Witten. . Den Tag der Pflege nutzten die Wohlfahrtsverbände im EN-Kreis, um vor Fehlentwicklungen zu warnen. Sie zeichneten dabei ein düsteres Bild.
Die Wohlfahrtsverbände schlagen Alarm. Sie nutzten den „Tag der Pflege“ am Freitag, um gemeinsam auf Fehlentwicklungen in der ambulanten und stationären Versorgung aufmerksam zu machen. „Wir sagen hier und heute: Das Ende der Fahnenstange ist erreicht“, sagt Regina Mehring, Geschäftsführerin der Diakonie Mark-Ruhr. „Wir steuern in eine Katastrophe – und hier im EN-Kreis brennt der Baum.“
Schon jetzt sei die Pflege am Limit, so der einhellige Tenor von Diakonie, Caritas, Paritätischem und Awo, die ins Altenzentrum St. Josef nach Herbede geladen hatten. Die Situation werde sich aufgrund des demografischen Wandels aber noch weiter verschärfen. Die Politik müsse jetzt Sorge tragen, dass die Rahmenbedingungen – Entgelte, Personalschlüssel – verbessert würden. Allerdings: Die von Gesundheitsminister Spahn propagierten 13.000 zusätzlichen Fachkräfte seien nur ein „wilder Aktionismus“.
Personal-Lücke kann nicht gestopft werden
„Denn die Leute gibt es ganz einfach nicht“, sagt Regina Mehring von der Diakonie. Längst konkurrierten die Pflegedienste nicht mehr um Kunden, sondern um Personal. Auf dem Arbeitsmarkt sei niemand mehr zu bekommen. Auch mit (noch) mehr Ausbildung und ausländischen Kräften könne diese Lücke nicht gestopft werden.
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Dabei seien die Arbeitsbedingungen längst durchaus attraktiv und auch die Bezahlung einer ausgebildeten Krankenschwester mit der eines Facharbeiters vergleichbar. Dennoch gebe es Gründe, die den Mitarbeitern die Freude an der Arbeit verleiden würden. An erster Stelle nennen die Verbände die überbordende Bürokratie. „Die bindet Zeit und Kraft, die besser den Patienten zugute kommen solle“, so Awo-Geschäftsführer Jochen Winter. Es gebe Fälle, in denen Fachkräfte zurückgestuft werden wollen, um weniger Dokumentation und mehr Dienst am Menschen leisten zu können.
„Es wird geprüft, bis der Arzt kommt“
Dazu komme die Kontrolle durch die Behörden. „Es wird geprüft, bis der Arzt kommt“, so die Verbandsvertreter. Damit werde aber nur das schlechte Gewissen der Gesellschaft bedient. Regina Mehring: „Die will sich eine reine Weste organisieren.“ Und stelle dabei die Pflege unter Generalverdacht.
Es sei an der Zeit, dass der Beruf gesellschaftlich eine höhere Anerkennung erfahre, so wie es in vielen Nachbarländern bereits sei. „Mediziner und Pflege müssen auf Augenhöhe miteinander arbeiten“, fordern die EN-Experten. Denn Pflege sei eben keine Hilfstätigkeit, die jeder mal machen könne.
Die Not ist bei Angehörigen und Pflegekräften groß“
Wenn sich nicht zeitnah etwas ändere, „werden die Angehörigen bald der größte ambulante Pflegedienst sein“, lautet eine Befürchtung. Das könne niemand wollen. Schon jetzt gebe es eine große Not bei den Menschen, die kurzfristig Hilfe bräuchten. Durch die Umstellung auf Einzelzimmer in den Heimen sei die Platznot zusätzlich verschärft worden. Hartmut Claes, Vorstand der Caritas Witten: „Die Not ist groß – bei den Angehörigen und bei den Pflegekräften.“