Witten. . Als Erstklässler oder Kindheitshelden sind die Wittener in die Mottwoche gestartet. „Eskaliert wird später“, heißt es bei den Schülern.

Die politischen Kreide-Botschaften von der letzten „Fridays for Future“-Demo sind noch gut auf dem Rathausplatz zu lesen. Aber durchs Megafon gegrölt wird hier heute sicher nicht aus Zukunftssorgen. Tanzen auf dem Grab von Mutter Erde: „Nach zwölf Jahren Schule darf das auch mal sein“, sagt der 18-jährige Lewin auf der Bahnhofstraße – begleitet von zwei Mitschülern mit etwas verdächtigem Atem.

Mit Roller und Tornister rasten mehrere Schülerinnen über den Rathausplatz.
Mit Roller und Tornister rasten mehrere Schülerinnen über den Rathausplatz.

Die Mottowochen sind gestartet. Und bei den Schülern des Ruhr-Gymnasiums endet die Schullaufbahn wie sie begonnen hat. Moritz (16) hat zum Motto „Erster Schultag“ tatsächlich seine Original-Schultüte mit Pettersson-und-Findus-Bildchen aus den Tiefen seines Dachbodens hervorgekramt. Der Inhalt: Süßkram oder Schnapsfläschen? „Weder noch“, sagt Moritz und zeigt auf seine einzige Requisite – ein Schreibheftchen, auf dem „1. Klasse“ steht.

Solch braver Tüteninhalt würde der benachbarten Schillerschule wohlschmecken. Denn die ist laut schulischer Feiergesellschaft etwas strenger, was die Eskalationstoleranz angeht. „Bei uns ist chillig, bei Schiller ist es sch...“, bringt es ein Ruhr-Gymnasium-Schüler auf seine Weise auf den Punkt. Selbst Musikboxen seien den Schülern schon abgenommen worden.

Asterix, Schneewittchen & Co.

Brav müssen sich auch die Holzkamp-Abiturienten verhalten, verrät die ehemalige Schülersprecherin und „Fridays for Future“-Mitorganisatorin Laura Schmidt. „Wir müssen uns sehr zurückhalten“, sagt die 18-Jährige, die in dieser Woche mal ausnahmsweise nicht über Politik nachdenken möchte. „Zu viele Faxen dürfen wir an unserer Schule nicht erlauben.“

Spätestens am Mittwoch dürften die Holzkampschüler aber einigen Lehrern mit ihren Outfits auf den Schlips treten. Unter dem Deckmantel „Casino“ dürfen sich die Abiturientinnen dann wieder in etwas gewagtere Garderobe wie kurze Röcke oder Stöckelschuhe werfen – das explizite „Zuhälter und Nutten“ spart man sich als Titel (siehe Info). Ansonsten verwandeln sich die Schüler an der Holzkampschule diese Woche noch in Après-Ski-Feiervolk, Oktoberfest-Besucher oder Kindheitshelden.

Zurück zum ersten Schultag, hieß es am Ruhr-Gymnasium.
Zurück zum ersten Schultag, hieß es am Ruhr-Gymnasium.

Mit letzterem geht es am Montag schon am Albert-Martmöller-Gymnasium los: Pippi Langstrumpf, Schneewittchen, Wilde Kerle, Minions und Asterix – aus allen Comic- und Märchenwelten sind sie angereist. Mit vollem Einsatz wird dort „Reise nach Jerusalem“ gespielt. Selbst der Schulleiter Johannes Rienäcker musste laut anwesender Schüler wohl schon für den Eierlauf herhalten. „Wir haben uns für jede Pause ein anderes Spiel überlegt“, sagt der 18-jährige Moritz alias Bob der Baumeister. „Ein Lehrerquiz, Limbo oder Karaoke zum Beispiel.“

Zulassungsparty in Bochum

Für die Abiturienten heißt es auch am AMG: Besser keinen Ärger. „Unsere Lehrer sind alle cool und haben Verständnis für all das hier“, meint Moritz. Er freut sich, dass sie überhaupt noch die Pausen für ihre Mottowoche nutzen dürfen, an anderen Schulen sei das schon nicht mehr erlaubt.

Zurück zum Rathausplatz. Ob es die feiernden Schüler hier schaffen die Woche ohne Ärger zu überstehen? 2017 gab es mal einen Platzverweis, weil sich Bürger beschwert hatten. Und kommende Mottos wie „Bad Taste“ – „Asi“ auf gut Deutsch – könnten die guten Manieren jedenfalls tief in den Schulspind sperren. Klar ist: Feierüberdruss wird sich bis Donnerstag nicht breitmachen. Dann steigt die große Zulassungsparty aller Wittener Schulen im Viktoria-Club in Bochum. Vorfreude am Rathausplatz: „Da wird eskaliert!“