Witten/Bochum/Hattingen. Über 30 Grad. Ausverkauftes Konzert. Der Schweiß rinnt beim Zeltfestival Ruhr. Das Publikum hält gut durch. Denn es gibt Chancen auf Abkühlung.

Den ganzen Tag prallt die Sonne derzeit ohne Unterlass auf die weißen Zelte. Bis zum Abend heizen sie sich ordentlich auf. Wenn dann 5000 Fans beim Konzert in Fahrt kommen, rinnt der Schweiß und der Kreislauf kann schon mal schlappmachen. Damit die Situation in heißen Sommern wie diesen auch in Zukunft erträglicher wird, haben die Macher jetzt fürs 12. Festival leistungsstarke Klimaanlagen installiert.

Veranstaltungsmeister Jens Schilling an einem der vielen Luftschläuche, die von der Klimaanlage ins Zelt führen.
Veranstaltungsmeister Jens Schilling an einem der vielen Luftschläuche, die von der Klimaanlage ins Zelt führen. © Funke Foto Services GmbH | Walter Fischer

Insgesamt 20 Maschinen stehen zur Kühlung bereit. Die Kosten dafür liegen im höheren fünfstelligen Bereich, so Heri Reipöler (56), einer der drei Veranstalter des Festivals. Allein neun der Aggregate klimatisieren das größte Zelt. Die Geräte stehen außen rundherum verteilt. Schläuche mit etwa 50 Zentimetern Durchmesser führen in den Innenraum und blasen kühle Luft hinein. Die warme Luft steigt hoch und kann durch die geöffneten Zeltkappen entweichen.

Die Zelte werden auf Hochtouren vorgekühlt

„Wenn Sie von draußen reinkommen, ist es merklich kühler“, sagt der Veranstalter. Im leeren Zelt zumindest. Denn obwohl auf Hochtouren vorgekühlt werde und die Anlagen vier Stunden durchlaufen, könne natürlich keine Wohlfühltemperatur von 20 Grad erreicht werden.

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„Extreme Außentemperaturen, tausende feiernde Fans, rockende Bands und zahlreiche Licht- und Tontechnikgeräte wirken der Kühlleistung zwar entgegen“, so Reipöler. Und natürlich möchte man bei dieser Hitze alle Fenster aufreißen. Dennoch müssten die Haupt- und Nebeneingänge geschlossen bleiben, „das wäre sonst kontraproduktiv“.

„Einige Fans sind 48 Stunden vorher angereist und haben hier campiert“

Beim Konzert von Paddy Kelly am Sonntagabend etwa, bei dem das Zelt quasi kochte – so empfanden es zumindest viele Fans –, hatten sich Besucher beim Ordner beschwert. Sie wunderten sich, dass nicht einfach Planen geöffnet wurden. Nur wem schlecht war, der durfte durch die kleinen Seiteneingänge hinaus. Eine Frau ist an jenem Abend kollabiert, konnte aber kurze Zeit später auf einer Trage weiter am Konzert teilnehmen. Vielleicht lag es auch nicht nur an der Hitze.

Beim Konzert von Michael Patrick Kelly: Im Zelt war’s voll und heiß. Da kam die Klimaanlage an ihre Grenzen.
Beim Konzert von Michael Patrick Kelly: Im Zelt war’s voll und heiß. Da kam die Klimaanlage an ihre Grenzen. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Solche Vorfälle gehörten zum Tagesgeschäft eines Konzert-Veranstalters, sagt Heri Reipöler, „und lassen uns Maßnahmen ergreifen, die diese weitestgehend verhindern“. Sie verwundern ihn aber auch nicht. „Einige Fans sind teils 48 Stunden vorher angereist und haben hier campiert“, erzählt er. Da könne es vorkommen, dass sie unter Umständen ihre eigene Widerstandskraft bei der Hitze überschätzen.

Einsatz des Sanitätsdienstes Bochum ist nur vereinzelt nötig

Der Einsatz des Sanitätsdienstes Bochum sei dennoch nur vereinzelt nötig. Beispiel Eröffnungstag, als der Auftritt von Sunrise Avenue mit 5000 Besuchern sowie jener von Samy Deluxe mit knapp 2000 Fans ausverkauft waren: Insgesamt wurden an diesem Abend fünf Besucher im Sanitätszelt behandelt, vier konnten gleich wieder entlassen werden, einer wurde per Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht. So steht es im Bericht des Dienstes. Nicht die Hitze, sondern Wespenstiche bereiteten übrigens am häufigsten Probleme.

Lob für friedliches Publikum

Je nach Veranstaltung sind beim Zeltfestival unterschiedlich viele Kräfte des Sanitätsdienstes Bochum im Einsatz. Bei großen Shows stehen etwa 30 Mitarbeiter bereit. Die Feuerwehr ist mit etwa zehn Kräften zur Brandsicherung vertreten.

Die Polizei unterstützt bei der Verkehrsregelung. In Stoßzeiten würden die Grünphasen verlängert, so Veranstalter Heribert Reipöler. Aber auch Polizisten in Zivil seien im Umfeld unterwegs, um etwa die Parkplätze zu inspizieren.

Noch nie habe es Randale oder andere negative Vorkommnisse beim Zeltfestival gegeben. Reipöler: „Wir haben zu 99 Prozent Publikum, dass sehr verständnisvoll mit den Gegebenheiten umgeht und friedlich in der Schlange wartet.“

Wem 30 Grad und mehr dennoch arg zu schaffen machen, der könnte sich beim Konzert also direkt vors Gebläse der Klimaanlagen stellen. Aber es gibt weitere Möglichkeiten, sich etwas abzukühlen. So steht bei jeder Show Wasser im Bühnengraben bereit, das den Besuchern bei Bedarf unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird. Beliebt ist auch die kostenlose Brause vor dem großen Zelt: Einfach drunterstellen und eine kleine Dusche genießen.

Besucherin Enya Hintz nimmt beim Zeltfestival Ruhr eine kostenlose Dusche.
Besucherin Enya Hintz nimmt beim Zeltfestival Ruhr eine kostenlose Dusche. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Außerdem lockern die Veranstalter bei extremen Temperaturen die Zugangsbeschränkungen: „Einen halben Liter Flüssigkeit darf jeder mit reinbringen“, sagt Heri Reipöler. Normalerweise sei das verboten. Und wenn sonst nichts hilft, könne man sich auch in der großen WC-Anlage an einem der vielen Waschbecken ein bisschen Wasser ins Gesicht spritzen.