Impfstoff, der im vergangenen Winter noch nicht in größeren Mengen vorrätig war. Deshalb war in der Regel nur ein Dreifach-Impfstoff verabreicht worden. Auch Amtsärztin Dr. Sabine Klinke-Rehbein geht davon aus, dass der erweiterte Impfstoff Wirkung zeigt.
Mediziner: Es ist noch nicht zu spät für die Wittener, sich gegen Grippe impfen zu lassen
Auch sei es noch nicht zu spät, sich impfen zu lassen – auch wenn die ideale Zeit dafür im Oktober und November liege. Im Dezember hatte der Fachbereich Soziales und Gesundheit der Kreisverwaltung deshalb noch einmal kräftig die Werbetrommel gerührt und Flyer in Alten- und Pflegeheimen verteilt. Der Appell, sich impfen zu lassen, richtete sich vor allem an die Bewohner. Doch auch beim Personal bestehe erhöhte Gefahr, sich und andere anzustecken.
Über eine „sehr gute Impfrate“ freut sich Meinshausen, der im Rathaus der Medizin in Herbede praktiziert. Vor allem Menschen über 60 Jahre sowie Diabetiker und Asthmatiker hätten diese Möglichkeit, sich vor Grippe zu schützen, genutzt. Nicht unbedingt impfen lassen sollten sich dagegen normal gesunde Menschen unter 60. „Für sie gibt es diesbezüglich keine Empfehlung in Deutschland.“ Es sei denn, sie arbeiten in Kitas oder Seniorenzentren oder haben anderweitig regelmäßig Kontakt zu sehr vielen Menschen.
Wittener Mediziner empfiehlt bei leichten Beschwerden gerne Hausmittel
Junge Menschen zwischen zwei und 17 Jahren würden übrigens bei Bedarf mit Nasenspray, das Lebendimpfstoff enthalte, geimpft, so Amtsärztin Sabine Klinke-Rehbein. Die Spritzen für Erwachsene enthalten Totimpfstoffe mit Erregern, die sich nicht vermehren, die Krankheit also nicht ausbrechen lassen können.
Acht Grippe-Fälle im EN-Kreis
Während laut Apotheken-Sprecherin Dorothe Werner im Dezember vor allem Brechdurchfall in Witten grassierte, sind es zum Jahresbeginn die leichten Virusinfekte. Doch es gibt auch die ersten Grippefälle im Ennepe-Ruhr-Kreis.
Im Dezember wurden bereits fünf, im Januar bislang drei Influenza-Fälle gemeldet, so Amtsärztin Sabine Rehbein-Klinke. Zum Vergleich: Im Januar 2019 gab es 54 gemeldete Fälle im EN-Kreis, im Januar 2018 waren es 61. „2017/18 war diesbezüglich eine schwere Saison.“ Die Amtsärztin hofft, dass die Zahlen dank des Vierfach-Impfstoffs weiter sinken.
Sie verweist auch noch einmal darauf, dass eine Grippe nicht immer klassische Symptome zeige. Nicht jeder fühle sich schlagartig krank, es könnten auch abgeschwächte Formen auftreten. Dann, so Klinke-Rehbein, „ist das schwierig zu diagnostizieren“. Viele Hausarztpraxen seien deshalb mit Influenza-Schnelltests ausgerüstet, um bei Unsicherheit Klarheit zu schaffen.
Noch grassieren jedoch nur einfache Virusinfekte mit leichten Beschwerden und ohne Fieber. Da empfiehlt Mediziner Arne Meinshausen auch gerne Hausmittel. Bei Halsschmerzen solle der Patient beispielsweise kräftig mit Salbei- und Kamillentee gurgeln. Wer sich körperlich schlecht fühlt, der solle sich aber auf jeden Fall schonen. Auch eine Krankschreibung sei dann manchmal durchaus die richtige Wahl. „Und Mitgefühl ist wichtig“, sagt Meinshausen augenzwinkernd mit Blick auf den allseits bekannten „Männerschnupfen“.
Wittener greifen gerne zu pflanzlichen Mitteln
Dass die Wittener bei Erkältung gerne zu pflanzlichen Mitteln greifen, kann auch Dorothe Werner bestätigen. „Nur wer im Job durchhalten muss, wählt auch mal stärkere Medikamente“, sagt die Sprecherin der Wittener Apotheker und Filialleiterin der Engel-Apotheke an der Ardeystraße. Lieferengpässe bei Arzneimitteln, wie noch von vielen Apothekern Ende 2019 beklagt, gebe es derzeit aber nicht.