Witten. Wittens Mitte um den Kornmarkt ist kein Aushängeschild für die Stadt. Müll und Graffiti ärgern nicht nur die Küsterin der Johannisgemeinde.

Lärm, der Anwohnern den Schlaf raubt, Müll, aggressive junge Leute, ein täglich verdreckter Kirchplatz – im Herbst 2016 hatte sich Julia Holtz, damals noch Pfarrerin der Johannisgemeinde mitten in der City, hilfesuchend an Stadt und Polizei gewandt. Heute, fast drei Jahre später, hat sich die Situation rund um den Kornmarkt nicht geändert.

Johannis-Küsterin Blazenka Weber-Lorenz wohnt mit ihrem Mann direkt an der Kirche. Dass sich junge Leute oft mitten in der Nacht an dem Gotteshaus treffen, dort trinken und essen, leere Flaschen und Verpackungen vor der Kirche entsorgen – dies sei Alltag. Dass an die Kirche uriniert werde und sich Betrunkene dort erbrechen, leider auch. Die Schmierereien am Gottes- und Gemeindehaus nicht zu vergessen.

Vom nächtlichen Treiben um den Schlaf gebracht

Die Küsterin wendet sich regelmäßig an die Polizei. „Die kommt auch, die Beamten fahren hier auch tagsüber regelmäßig vorbei. Sie könnten bei uns aber eine Zweigstelle aufmachen“, sagt die 59-Jährige fast ein wenig resigniert. Sie glaubt, dass die Kneipen im Johannisviertel mit ihren langen Öffnungszeiten und die Kioske, die bis in die Nacht hinein Alkohol verkaufen, ein Teil des Problems sind. „Hier sind vor allem an den Wochenenden nachts so viele Menschen unterwegs, da fragt man sich, woher die alle kommen“, sagt Weber-Lorenz. Ihre Eindrücke teilten auch Nachbarn, die vom nächtlichen Treiben um den Schlaf gebracht werden, sagt die Küsterin.

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Die Frau eines Geschäftsmannes im Johannisviertel würde sich freuen, wenn sich das Ordnungsamt mehr im Viertel blicken ließe. „Hier laufen abends und in der Nacht immer mehr Betrunkene herum, es gibt immer mehr Gewalt“, so ihr Eindruck. Am Himmelfahrtstag sah sie auf der Straße vor ihrem Geschäft nicht nur jede Menge Glas, sondern sogar einen großen Blutfleck.

„Zwei Tage später sieht alles so aus wie vorher“

Ein Student, der vor Kurzem aus einer ostwestfälischen Stadt ins Johannisviertel gezogen ist, findet vieles in seinem Umfeld „einfach krass“. Der angehende Mediziner wundert sich über den „vielen Dreck“, über Leute, die Fast-Food-Verpackungen einfach auf dem Bürgersteig entsorgen, leere Flaschen auf den Kornmarkt werfen, wo Autos parken.

Kornmarkt-Bebauung

Wann die geplante Kornmarkt-Bebauung startet, ist noch unklar. Bislang sei für das Grundstück noch kein Kaufvertrag vom Investor unterzeichnet worden, so Claudio Rabe, städtischer Projektleiter für die Freiraumplanung des Kornmarktes.

Die Markus Bau GmbH und die Architekten Kemper, Steiner & Partner hatten 2018 den Architekten-Investoren-Wettbewerb gewonnen. Auf dem Kornmarkt sollen 34 neue Wohnungen entstehen.

Was sagt die Stadt zu alldem? Die Bürgermeisterin hatte einst zum Runden Tisch eingeladen, doch sichtbar verändert hat sich nichts. Angesprochen auf Graffiti-Schmierereien an der großen Bruchsteinmauer vor der Kneipe Old House, betont Sprecherin Lena Küçük: Damit sei es genauso wie bei städtischen Gebäuden. „Wenn etwas verfassungsfeindlich oder persönlich beleidigend ist, wird es sofort entfernt.“ Alles andere würde in Angriff genommen, wenn dafür Geld da sei. Leider mache die Stadt immer wieder die Erfahrung, dass Graffiti auf Kosten der Steuerzahler entfernt werden, „und zwei Tage später sieht alles so aus wie vorher“. Für den Müll gilt das offenbar genauso.