Witten. . Die lange Hitze und Trockenheit macht auch Wittens Bauern zu schaffen. Geringere Erträge, zu wenig Futter, Kälber, die zu wenig Milch bekommen.

Die Hitze und die Trockenheit setzen auch vielen Landwirten im EN-Kreis massiv zu. Die Böden sind staubtrocken, es herrscht Futtermangel, weil das Gras unter der sengenden Sonne nicht mehr nachwächst. Viele Weiden sind braun. Der Wittener Landwirt Jan Bockholt hat jetzt die Bearbeitung seiner Böden unterbrochen. Der Agraringenieur will nahe Anwohner und Autofahrer vor der Staubentwicklung schützen.

Der 33-Jährige bewirtschaftet einen 70 Hektar großen Hof. Seine
Frau kümmert sich an der Bochumer Straße um den Hofladen. Schon vorletzte Woche hat Bockholt seine Getreideernte abgeschlossen. Die Erträge seien bei ihm „leicht unterdurchschnittlich“, sagt er. Normalerweise würde er nach der Ernte seine Böden für die nächste Saat vorbereiten. Jan Bockholt hat diese Arbeiten jetzt abgebrochen. „Der Boden ist so trocken, dass dabei die Staubentwicklung hoch ist. Da muss man auf andere Rücksicht nehmen. Ich habe die Arbeit auf dem Feld deswegen jetzt eingestellt.“

Heu zur Fütterung ist knapp und wird teuer

Dirk Kalthaus, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Ennepe-Ruhr/Hagen, betont, dass die extreme Wetterlage die Landwirte in der Region sehr unterschiedlich treffe. Durch die anhaltende Trockenheit sei man „ungefähr vier Wochen früher mit der Getreideernte durch als in den letzten Jahren“. Aber die Trockenheit habe die Pflanzen geschädigt und zu geringeren Erträgen geführt.

Jan Bockholt in seinem Buschbohnenfeld. Die Bohnen, die eigentlich knackig sind, seien durch Hitze und Trockenheit gummiartig, sagt der Landwirt. Foto: Jürgen Theobald / FUNKE Foto Services
Jan Bockholt in seinem Buschbohnenfeld. Die Bohnen, die eigentlich knackig sind, seien durch Hitze und Trockenheit gummiartig, sagt der Landwirt. Foto: Jürgen Theobald / FUNKE Foto Services

Durch die Hitze sei auch die Strohernte schlecht ausgefallen, betont Landwirt Bockholt. „Das brauchen aber die Pensionspferdehalter, von denen wir in unserer Gegend viele haben, als Einstreu-Material.“ Stroh werde teuer und knapp werden. „Die Betriebe, die Pensionspferde haben, werden das merken.“

Pommes werden teurer

Auch beim Heu gebe es Probleme. Ein Thema wieder für Pferde- und natürlich auch Kuhhalter. „Denn die erzeugen Heu, um ihre Tiere zu füttern. Auf manchen Flächen wächst da seit Wochen nichts mehr.“ Es werde eine Futterknappheit geben. Bockholt: „Das gilt nicht nur hier, sondern vermutlich bundesweit.“ Der Landwirt baut auch „auf kleiner Fläche“ Kartoffeln an. Das Kraut der Erdäpfel ist völlig abgestorben. „Es wird in diesem Jahr nicht viele und auch keine großen Kartoffeln geben. Die Pommes werden teurer“, prophezeit der Agaringenieur.

Die Forderung des deutschen Bauernpräsidenten nach finanzieller Unterstützung von Landwirten „zielt aber nicht auf Betriebe in unserer Region“. Gemeint seien bäuerliche Betriebe im Norden und Osten Deutschlands, bei denen durch das Wetter in diesem Jahr schon die zweite Ernte ausgefallen sei. „So etwas gibt es zum Beispiel in Schleswig-Holstein.“

Kühe haben nicht mehr genug Milch für Kälber

Dort habe es im vergangenen Herbst Dauerregen gegeben. „Die Kollegen konnten die Ernte nicht einfahren, alles war nass. Deswegen konnten sie auch nichts anbauen.“ Für sich und andere Landwirte hofft Bockholt, dass es beim Getreide „etwas höhere Preise gibt, weil es etwas knapper ist in diesem Jahr“.

