Witten. Durch die Rekordhitze 2018 gingen die Heupreise durch die Decke. Es gab Pferdepensionen, die schließen mussten. Wie ergeht es Wittener Haltern?

Der Ennepe-Ruhr-Kreis ist ein Pferdeland. 5700 registrierte Tiere leben hier. Der Rekordhitzesommer 2018 hatte nicht nur negative Folgen für Landwirte, sondern auch für Pferdehalter. Denn die Kosten für Heu und Stroh kletterten durch die Trockenheit rasant in die Höhe. Und es wird ja nicht unbedingt besser.

Landwirt Wilhelm Große-Oetringhaus, der 95 Pensions- und fünf eigene Pferde in seinen Ställen stehen hat, kennt Kollegen aus dem Kreis Unna, die deswegen ihre Pferdepensionen schließen mussten. Große-Oetringhaus besitzt in Stockum einen 32-Hektar-Hof. Die 320.000 m² große Fläche nutzt er ausschließlich als Grasland. Rund 20 Hektar dienen der Heu- und damit der Futterproduktion für die Pferde. „Trotzdem reicht der Ertrag nicht. Ich muss immer noch etwas hinzukaufen“, sagt der 55-Jährige. Denn jedes seiner Pferde verbrauche täglich zehn Kilo Heu – an 365 Tagen im Jahr.

Heu aus Polen war nicht von guter Qualität

Landwirt Wilhelm Große-Oetringhaus mit seiner Tochter Pia (Mi.), die seinen Hof in Stockum einmal übernehmen wird, und Ehefrau Sylvia. Große-Oetringhaus hat 95 Pensionspferde in seinen Boxen.
Landwirt Wilhelm Große-Oetringhaus mit seiner Tochter Pia (Mi.), die seinen Hof in Stockum einmal übernehmen wird, und Ehefrau Sylvia. Große-Oetringhaus hat 95 Pensionspferde in seinen Boxen. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Im vergangenen Jahr konnte der Wittener Landwirt aufgrund der großen Hitze geschätzt ein Viertel weniger an Grasschnitt einfahren als üblich. Weniger Grasschnitt, weniger Heu. „In diesem Jahr hatte ich einen guten ersten Grasschnitt“, betont Wilhelm Große-Oetringhaus. Ob es noch einen zweiten gibt, sei aufgrund der Trockenheit noch nicht klar. Auch der Stockumer wird Heu für seine Pferde hinzukaufen und bedauert Kollegen, „die alles kaufen müssen“.

Es gebe auch Pensionspferdehalter, die Stroh zufütterten, um Kosten für das Heu zu sparen. „Das ist ganz schlecht, da können die Tiere Koliken von bekommen.“ Große-Oetringhaus kauft sein Heu nur von deutschen Erzeugern. Aufgrund der Knappheit im letzten Jahr musste er auch welches aus Polen bestellen. Damit habe er keine guten Erfahrungen gemacht, sagt er. „In den Lieferungen findet man auch Gras, Dreck, Erde und Wurzelwerk. Dann gibt es Heu, das nicht ganz trocken ist.“ Da könne es zur Bildung von Schimmelpilz kommen. „All das schadet Pferden.“

Zum Winter hin könnten die Preise wieder explodieren

Pferdewirtschaftsmeister Nils Altenbernd ist Pächter der Reitanlage Oberste-Frielinghaus in Witten-Bommern. Bei ihm stehen 25 Pferde im Stall, darunter zwölf eigene – sieben Schulpferde und fünf Ponys. 13 Pferde wurden dem Bochumer anvertraut, weil er die Tiere ausbilden soll. Sein Heu bezieht Altenbernd vom Bommeraner Landwirt Carsten Niederste-Frielinghaus. „Aufgrund der Trockenheit reichte das im vergangenen Jahr nicht, ich musste etwas dazukaufen.“

Amtstierarzt: An Kosten denken

Pferdeland EN-Kreis: Amtstierarzt Peter Richter rät Privatleuten, sich die Anschaffung eines Pferdes gut zu überlegen. „Manche denken, dass es mit den Kosten in einem Pensionsbetrieb getan ist.“

Aber mit Tierarztkosten und dem Hufschmied könnten sich die durchschnittlichen monatlichen Ausgaben für ein Pferd schon einmal auf rund 800 Euro belaufen. Richter: „Es gibt nicht wenige Pferdehalter, die sich das gar nicht leisten können.“

Auch der Pferdewirtschaftsmeister betont, dass der erste Grasschnitt in diesem Jahr gut gewesen sei. Der zweite, glaubt er, werde wohl aufgrund der Trockenheit nicht zustande kommen. „Da werde ich wohl noch Heu zukaufen müssen.“ Darum wird sich Altenbernd früh kümmern. „Denn zum Winter hin könnten die Preise wieder explodieren“, fürchtet er.

Zweiter Grünschnitt wird nicht für Pferde geeignet sein

Nils Altenbernd mit eingeschweißten Heuballen. Das Futter kommt von Landwirten aus der Umgebung.
Nils Altenbernd mit eingeschweißten Heuballen. Das Futter kommt von Landwirten aus der Umgebung. © Barbara Zabka / FUNKE Foto Services

Ende vergangenen Jahres hat sich der 35-Jährige von vier Pensionspferden getrennt. Der Grund sei gewesen, dass er wegen der gestiegenen Futterkosten seine Preise so hätte erhöhen müssen, dass die Eigentümer der Pferde nicht mehr bereit gewesen wären, diese zu bezahlen. 80 Euro hätte ihn ein Heuballen Ende 2018/Anfang 2019 gekostet. „Normalerweise sind es 40 Euro.“

Bauer Reinhard Backhaus ist beim Landwirtschaftlichen Kreisverband Ennepe-Ruhr/Hagen für das Thema Pferde zuständig. Auch der Wetteraner, der auf seinem Hof einen Pferdepensionsbetrieb mit 50 Tieren unterhält, kennt Kollegen, die wegen gestiegener Futterkosten ihre Pensionspreise für Pferde so stark anheben mussten, dass Pferdebesitzer sich andere, preiswertere Höfe gesucht haben. Obwohl Backhaus in der glücklichen Lage ist, seine Futtermittel selbst produzieren zu können, fürchtet auch er, dass aufgrund der Trockenheit der zweite Grünschnitt in diesem Jahr nicht von guter Qualität sein wird. „So etwas ist dann kein geeignetes Pferdefutter.“