Witten. Ein langer Streit zwischen Vonovia und dem Sprecher des Wittener Mietervereins ist eskaliert. Der Konzern will nichts mehr mit ihm zu tun haben.
Der Wohnungskonzern Vonovia hat die Zusammenarbeit mit dem langjährigen Sprecher des Wittener Mietervereins, Knut Unger, für beendet erklärt. Der Wittener darf auch die Konzernzentrale in Bochum nicht mehr betreten.
Unger (61) streitet sich seit langem mit dem Immobilienriesen. Dabei geht es immer wieder um Mieterhöhungen, die der Mieterverein nach Modernisierungen für überhöht hielt, oder Nebenkostenabrechnungen, die von ihm bestandet wurden. Letzteres war jetzt offenbar auch wieder in einem Interview der Fall, das Unger einem Radiosender gab.
Radio-Interview des Wittener Mietervereins-Sprechers bringt für Vonovia das Fass zum Überlaufen
Vonovia wirft ihm vor, in Zusammenhang mit solchen Nebenkostenabrechnungen erneut öffentlich von „Fälschungen“ gesprochen zu haben – obwohl die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen Vonovia eingestellt habe, das aufgrund von Vorwürfen Ungers erst ins Rollen gekommen war.
Der Wohnungskonzern nahm das Interview Ungers mit dem Freiburger Sender „radio dreyeckland“ zum Anlass, ihm nun schriftlich jede weitere Zusammenarbeit aufzukündigen. Sein Verhalten „lässt uns erheblich daran zweifeln, dass Herr Unger bei der Zusammenarbeit mit unserem Unternehmen überhaupt an einer Problemlösung interessiert ist“, heißt es in einem Schreiben an den Mieterverein. Ihm gehe es offenbar nur darum, Vonovia öffentlich als betrügerischen Vermieter abzustempeln. „Diese Sichtweise, das wissen Sie, entbehrt jeder sachlichen Grundlage.“
Vonovia weist „unhaltbare Vorwürfe“ auch im Namen der Mitarbeiter zurück
Der Immobilienriese weist die „unhaltbaren Vorwürfe“ auch im Namen seiner Mitarbeiter zurück. Im Bereich der umlegbaren Betriebskosten würden „professionelle“ Leistungen erbracht, für die man „nachvollziehbare und marktgerechte“ Preise berechne und den Mietern die nötigen Belege zur Verfügung stelle.
Vonovia wirf Unger Verleumdung vor und behält sich rechtliche Schritte vor. Er dürfe die Räume des Konzerns nicht mehr betreten. Vonovia werde künftig direkt mit den bisher von Unger vertretenen Mietern korrespondieren, solange der Verein keine neuen Ansprechpartner benannt habe. Vonovia betont ausdrücklich, die Zusammenarbeit mit dem Mieterverein „gerne in der konstruktiven Weise“ fortsetzen zu wollen. Unterschrieben haben den Brief die Geschäftsführung des Geschäftsbereichs West, Mario Stamerra, und die Regionalbereichsleitung Ruhrgebiet Süd, Michael Klöpsch.
Wittener Mietervereins-Sprecher: „Fälschungen“ nicht im juristischen Sinne gemeint
Unger selbst steht im Großen und Ganzen zu seinen Aussagen. In dem Radio-Interview geht es seiner Ansicht um „falsche Nebenkostenabrechnungen“. An der Westfalenstraße sei schon vor Jahren aufgefallen, dass der Konzern Kosten für Winterdiensteinsätze abgerechnet habe, die gar nicht stattgefunden hätten. Bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sei es auch um „abgerechnete, aber nachweislich nicht durchgeführte Arbeiten“ bei einer Modernisierung in Heven gegangen.
Dass die Behörde die Ermittlungen eingestellt habe, sei kein Beweis dafür, „dass die Abrechnung korrekt war“, so Unger. Den geäußerten Vorwurf von „Fälschungen“ habe er aber nicht im juristischen Sinne gemeint. Unger: „Der Gedanke hat sich einfach aufgedrängt, dass etwas im Argen liegt, wenn man jahrelang die falschen Belege bekommt.“
Deutscher Mieterbund: Vonovia bestimmt nicht, wer Interessen der Mieter vertritt
Rückenwind bekommt er vom deutschen Mieterbund. Es sei eines Konzerns wie Vonovia nicht würdig, dem Sprecher eines Mietervereins Hausverbot zu teilen und jeden Kontakt zu ihm abzubrechen. „Wer die Interessen der Mietervereinsmitglieder vertritt, bestimmt ausschließlich der Mieterverein und natürlich nicht Vonovia“, sagt Ulrich Ropertz, Pressesprecher des Deutschen Mieterbundes. Knut Unger ist schon seit 1986 Sprecher des Mietervereins Witten und Umgebung.
Der Verein sieht in dem jetzigen Vorgang von Vonovia einen „Vorwand“, die tatsächlich angefallen Kosten für Modernisierungen nicht offenlegen zu wollen. Unger hatte im Oktober zahlreiche Aktenordner vor Ort in der Konzernzentrale eingesehen, weil die Belege dem Verein nicht zugeschickt worden seien.
Vonovia sei jetzt erneut aufgefordert worden, die vollständigen Belege zu übersenden, so Unger. Es geht um Mieterhöhungen nach Modernisierungen in der Schulze-Delitzsch-Straße und Raiffeisenstraße in Heven. Dass Vonovia ihn als Ansprechpartner nicht mehr akzeptieren will, hält er für nebensächlich. „Ich bin hier nur Angestellter des Mietervereins, der seine Mitglieder vertritt.“