Witten. . Die Wärme und Trockenheit dieses Jahres hat zur rasanten Vermehrung der Insekten gesorgt. Förster Klaus Peter spricht von einer „Katastrophe“.
Der Stadtförster hält ein Stückchen Fichtenrinde in der Hand, zeigt auf ein nur wenige Millimeter kleines, krabbelndes Tierchen. Ein Borkenkäfer. Die Insekten haben sich im außergewöhnlich warmen und trockenen Frühjahr und Sommer explosionsartig vermehrt. Ihre Opfer: zumeist Fichten. Diplom-Forstwirt Klaus Peter: „So etwas habe ich in meinem Arbeitsleben noch nicht gesehen. Eine Katastrophe.“
Der 58-Jährige ist für den städtischen Wittener Wald zuständig. Vor allem im Muttental und in Vormholz haben die Käfer zugeschlagen. Auch in den Waldgebieten Buchenholz und Herrenholz seien Fichten betroffen, aber in geringerem Maße. Insgesamt besteht der städtische Wald zu 23 Prozent aus Fichten, schätzt der Förster. Rund jeder zehnte Baum leide unter einem Borkenkäfer-Befall. Die Insekten machen auch vor Privatgärten nicht halt. So melden sich bei Stadtförster Klaus Peter derzeit auch ratsuchende Hobbygärtner. „Bei starkem Befall muss der Baum weg“, sagt der Diplom-Forstwirt.
Käfer werden durch Lockstoffe angezogen
Wie können so kleine Tierchen wie Borkenkäfer ein so zerstörerisches Werk vollbringen? Der Förster erklärt, dass bei den sogenannten rindenbrütenden Borkenkäferarten – wie dem Buchdrucker und dem Kupferstecher – die Käfer die Fichte anfliegen und sich in deren Stamm einbohren. Durch Lockstoffe, die über das Bohrmehl abgegeben werden, werden weitere Käfer angezogen.
Die Borkenkäfer hätten in diesem Jahr auch ein leichtes Spiel gehabt, da die Fichten durch den langen heißen Sommer geschwächt seien und nicht so viel Harz produziert hätten. Harz kann die Eindringlinge, wenn es nicht zu viele sind, stoppen.
Sie bauen Liebesnester
Schaffen Käfer es durch die Baumrinde, treiben sie dahinter ihr Unwesen. Hinter der Rinde bauen Buchdrucker-Männchen ihre Liebesnester, sogenannte Rammelkammern, wie der Stadtförster erklärt. „Die weiblichen Tiere legen in Muttergängen ihre 100 bis 150 Eier ab.“ Kaum zu glauben: Ein Borkenkäfer-Weibchen kann es pro Jahr auf bis zu 100.000 Nachkommen bringen. Die Insekten ernähren sich von den saftführenden Schichten des Baumes. Sei dieses Bastgewebe, die Lebensader des Baumes, zerstört, sterbe die Fichte ab, so Klaus Peter. Daher versetzen die Käfer derzeit nicht nur ihn, sondern seine Berufskollegen in ganz Deutschland in Alarmbereitschaft.
Ein weiteres Problem: Borkenkäfer überwintern unter der Rinde ihrer Opfer. Ab April schwärmen sie aus ihren Winterquartieren aus, um dann weiter ihr Unwesen zu treiben. Klaus Peter: „Die Bäume im Wald, in denen Käfer sind, müssen gefällt werden. Bleiben sie stehen, wird der Schaden immer größer.“
Probleme auch beim Holzverkauf
Große Probleme gebe es derzeit auch beim Holzverkauf. „Es ist viel zu viel Holz auf dem Markt. Auch die Sägewerke der Region sind derzeit voll ausgelastet.“ Das Land NRW habe schon – wie das Land Hessen – Holz nach China verkauft. Es gebe auch Überlegungen, Holz in deutschen Kraftwerken zu verfeuern. Rund 4200 Hektar Fichtenwald sei in NRW von Borkenkäfern befallen, schätzt der Forstwirt. „Auch in Breckerfeld, Schwelm und Ennepetal ist der Schaden groß.“
>>> LAGERPLÄTZE FÜR HOLZ SIND KNAPP
Das NRW-Umweltministerium rät Waldbesitzern, von Borkenkäfern stark befallene Bäume so schnell wie möglich zu entfernen. Das Problem sei, dass derzeit die „Arbeits- und Lager-Kapazitäten“ knapp seien, heißt es aus Düsseldorf. Der Landesbetrieb Wald und Holz bemühe sich intensiv um Lagerplätze für Holz – einige Kilometer entfernt vom Wald.
Der Buchdrucker genannte Borkenkäfer ist 4 bis 5,5 Millimeter groß. Man erkennt ihn an seiner dunkelbraunen Färbung. Jungkäfer sind hellbraun. Die Tierchen befallen bevorzugt Fichten. Sehr selten werden auch andere Nadelbäume – etwa Kiefern und Lärchen – von ihnen angeflogen. Weitere Informationen zur Borkenkäferplage unter: wald.nrw/Borkenkaefer