Witten. Mit einer Resolution unterstützt der Wittener Stadtrat die Pläne für eine psychiatrische Fachklinik in Witten. Die Chance sei einmalig.

Der Wittener Rat hat mit großer Mehrheit eine Resolution für eine ortsnahe Psychiatrie in Witten verabschiedet. Sie wurde von so gut wie allen Fraktionen unterstützt. Nie sei die Chance so groß wie jetzt gewesen, mit Landesförderung 79 vollstationäre Plätze und 21 Tagesklinikplätze auf dem Gelände des Evangelischen Krankenhauses (EvK) zu schaffen.

Siegmut Brömmelsiek von der WBG, die mit dem Bürgerforum die ersten Anträge dazu eingebracht hatte und sich dann dem Antrag der GroKo anschloss, ging auf den Widerstand von Kreis und den bestehenden Kliniken in Hattingen und Herdecke ein. Auch Gevelsberg habe mit der Theodor-Fliedner-Klinik eine Akutklinik inklusive Notfallambulanz, sagte Brömmelsiek. Deshalb sei der Südkreis nicht unversorgt, wie es die Kreisverwaltung dargestellt hatte. Was die geplante Erweiterung von Niederwenigern und Herdecke angeht, sagte Brömmelsiek: „Vielleicht können Sie ihre Qualität verbessern und einem dritten Standbein Witten nicht im Weg stehen.“

„Soziale Kontakte sind Bestandteil der Therapie“

Fraktionen verabschieden Bündnisantrag als Resolution

Der Antrag von SPD und CDU zur Psychiatrie-Resolution im Wortlaut: „Um ein eindeutiges Zeichen für das Wohl der Wittener Patienten zu setzen, verabschiedet der Rat die nachfolgende Resolution:Das Land NRW sieht aufgrund vorliegender Daten die Notwendigkeit, auf dem Gelände des EVK eine psychiatrische Fachklinik zu errichten. Der Wittener Rat unterstützt diese Einschätzung voll und ganz und befürwortet den Aufbau einer leistungsfähigen Fachklinik in Witten, der mit knapp 100 000 Einwohnern größten Stadt des Kreises.

Initiative für eine Psychiatrie in Witten kam vom Land selbst

Das Land NRW hat die Initiative dazu selbst ergriffen und würde erhebliche Fördermittel zur Verfügung stellen. Die Bürgermeisterin hat die große Bedeutung der ergänzenden Errichtung einerpsychiatrischen Fachklinik am EVK in ihrem Schreiben an Minister Laumann schon sehr detailliert begründet. Auch Wittener Ärzte haben sich in einem Statement klar zur Errichtung der Klinikgegenüber dem Landesgesundheitsminister Laumann schon eindeutig positiv positioniert.

Die Notwendigkeit einer ortsnahen stationären Versorgung im Bereich der Psychiatrie ist unbestritten. Die CDU Witten hat diesbezüglich ein Gespräch mit dem Minister geführt. Der Wittener Stadtverband der SPD hat sich auf seinem Parteitageindeutig hinter das Vorhaben gestellt.

„Vorhandene Kliniken an Kapazitätsgrenze angelangt“

Die bislang zur Verfügung stehenden Kliniken in Niederwenigern und Herdecke sind aufgrund ständig zunehmender psychischer Erkrankungen an ihrer Kapazitätsgrenze angelangt, sie müssten dringend erweitern. Als zuständige Fachklinik für die meisten Wittener Stadtteile ist Niederwenigern jedoch sowohl mit dem PKW als auch mit dem ÖPNV sehr schlecht erreichbar. Patienten müssen sich oft recht lange in den Kliniken aufhalten und stehen gerade zu Therapiebeginn häufig unter der Wirkung sedierender Medikamente. Die Nutzung eigener Fahrzeuge ist dann strikt verboten. Ein Sozialkontakt zur Familie ist Bestandteil der Therapie, doch die räumliche Distanz ist dabei ein Hindernis. Der Rat erkennt klar die Notwendigkeit, dass sich zum Wohle der vielen Wittener Betroffenen etwas ändern muss.

Begründung: Die Fraktionen SPD und CDU stehen hinter dem Antrag, den die WBG und das Bürgerforum auf den Weg gebracht haben. Mit diesem Antrag legen sie eine inhaltlich und formalaufbereitete Version vor, die deutlich stärker den Charakter einer Resolution des Stadtrates trägt.“

Christoph Malz (SPD) widersprach Ulla Weiß von den Linken, in dem gemeinsamen Antrag des Bürgerbündnisses käme die Patientensicht zu kurz. Gerade darauf habe man das Hauptaugenmerk gelegt, sagte der Bommeraner. Er erinnerte an die weiten Wege, die Wittener zu einer Psychiatrie wie in Hattingen zurücklegen müssten, sowohl Patienten als auch deren Angehörige. Dabei seien soziale Kontakte Bestandteil der Therapie. „Mit der Resolution setzen wir ein eindeutiges Zeichen für die Patienten“, sagte Malz.

Dringender Appell des Ärztesprechers an alle Fraktionen

Dr. Frank Koch richtete einen dringenden Appell an alle Fraktionen, sich gemeinsam für eine heimatnahe Versorgung einzusetzen. Das sagte er weniger als Bürgerforumsmitglied denn als Ärztesprecher. „Witten braucht die Psychiatrie. Das erleben wir jeden Tag“, so Koch. Für viele psychiatrische Patienten gebe es trotz der kreisweit größten geriatrischen Klinik (am EvK) keine Lösung vor Ort. „Und dann müssen wir auch noch zwischen Niederwenigern und Herdecke trennen“, berichtete der Hausarzt aus der Praxis. „Wenn wir Akutpatienten nach Herdecke schicken, kann es passieren, dass sie zurückgeschickt werden, weil sie in der falschen Straße wohnen.“ Immer wieder habe man Anträge an die Landesregierung gestellt. Koch: „Jetzt haben wir erstmals die Chance, initiiert durch den Gesundheitsminister. Die müssen wir nutzen.“