Witten. Vor 20 Jahren gründete sich die WBG, die erste Kleinpartei im Wittener Rat. Nun möchte die Wählergemeinschaft an einstige Erfolge anknüpfen.

Als 14 Männer 1999 im Hotel Specht die Wählergemeinschaft WBG (Wittener Bürger Gemeinschaft) gründeten, kann man dies als Beginn einer neuen Zeit sehen: Der Aufsplitterung des Wittener Rats in kleinere Parteien. Im Rathaus debattiert heute nicht mehr Rot, Schwarz, Gelb oder Grün, sondern es mischen auch Kleinfraktionen wie Bürgerforum, Solidarität für Witten oder Witten Direkt mit. Die WBG bildet zurzeit eine Zwei-Mann-Fraktion, feierte am Sonntag (1.9.) ihr 20-jähriges Bestehen und will bei der nächsten Kommunalwahl an vergangene Erfolge anknüpfen.

Siegfried Nimsch war einst Fraktionschef der CDU, gründete 1999 die WBG. 2014 verabschiedete er sich aus dem Wittener Rat.
Siegfried Nimsch war einst Fraktionschef der CDU, gründete 1999 die WBG. 2014 verabschiedete er sich aus dem Wittener Rat. © WAZ | Thomas Nitsche

Beim Fototermin zur Jubiläumsfeier auf Schloss Steinhausen werden die Gründungsmitglieder nach vorn gebeten: Fünf Mitstreiter von einst treten vor, etwa Klaus Gorbahn, Uli Kobbeloer, Gerhard Gaidies, Hans-Peter Müller oder Oliver Rabe. Zwei Männer der ersten Stunde fehlen: Siegfried Nimsch macht gerade Urlaub, der einstige Fraktionschef Thomas Karpowicz ist seit Jahren schwer erkrankt. Michael Hasenkamp steht in der zweiten Reihe. Er war kein Gründungsmitglied, aber -grund für die Partei: Der Führungsstil des einstigen CDU-Chefs trieb einige Politiker – wie Nimsch – zur Neugründung. Nun soll gerade er, so die Ironie der Geschichte, als neues Mitglied die WBG nach vorne bringen. Während des Festakts fällt allerdings kein Wort zur Personalie Hasenkamp.

Auch interessant

Damals wie heute verspricht die WBG frischen Wind fürs Rathaus. Oliver Rabe, der die SPD nach 23 Mitgliedsjahren für die WBG verließ, erinnert in seiner Rede daran, dass „die Wittener Politik dies bitter nötig hatte“. Der Wahlkampf 1999 wurde vom Geld der wenigen Parteimitglieder bestritten. Jeder fotokopierte und klebte die Plakate selbst in seinem Wahlbezirk. Das Engagement zahlte sich aus: 7,3 Prozent, 2864 Stimmen, holte die WBG im ersten Anlauf, vier Sitze im Rat. In den nächsten Wahlen ging es sanft bergab. Die „Fehlentscheidung“, so Rabe, bei der Wahl 2014 „aus ökologischer Sicht auf Wahlplakate zu verzichten“, rächte sich: Viele Wittener verwechselten die WBG mit dem damals neuen Bürgerforum. Das Ergebnis: Zwei Sitze im Stadtrat, bis heute.

Keine Partei, sondern ein Verein

Die WBG-Gründer entschieden 1999 keine Partei, sondern einen Verein zu gründen. Gerade deswegen sieht Gerd Peters, Kreisvorsitzender der Freien Wähler, Wählergemeinschaften im Aufwind, weil sie „Demokraten aus der Mitte der Gesellschaft ohne Parteibindung“ sind. Er lobt die Wittener: „20 Jahre durchzuhalten, diese Stabilität ist nicht selbstverständlich. Ihr müsst euch nicht verstecken!“

Wählergemeinschaften im Aufwind

Sieben örtliche Wählergemeinschaften haben sich zum Kreisverband der Freien Wähler Ennepe-Ruhr zusammengeschlossen. Schon ab 1964 gab es in Breckerfeld eine Wählergemeinschaft, 1999 folgte Witten mit der WBG.

270.000 Mitglieder haben die Freien Wähler inzwischen deutschlandweit. Damit rangieren sie nach SPD (420.000) und CDU an dritter Stelle. Kreisvorsitzender Gerd Peters: „Wir sind eine ganz große Nummer in der deutschen Politik, auch wenn wir nur Kommunalpolitik machen.“

Nun, Gehör verschafft sich der aktuelle WBG-Vorsitzende Siegmut Brömmelsiek häufig, etwa in Sachen Wickmann-Fläche oder Baustress auf der Pferdebachstraße. Ein Erfolg der WBG sei, dass das Rettungsdienstlogistikzentrum nach Witten komme. Die Wählergemeinschaft mit ihren aktuell 45 Mitgliedern fordert die Aufnahme Wittens in die Umweltzone Ruhr und dass die Stadt einen Masterplan Verkehr verabschiedet, „für eine Stadt, die so viele Verkehrsprobleme hat“. Und mehr Zigarettenascher für Witten, damit giftige Zigarettenkippen nicht länger achtlos weggeworfen werden. Die Losung für die nächste Kommunalwahl: „Wir wollen versuchen, Kompetenz darzustellen.“ Fünf bis sechs Mandate möchte der Verein gewinnen. „Dann können wir in den Ausschüssen mehr Präsenz zeigen.“