Witten. „Alle Polizisten sind Bastarde“: Dieser Schriftzug soll auch aus Witten verschwinden. Junge Polizisten machen sich dafür stark.

Auch im Wittener Stadtbild sind sie präsent: An Hauswänden, Straßenschildern und Stromkästen prangen vier Buchstaben: ACAB. Die Abkürzung steht für „All cops are bastards“, zu Deutsch: Alle Polizisten sind Bastarde. Die „Junge Gruppe“ der Bochumer Polizeigewerkschaft GdP hat gegen diese verallgemeinernde Beleidigung im Sommer eine Aktion ins Leben gerufen. Bürger sind dazu aufgerufen, Standorte der ACAB-Schmierereien per Whatsapp mitzuteilen. Bis zu 40 solcher Schriftzüge seien ihnen bislang für Witten gemeldet worden, sagt Mit-Initiatorin Sarah Kramer.

In einem zweiten Schritt wollen die jungen Polizisten nun darangehen, bei den jeweiligen Eigentümern anzustoßen, die vier Buchstaben, aber auch verwandte Schriftzüge wie etwa „Fuck Cops“, zu entfernen. „Es macht mich traurig und betroffen, wenn ich so etwas sehe“, sagt die 27-Jährige.

Keine Schmiererei wie jede andere

In Bochum sind es über 200 polizeifeindliche Schmierereien

Wer den Schriftzug ACAB oder ähnliches sieht, ist dazu aufgerufen, ein Foto mit Angabe des Standorts an die Mobilnummer 0152-25418150 zu schicken. Bei der „Jungen Gruppe“ der Polizeigewerkschaft GdP seien bislang für Herne rund 50 solcher Stellen gemeldet worden. Für Bochum sind es sogar 210 bis 220.

In Herne hat es auch bereits eine Reinigungsaktion gegeben. Vertreter der Stadt, eine Reinigungsfirma und die GdP haben sich an der Künstlerzeche Unser Fritz getroffen, um polizeifeindliche Schmierereien zu entfernen. In Bochum will sich OB Eiskirch im Januar mit den jungen Polizisten treffen, um das weitere Vorgehen zu besprechen.

Mit der Aktion wollen die jungen Polizisten auch ein Umdenken anstoßen. „Dieser Schriftzug ist nicht einfach irgendeine weitere Schmiererei, er diskreditiert einen ganzen Berufsstand.“ Bei der Stadt rennen sie damit offene Türen ein. „Ich begrüße diese Initiative sehr“, sagt Bürgermeisterin Sonja Leidemann. Sie verurteile diese Verunglimpfung von staatlichen Autoritäten „aufs Schärfste“: „Wir versuchen, mit aller Macht und Kraft dagegen vorzugehen.“

Graffiti an der Jahnhalle soll entfernt werden

In leuchtendem Blau prangt dieses ACAB-Graffiti an der Wand der Jahnhalle im Crengeldanz. Stadt und Polizeigewerkschaft wollen den Schriftzug bald gemeinsam entfernen.
In leuchtendem Blau prangt dieses ACAB-Graffiti an der Wand der Jahnhalle im Crengeldanz. Stadt und Polizeigewerkschaft wollen den Schriftzug bald gemeinsam entfernen. © Kramer

Ein erstes Treffen mit den Vertretern der Polizeigewerkschaft hat bereits stattgefunden. Dabei einigte man sich darauf, gemeinsam das ACAB-Graffiti an der Jahnhalle, einer städtischen Einrichtung, zu entfernen.

Momentan prüfe man, ob dafür Mittel aus dem Fördertopf „Soziale Stadt Heven-Ost/Crengeldanz“ verwendet werden können, so Leidemann. „Denn wir wollen die Wand auch direkt mit einer graffiti-abweisenden Schicht versiegeln, sonst ist es nicht nachhaltig.“

Polizistin sieht Beleidigungen auf dem Weg zur Arbeit

Schwieriger dürfte sich die Beseitigung an Bauwerken der Bahn und von Straßen.NRW – zum Beispiel an Lärmschutzwänden und Brücken – gestalten. Gerade an Autobahnen ist das Problem sehr präsent. „Jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit sehe ich diese Worte. Das ist ein ganz blödes Gefühl“, sagt Polizistin Kramer, die von Witten nach Bochum pendelt.

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„Wir reinigen nur dann, wenn es sich um die Menschenwürde oder Persönlichkeitsrechte verletzende Äußerungen handelt und eine Entfernung verhältnismäßig ist“, teilt eine Sprecherin von Straßen.NRW mit. Der Schriftzug „ACAB“ liege in einer Grauzone, weil die Bedeutung sich nicht sofort erschließe.

Entfernung mit erheblichem Aufwand verbunden

Grundsätzlich gelte aber auch hier, dass die Entfernung von Bemalungen häufig mit einem erheblichen Aufwand und Eingriffen in den Verkehrsraum verbunden sei, so dass die Reinigung nur im Zusammenhang mit anderen Arbeiten vertretbar sei.

Junge Polizisten haben die Nase voll von ACAB-Schmierereien. Auch Innenminister Reul unterstützt die Aktion.
Junge Polizisten haben die Nase voll von ACAB-Schmierereien. Auch Innenminister Reul unterstützt die Aktion. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Die Deutsche Bahn teilt mit, dass politisch motivierte und rechtsradikale Schmierereien prioritär entfernt würden. In den vergangenen Jahren habe die Bahn einen ansteigenden Graffitibefall an Bahnanlagen festgestellt. Diese Entwicklung zeige deutlich, dass hier gesamtgesellschaftlich gehandelt werden müsse.

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Grundsätzlich seien Vandalismus und Schmierereien ein gesellschaftliches Phänomen und bei der Deutschen Bahn Schwerpunkt der Vandalismusdelikte. Der Schaden, der der DB dadurch an NRW-Bahnhöfen entstehe, habe sich im Jahr 2018 auf etwa 2,8 Millionen Euro belaufen.