Wenn man Friedrich-Wilhelm Thiele nach dem größten Schaden fragt, den die wochenlange Hitze und Trockenheit bei ihm angerichtet hat, sagt der Landwirt: „Bei der Grasernte.“ Der Bommeraner hat 14 Mutterkühe und zwei Kälber. „Wir brauchen das Gras als Futter für die Tiere. Aber die Weiden sind braun.“ Dass das Gras nicht mehr nachwachse, sehe man den Kälbern an. „Ihren Müttern fehlt die Milch.“
Der 65-Jährige hat sich deshalb entschlossen – wie viele Bauern bundesweit – die Tiere zu füttern. „Wir haben noch Mais vom Vorjahr und Grassilage (wird aus Wiesen- und Ackergras hergestellt).“

Bommeraner Bauer rechnet mit 20 Prozent Verlust

Seine Wintergerste hat Thiele am 30. Juni geerntet, „14 Tage früher als üblich“. Auch seinen Weizen habe er 14 Tage früher als sonst eingeholt. Natürlich mit Einbußen, wie er betont. Den Verlust durch die Trockenheit schätzt der Bauer auf rund 20 Prozent.

Der Sommer 2018 sei nicht der erste heiße, den er erlebe, erzählt der Landwirt. „1959, als ich noch ein Kind war, gab es auch einen. Auch 1976 war so ein Jahr. Da wurde auch früher geerntet, aber die Verluste waren nicht so hoch wie jetzt.“ Der Sommer 2003 sei ebenfalls heiß gewesen. „Aber da gab es bis Ende Mai/Anfang Juni auch Feuchtigkeit.“

Bio-Landwirt bewässert Pflanzen vier Stunden täglich

Auch Demeter-Landwirt Bert Schulze-Poll vom Trantenrother Hof in Heven kämpft mit seinen staubigen Böden. „Es ist seit Mai trocken.“ Seither verbringe er täglich rund vier Stunden damit, seine Kulturen zu bewässern. „Damit mein Gemüse überlebt, sonst würde alles vertrocknen. In der Erde ist kein Wasser mehr.“ Der 48-Jährige hat acht Pensionspferde, die auf seiner braunen Weide nichts mehr zu fressen finden. „Wir fangen damit an, das Winterfutter zu verfüttern.“

Der erste Gras- und Kleeschnitt Mitte Mai sei „super“ gewesen. „Aber jetzt wächst nichts mehr.“ Auch der Bio-Bauer wird Tierfutter zukaufen müssen. Da dies ein deutschlandweites Problem sei, fürchtet er, unter Umständen gar keines zu bekommen. „Es gibt Betriebe, die in solchen Situationen Tiere schlachten.“

Der Salat blüht aus Not, bevor er abstirbt

Das gesamte Jahr 2018 im Blick rechnet Gemüsebauer Schulze-Poll mit einem Drittel weniger Ertrag. „Ich komme aus dem Leipziger Raum. Da gibt es viele trockene Sommer.“ Aber dass so dauerhaft kein Niederschlag fällt, findet er „ein bisschen beängstigend“.

An seinem Blattgemüse zeigt der 48-Jährige, dass die Pflanzen bei extremer Wärme und Sonne blühen wollen. Der Salat blühe aus Not, er möchte sich vermehren, bevor er durch die Hitze und Trockenheit absterbe, erklärt der Landwirt. Der Demeter-Bauer glaubt, „dass das mit den Wetterextremen durch den Klimawandel alles noch krasser werden wird. Aber wir hören ja nicht auf, Kohle zu verfeuern und mit SUVs durch die Gegend zu fahren“.

>>> BAUERNVERBAND RECHNET MIT SCHLECHTESTER ERNTE

Der Deutsche Bauernverband rechnet nach eigenen Worten mit der „schlechtesten Ernte“ des Jahrhunderts. Die durch Hitze und Trockenheit bedingten Ausfälle zögen sich durch alle Kulturen, egal ob es sich um Grünfutter, Getreide, Kartoffeln oder Raps handele.

Der Bauernverband fordert die Politik auf, den Notstand auszurufen und so die rechtlichen Voraussetzungen für eine staatliche Unterstützung betroffener Landwirte zu schaffen. Nötig sind seiner Ansicht nach Finanzhilfen des Bundes in Höhe von einer Milliarde Euro.