Bochum. Sie ist ein Star in der Imker-Szene: Pia Aumeier hat schon tausende Menschen an das Hobby herangeführt. Ihre Kurse sind aber auch sehr speziell.
62 Stühle, dann ist der größte Raum der „Grünen Schule“ voll, aber 62 Stühle reichen nicht hin an diesem Sonntagmorgen – Menschen stehen an den Seiten, sitzen auch auf Tischen. Vorn stellt Dr. Pia Aumeier diese übergroßen Kaffee- und Teekannen auf, die immer bei Seminaren herumstehen, die länger dauern. Ein wenig von dem Kaffee ist ihr beim Transport ins Auto geschwappt, doch keine Angst: „Greifen Sie zu, ich habe nichts zurückgeschippt.“
Erster Lacher für die 50-Jährige. Viele werden folgen.
Sie ist die Imkerflüsterin, hat seit mehr als 20 Jahren nach eigener Zählung mehrere tausend Menschen an das Hobby gebracht. Dabei fand die Frau aus Bayern nicht die Bienen, die Bienen fanden sozusagen sie auf dem Umweg über ihre Forschung zur Varroa-Milbe. Über den Schädling zum Hobby. Es überrascht dann nicht weiter, dass die Biologin Aumeier mehrere hundert Völker hat. Aber Honig isst sie nicht.
„Die meisten fangen direkt im Kurs mit Völkern an“
Dreieinhalb Stunden wird es in der Grünen Schule und an den Bienenständen draußen, im Botanischen Garten der Ruhr-Universität Bochum, jetzt ums Imkern gehen – für die ersten Teilnehmer bis halb eins. Wenn die dann gehen, beginnt für Pia Aumeier sofort der zweite Kurs. Bis 16 Uhr. Wenn die dann gehen, beginnt für Pia Aumeier sofort der dritte Kurs.
Keine kompletten Anfänger hier, einige Sonntage haben die Männer und Frauen schon den Bienen geopfert, sieben Tage sind es insgesamt in ihrem Jahr mit Pia Aumeier. „Die meisten fangen direkt im Kurs mit Völkern an“, sagt sie.
In NRW etwa 5000 Imker mehr als 2014
Das schlägt sich auch in Zahlen nieder, wobei natürlich nicht jeder neue Imker aus diesen Kursen kommt, bei weitem nicht. Der Landesverband Rheinland der Imker zählt aktuell mehr als 10.400 Imker, der westfälisch-lippische über 9000. Zusammen sind das über 5000 mehr als noch 2014.
Der Einstieg ist nicht ganz billig, mit etwa 1000 Euro müsse man kalkulieren, sagt Norbert Pusch vom Landesverband Westfalen/Lippe. Dafür wird er leichter gemacht als früher mit Info-Abenden, mit sogenannten „Bienen-Campingplätzen“, wo mehrere Anfänger ihre Völker beieinander stehen haben – und eben mit solchen Kursen.
Nicht mehr die Honig-Ernte zieht Jung-Imker an, sondern der Naturschutz
„Einführung in die Bienenhaltung“ also; und man kann viel falsch machen anfangs. „Hilfreich ist immer, ein zweites Volk zu haben, um zu reparieren, was ihr mit dem ersten angestellt habt“, sagt Aumeier gerade. Wichtig sei es auch, immer Ordnung zu halten, „weil ihr sonst rumrennt wie gestochene Hühner“. Nach und nach erfährt man auch, dass nicht jedes Hilfsmittel im Fachhandel gekauft werden muss. Auch ein Babyfläschchensterilisator kann helfen bei der Imkerei oder ein Dampfentsafter, ja sogar ein gebrauchtes Spülbecken, ja sogar eine alte Strumpfhose – aber das führt jetzt wirklich zu weit.
Dass die Leute in Imkerkurse kommen, hat vor allem mit Umweltschutz zu tun, mit Ökologie. Das ist genau dasselbe, was die Leute in die Bioläden zieht“, sagt Heike Brauckhoff vom Verein „Ruhrstadtimker“, der – ebenso wie der Landesverband Rheinland – mit Aumeier zusammenarbeitet. Und auch die sagt: „Früher war die Honigernte die Motivation. Der Pfarrer und der Lehrer wurden schlecht bezahlt, also hielten sie sich Bienen.“
Auf dem Hochzeitsflug hält die Königin sich fern von den Drohnen aus dem eigenen Stand
Schleuderparty, Wächterbienen, Drohnenrahmen, Völkervermehrung – so geht es durch den Vormittag. Aber wie verhindern Bienen Inzucht, also, dass die Königin auf dem Hochzeitsflug von den eigenen Brüder-Drohnen begattet wird?
Recht einfach eigentlich: Die Königin fliegt dann nicht weit weg, die Drohnen aus dem eigenen Stand schon. Man fliegt sich aus dem Weg, sozusagen. „Und ich weiß, was Inzucht ist, ich komme aus Bayern“, sagt Aumeier. Wieder ein Lacher.
An der Grünen Schule warten schon die Nächsten
Halb eins. An den Bienenkörben draußen hat sie vorgemacht, wie man die Königin findet und erkennt. Wirklich einfach: „Ah, da ist Madame! Seht ihr sie? Die mit der Krone.“
Dann ist Schluss für heute. Einige Teilnehmer machen noch weiter mit der Hilfe Dritter. Pia Aumeier muss hoch zur Grünen Schule. Da stehen schon die nächsten, die von Bienen schwärmen.