Witten . . In Witten-Bommern blüht den Bienen bald was ganz Besonderes – ein Feld voll Blaumohn. Der ist selten. Bis vor kurzem war er sogar ganz verboten.
Das rote Feld an der Dortmunder Straße war ein echter Hingucker. Der Klatschmohn blühte dort Ende Mai in voller Pracht. Inzwischen ist er abgemäht. Aber Bio-Bauer Dirk Liedmann verspricht: Bald schon, im Juli, kommt ein neues Mohnfeld, das noch viel schöner wird. Und etwas ganz Besonderes dazu.
Am Wettberg in Bommern hat der 54-Jährige nämlich erstmals Blaumohn ausgesät. Anders als sein kleiner Verwandter, der Klatschmohn, wird der bis zu einem Meter hoch, hat prächtige handtellergroße, lila Blüten mit den bekannten dicken Fruchtstempeln. Eine echte Seltenheit, die es so weder in Witten noch in den Nachbarstädten zu sehen gibt. Denn Mohnanbau ist gar nicht so einfach. Bis 1989 war er in der damaligen BRD ganz verboten, bis heute muss der Landwirt eine offizielle Genehmigung einholen und nachweisen, dass sein Saatgut kein Opium enthält. Auch Dirk Liedmann hat das natürlich getan – und kann die Blüte jetzt kaum noch erwarten. „Das wird ein Knaller“, sagt er. Der Blick vom Berger-Denkmal auf das Feld werde einmalig sein.
Schlaraffenland für Insekten
Aber der Ausblick ist nicht der Grund dafür, warum das Team von der Kornkammer Haus Holte auf den Mohn gekommen ist. Die Öko-Landwirte aus Gedern wollen etwas für die Bienen tun und dafür sorgen, dass die von April bis August auf ihren Feldern immer ausreichend Nahrung finden. Hier blüht der Raps, dort der Mohn oder Senf und später dann der Rotklee – ein Schlaraffenland für Insekten.
Liedmann ist klar, dass seine Felder das Bienensterben nicht stoppen werden. „Aber wir wollen anderen ein Vorbild sein“, sagt er. Und den Kollegen zeigen, dass es auch ohne Giftspritze geht. „Bio tut nicht weh!“ Daher stehen auch in seinem Weizenfeld nicht nur die Ähren wie eine Eins, auch dazwischen leuchtet es immer wieder rot vom Mohn, ebenso wie im drei Meter breiten Randstreifen. Für die Ernte seien die rund 15 Prozent Beikraut kein Problem, versichert der Bauer, der Samen könne aussortiert werden. Und auch für die Verarbeitung in der Biogasanlage – etwa von Klee – gebe es kein Hindernis. Bei 54 Grad würden die Samen im Gärsubstrat keimunfähig gemacht. „Dadurch muss kein Landwirt beim Düngen damit Angst vor Verunkrautung haben.“
Der Mohn wird an die Bäcker geliefert
Ebenso wenig übrigens wie vor einem Minus in der Kasse: Mit dem bienenfreundlichen Ackerbau könne durchaus gutes Geld verdient werden. „Mit unserem Weizen liegen wir nur 30 Prozent unter den Erträgen konventioneller Kollegen“, so der 54-Jährige. Zudem werde für die Bioware ja mehr bezahlt. Und auch mit dem Blaumohn oder dem Senf lassen sich Geschäfte machen. „Der Mohn geht zum Bäcker und mit dem Senf wollen wir bald die alte Tradition der Wittener Senfmühle wieder beleben…“
„Wir haben jetzt schon viel mehr Insekten, Schmetterlinge, Vögel und Hasen“
250 Hektar Ackerland
Die Kornkammer Haus Holte am Gederfeldweg 37 in Gedern gehört mit rund 250 Hektar bewirtschafteter Ackerfläche zwischen Dortmund-Derne und Essen-Burgaltendorf zu den größten Höfen in Witten.
Rund 80 Hektar davon legen auf Wittener Gebiet. Seit zwei Jahren werden auch die Felder im Muttental und an der Steinhauser Straße von den Bio-Bauern beackert. Gegründet wurde die Kornkammer 1996 von Dirk Liedmann und seinem Kollegen Bernhard Pawliczek.
Bis dahin wird es zwar noch etwas dauern, die Erfolge der neuen Fruchtfolge auf den Feldern der Kornkammer zeigt sich schon jetzt. „Wir haben neuerdings viel mehr Insekten“, sagt Sandra Oberste-Frielinghaus, die die Felder der Familie im Muttental seit zwei Jahren an die Kornkammer verpachtet hat. Nicht nur die Bienen seien zurückgekommen, seit die Kamille im Klee blühe. Auch die Schmetterlinge und die Vögel, die sich von den Insekten ernähren. Und selbst Fasane, Hasen und Rehe würden sich jetzt öfter am Feld sehen lassen. Die 48-Jährige hofft daher, dass noch viele Felder in Witten auf die Öko-Landwirtschaft umgestellt werden. „Ich konnte mir das vorher zwar auch nicht vorstellen, aber jetzt sehen wir ja, dass es auch anders geht.“ Sie ist froh darüber: „Denn schließlich wollen wir unseren schöne Natur hier erhalten.“