Witten. Die Wittener Weide am Kohlensiepen ist stadtbekannt. Hier lebten eine Ziege, die den Esel als Regenschutz nutzte und der Kirchgänger Moritz.
In dieser Woche war unserer historisches Rätsel echt tierisch – aber leicht zu lösen. Viele haben die Wiese am steilen Hang vor Hausnummer 20 am Kohlensiepen erkannt. Mit den Gebäuden im Hintergrund ist sie auch eigentlich unverkennbar. Und an die zwei ungewöhnlichen Freunde konnten sich ebenfalls zahlreiche Leser erinnern.
Fotograf Davide Bentivoglio weiß: „Als ich noch dienstlich unterwegs war, kam ich beinahe täglich an dieser Stelle vorbei, und jedesmal, wenn es regnete, sah ich die Ziege unter ihrem ganz speziellen Regenschutz – unter dem Pferd. Unzählige Male habe ich dann angehalten. Denn ich wollte natürlich die beiden fotografieren. Vergebens! Sie ließen mich nicht zum Zuge kommen und liefen einfach davon.“
Er gab aber nicht auf und irgendwann war es soweit. Pferd und Ziege hielten einen Moment lang still und das Bild war im Kasten. „Eine ähnliche ungewöhnliche Freundschaft begegnete mir schon Jahre zuvor, in den 70er Jahren“, erzählt der Fotograf weiter. Es war auf dem ehemaligen Bauernhof in Witten-Durchholz, den die zwei bekannten Künstler Christel und Hans Peter Lechner zum bekannten Lechnerhof umgestalteten. Rings um den Hof war ein wahres Tierparadies entstanden.
Hund Paul stibitzte dem Esel die leckeren Wirsingblätter
Dort lebten unter anderem Cäsar und Paul – ein Esel und ein Hund. Dass zwischen ihnen ein Zaun gespannt war, störte die Beziehung keineswegs. Der Zaun war grobmaschig genug, so dass Paul ohne Probleme seinen Kopf hindurch bis zur Schüssel bugsieren konnte, in der Cäsars Leckerbissen lagen. Leckerbissen für einen Esel, aber doch nicht für einen Hund! Offenbar dachte Paul da ganz anders. Denn er war ganz wild auf die Wirsingblätter, die er, wann immer es ihm möglich war, stibitzte und genüsslich wegschlabberte. Cäsar, der Esel, hatte offensichtlich nichts dagegen.
Spaziergänger in Witten besuchen noch heute die Tierweide
Zurück zum Kohlensiepen. Rainer Kracht, Brigitte Obenaus, Marc Schwabe, Gerd Gahr und viele andere haben die richtige Antwort gewusst. „Nun wohnen dort Schafe mit und ohne Hörner. Die Ziegen stehen eine Weide weiter“, weiß Leserin Christina Wildvang. „Ansonsten sieht es – einschließlich Zaun – noch ganz genauso aus, wie sich der Familienrat bei einem Spaziergang am Wochenende überzeugen konnte.“
Die Schafe an der viel befahrenen Straße beäugen neugierig die Fußgänger und auch die Esel in ihrer Nachbarschaft würden die Wanderer erfreuen. Manfred W. Schwandt stellt sein Auto gern auf dem Parkplatz ab, der am Kohlensiepen etwas weiter oberhalb auf der linken Seite liegt. Von dort kann man auf verschiedenen Wegen durch den Wald bis zum Hohenstein oder zum Hammerteich spazieren – ein Blick auf die kleine Herde Schafe, auf Ponys oder Esel gehört stets dazu.
Daniela Karl kennt die Huftiere sogar noch aus ihrer Kindheit. „Das Bild muss schon einiges her sein, schätzungsweise 17 bis 20 Jahre“, schreibt sie. „Ich habe dort damals gewohnt. Heute leben da noch andere Familienmitglieder. Zu der Zeit standen auch noch zwei Pferde und zwei Ziegen dort.“
Einer der Kohlensiepen-Esel erlangte bereits eine gewisse Berühmtheit. Ihm hat unsere Redaktion einmal eine ganze Geschichte gewidmet: Esel Moritz, der jahrzehntelang an Ostern zum „Palmsonntagsritt“ durch die Dortmunder Kirche St. Franziskus trottete – mit einem als Josef verkleideten Kind auf dem Rücken. Die Rolle des Josefs wird unter den Kommunionkindern ausgelost. „Der Esel ist immer der große Hingucker“, so Bruder Klaus Albers in dem Bericht. „Vor allem kennt er genau den Weg. Er bremst immer an der Stelle, wo er mal ausgerutscht ist.“ 2013 übernahm ein Sohn von Esel Moritz. Der düste aber schnurstracks durch den Mittelgang. Und Moritz, erinnert sich Bruder Markus Steinberger, hatte doch 2012 sogar kräftig vor den Altar geäpfelt...