Witten. Auf ein geteiltes Echo stoßen in Witten die Minister-Pläne für eine Verschärfung der Straßenverkehrsordnung. Aber nicht alles sei schlecht.

Dem Wittener Fahrradclub (ADFC) geht die geplante Änderung der Straßenverkehrsordnung, wie sie von Minister Andreas Scheuer geplant ist, nicht weit genug. „Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber nur ein sehr kleiner Schritt“, sagt die Vorsitzende des ADFC-Kreisverbandes Ennepe-Ruhr, Susanne Rühl.

Höhere Bußgelder etwa für Falschparker in zweiter Reihe seien richtig, aber „sie reichen bei weitem nicht aus, um das Radfahren sicherer zu machen“, sagt Rühl. Wichtig sei, dass die Radfahrer in der Infrastruktur der Straßen immer gleich mitgedacht würden – so wie es etwa in den Niederlanden gang und gäbe sei.

Auch für Witten gebe es dazu längst konkrete Vorschläge, so die EN-Vorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs. „Wir haben dazu im Radverkehrskonzept viel geschrieben, es wurde auch beschlossen – aber nun warten wir immer noch auf die Umsetzung“, klagt sie. Damit sollte noch 2019 begonnen werden. Rühl: „Aber ich habe noch nicht gehört, dass sich etwas tut.“

Entschärfung der Kreuzung am Wittener Ruhrdeich brennt auf den Nägeln

Als dringendste Maßnahme nennt die ADFC-Vertreterin die Entschärfung der Kreuzung am Ruhrdeich, über die es nach Bommern geht. Dort könne mit einfachen Mitteln wie einer Absenkung der Bordsteine und neuen Markierungen für mehr Sicherheit gesorgt werden.

Die ADFC-Vorsitzende für den EN-Kreis, Susanne Rühl aus Witten, sieht die geplanten Änderungen kritisch.
Die ADFC-Vorsitzende für den EN-Kreis, Susanne Rühl aus Witten, sieht die geplanten Änderungen kritisch. © WP | Klaus Görzel

Das für Autos geplante Überholverbot von Radfahrern in bestimmten Straßen nennt Susanne Rühl hingegen eine „sinnvolle Ergänzung“ zur Straßenverkehrsordnung. „Allerdings ist sie nur so gut, wie sie dann auch tatsächlich kontrolliert wird.“ Der ADFC habe aber den Eindruck, dass die Polizei eher darauf achte, dass Radler die Regeln einhalten, als dass sie geschützt würden.

Der „grüne Pfeil“ für Radfahrer sei eine „super Sache“

Auch der „grüne Pfeil“ für nach rechts abbiegende Radfahrer ist laut ADFC eine „super Sache“. Das sieht die Stadt anders. Sie sieht neue Gefahren auf die Radler zukommen. „Kurz hinter vielen Kreuzungen liegen Bushaltestellen, da geraten Radfahrer dann schnell in den toten Winkel der Busse“, sagt Matthias Stobbe, Leiter der Verkehrsabteilung bei der Stadt Witten.

Änderungen müssten differenziert betrachtet werden

Generell gibt es von der Stadt nicht nur Lob für die Pläne von Minister Scheuer. Prinzipiell seien höhere Bußgelder zwar positiv. Denn sie könnten zu mehr Verkehrssicherheit beitragen – auch in Witten. Dennoch müsse man die geplanten Änderungen sehr differenziert betrachten – etwa die Öffnung von Busspuren für Autos mit drei oder mehr Insassen. „Wer soll das kontrollieren? Das ist nicht leistbar“, so Stobbe. Auch die Abschaffung der Drei-Minuten-Regel – kurzes Halten auf dem Schutzstreifen – müsse überdacht werden. Für Paketdienste könne es sonst zu echten Problemen kommen. „Immer mehr Wittener bestellen etwas online – und die müssen ihren Job machen.“

Auch Polizeigewerkschaft für höhere Bußgelder

Die Bußgelder für Raser sind auch aus Sicht der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Nordrhein-Westfalen in Deutschland noch viel zu gering. „Was Bußgelder betrifft, sind wir der Discounter Europas“, sagte der GdP-Landesvorsitzende Michael Mertens vor einigen Wochen. „Auf Autobahnen in Nachbarländern sind auch deutsche Autofahrer viel disziplinierter, weil sie wissen: Jetzt kann es teuer werden.“

„Wer mit 70 Stundenkilometern durch eine geschlossene Ortschaft fährt, kommt immer noch mit 35 Euro Verwarngeld davon. Das müsste erhöht werden, denn das preist so mancher in sein Fahrverhalten ein“, kritisierte Mertens.

Durch Radarkontrollen hat allein die Stadt Witten im Jahr 2017 rund 747 500 Euro eingenommen. 574 000 Euro wurden (2015) durch Verwarnungen wegen Falschparkens kassiert.

Kritisch sieht die Stadt auch die Freigabe von Busspuren für E-Scooter. Zwar gebe es beides noch nicht so häufig in Witten. Dennoch nennt Astrid Raith, Leiterin der Abteilung für Kommunikation, die Pläne „nur eine Verlagerung des Problems“. Für Busse könnten sie aber zu einem Problem werden. Keinerlei Kritik gibt es hingegen an den höheren Bußgeldern für Autofahrer, die in eine Rettungsgasse fahren. Raith: „Darüber müssen wir gar nicht diskutieren. Das war überfällig – da sind sich alle einig.“