Witten. In der unteren Bahnhofstraße steht geschätzt jedes dritte Ladenlokal leer. Auch für die City-Passage und die Stadtgalerie werden Mieter gesucht.

Die Himmelfahrtskirmes, hochsommerliches Wetter und ein verkaufsoffener Sonntag – ein Dreiklang, der gestern viele in die City zog. Ob Wittens Kaufleute am Sonntag auch Kasse machten, konnte Angelika Bilow-Hafer, stellvertretende Vorsitzende der Standortgemeinschaft Witen-Mitte, am Abend noch nicht sagen. Was aber auffiel: Die Geschäftsleute der unteren Bahnhofstraße haben vom verkaufsoffenen Sonntag nicht profitiert.

Ein altes, schon oft beklagtes Thema: Für viele hört die Bahnhofstraße als Bummelmeile am Berliner Platz auf und führt von dort weiter in Richtung Stadtgalerie. Die untere Bahnhofstraße hat ein Imageproblem, macht seit Jahren durch Leerstände von sich reden und ist ein Sorgenkind städtischer Planer.

Ladenlokale in der City-Passage noch nicht vermietet

Gähnende Leere: Auch für die leer stehenden Ladenlokale in der City-Passage hat der neue Eigentümer bislang noch keine Mieter, nur zwei Interessenten gefunden.
Gähnende Leere: Auch für die leer stehenden Ladenlokale in der City-Passage hat der neue Eigentümer bislang noch keine Mieter, nur zwei Interessenten gefunden. © Barbara Zabka / FUNKE Foto Services

Im vergangenen September hat die Neusser Firma Squadron Real Estate die City-Passage gekauft. Geschäftsführer Ben Dahlheim zeigte sich optimistisch, für den großen Komplex Geschäftsleute interessieren zu können. Noch immer aber hängen in den Schaufenstern die Schilder eines Wittener Maklerbüros. Zur Bahnhofstraße hin nimmt man die City-Passage nur durch die Billigtextilkette Zeeman wahr, die sich am Standort behaupten kann.

Gegenüber unserer Redaktion betonte Dahlheim, dass es für das Erdgeschoss jetzt zwei ernsthafte Interessenten gebe. „Eine Fitnessstudio-Kette und einen großen Discounter.“ Entscheide sich einer von beiden für eine Anmietung, sei der Plan, die derzeit leer stehenden Flächen im Erdgeschoss zu einer großen Fläche zusammenzulegen. Derjenige, der den Zuschlag bekomme, soll, so Dahlheim, dann auch die Fläche im ersten Obergeschoss mieten. Dort fand man früher ein chinesisches Restaurant. Dahlheim bereut die Entscheidung für die City-Passage nicht: „Alle Wohnungen sind vermietet. Das Objekt war eine gute Investition.“

Ideenschmiede Gründerzentrum

Im Bereich der unteren Bahnhofstraße steht – geschätzt – jedes dritte Ladenlokal leer – und dies oft lange. Ende Oktober schloss dort – nach vielen Jahren – die Blumengalerie. Die Filiale der Firma Westfälischer Edelmetallhandel und Verwertung zog in die Berliner Straße um, weil an der unteren Bahnhofstraße die Laufkundschaft fehlte. Ein Lichtblick ist das ehemalige „Kempf-Haus“, seit Kurzem die neue Adresse des Gründerzentrums EZW, eine Ideenschmiede für junge Start-up-Unternehmen.

Ein Glücksfall: Im ehemaligen „Kempf-Haus“ (re.) findet man jetzt das Gründerzentrum EZW und den Unikat-Club.
Ein Glücksfall: Im ehemaligen „Kempf-Haus“ (re.) findet man jetzt das Gründerzentrum EZW und den Unikat-Club. © Barbara Zabka / FUNKE Foto Services

Mit dem Thema Leerstand muss sich auch weiterhin die Wittener Stadtgalerie beschäftigen – nach einem rund acht Millionen Euro teuren Umbau für den Mode-Discounter und neuen Ankermieter TK Maxx. Rund zehn Ladenlokale seien derzeit nicht vermietet, so Center-Manager Frederik Westhoff auf Nachfrage unserer Redaktion.

Zehn-Jahres-Verträge laufen aus

Im Herbst vergangenen Jahres war der Umbau der Stadtgalerie für den neuen Ankermieter TK Maxx abgeschlossen, der im Februar Eröffnung feierte. Für den Mode-Discounter waren zehn Ladenlokale zu einer großen Fläche zusammengelegt worden. Dennoch gibt es in der Stadtgalerie, die 17.000 Quadratmeter Verkaufsfläche bietet, noch viel Leerstand.

Rund zehn Ladenlokale seien nicht vermietet, so Center-Manager Frederik Westhoff. Außerdem liefen jetzt Zehn-Jahres-Verträge mit anderen Mietern aus. „Mit denen sind wir in Gesprächen. Wir sind guter Dinge, dass wir unsere großen Mieter an uns binden können.“

Umbau für TK Maxx kostete acht Millionen Euro

Westhoff geht davon aus, dass der Eigentümer der Stadtgalerie, ein ausländischer Immobilienfonds, bereit sein wird, weitere Investitionen im Gebäude zu tätigen. „Wenn zum Beispiel ein Mieter seinen Ladenbau erneuern möchte, wird sich der Eigentümer daran wohl beteiligen.“

Für den für TK Maxx notwendigen Umbau hatte der Immobilienfonds acht Millionen Euro investiert. „Das ist ein Zeichen dafür, dass an den Standort Witten geglaubt wird“, betont Westhoff. Der jedoch mit Blick auf den Handel zugibt, dass Mittelzentren wie Witten zu kämpfen hätten. Sein Appell auch an private Wittener Hauseigentümer: „Wenn ein Ladenlokal leer ist, genügt es nicht, einen Zettel ans Fenster zu hängen: ,Mieter gesucht’.“ Könne man keinen Einzelhändler für ein Objekt interessieren, sollten Eigentümer auch offen für andere Nutzungen sein.

Leerstände sind ein Verlust für den Standort Witten

Angesprochen auf Leerstände in der City, weiß Christian Kolb, Leiter des IHK-Regionalbüros, dass es auch Hauseigentümer gibt, die „unrealistische Mietpreisvorstellungen und deshalb langjährigen Leerstand haben“. Mancher Eigentümer lebe auch gut von der Vermietung seiner Wohnungen und scheue Investitionen in die Einzelhandelsfläche in seinem Haus. Dann bleibe diese halt leer. Kolb: „Nur ist jeder Leerstand ein Verlust für den Lebens- und Einkaufsstandort Witten.“

>>> Stadt befragte Hauseigentümer

2017 hatte die Stadt Besitzer von Häusern an der unteren Bahnhofstraße nach ihren Sorgen und Wünschen befragt. Jeder zweite Befragte meinte: Die untere Bahnhofstraße muss etwas für ihr Image tun.

Eine Öffnung der Straße für den Durchgangsverkehr wurde überwiegend abgelehnt. Vermieter fürchteten, dass der Verkehrslärm Mieter stören könnte.