witten. . Mit ihm endet eine Ära am Wittener Marien-Hospital. Prof. Dr. Martin Bergbauer hat dort die erste Kardiologie im EN-Kreis aufgebaut. Nun geht er.

Der gute Ruf der Kardiologie im Marien-Hospital ist eng mit seinem Namen verbunden. Nun hat Prof. Dr. Martin Bergbauer „fertig“, um es mit dem einstigen italienischen Startrainer Giovanni Trapattoni zu sagen. Bergbauer kratzt tatsächlich an der 67. Man sieht es ihm nicht an.

Fragen, was er denn nun im wohlverdienten Ruhestand machen will, mag der 66-jährige Herzspezialist nicht. „Ich mach das, was ich immer getan habe. Nur mit mehr Zeit“, sagt der gebürtige Dortmunder, der mit 38 als Chefarzt in Witten anheuerte. Bekannt ist: Der Mann reist gern. Er verrät sich, als wir fragen, ob er jetzt vielleicht eine Privatpraxis eröffnen wolle. „Dann könnte ich ja nicht mehr wegfahren.“

Im Krankenhaus hat er immer die Treppen genommen In seiner beruflichen Laufbahn drehte sich bei Martin Bergbauer nicht alles, aber doch viel ums Herz. Als Leiter der inneren Abteilung hatte er aber auch die anderen „Volkskrankheiten“ im Blick. Foto: Franz Luthe

Sein jüngeres Aussehen, so viel gibt er immerhin preis, ist keineswegs nur einer gesunden Lebensführung geschuldet. „Das ist eine Frage der Genetik“, sagt Bergbauer. „Schon mein Vater wurde gut 20 Jahre jünger geschätzt.“

Natürlich ist der Kardiologe auch Nichtraucher, hat null Übergewicht und isst meistens gesund. Und bewegt sich viel. Das tat er schon im Krankenhaus. Dort sei er nie Aufzug gefahren, und, nun ja, die Kantine hat er auch nie von innen gesehen. Womit keine Aussage über deren Qualität verbunden sein soll. Bergbauer macht auch gar nicht auf Gesundheitsapostel. Beim Pressegespräch trinkt er sogar Kaffee.

Dass das Gesundheitssystem nicht gerade auf Vorbeugung, sondern vor allem auf Akutbehandlung angelegt ist, nun, das gibt der Mediziner offen zu. „Die Gesundheitspolitik hat hier viel Nachholbedarf“, sagt der Vater von zwei erwachsenen Söhnen. „Blutdruck etwa ist neben Rauchen der größte Killer – den man aber behandeln kann. Hier könnte die Vorsorge sehr effektiv ansetzen.“

Tod durch Infarkt kann das erste Symptom sein Prof. Dr. Martin Bergbauer war als Herzspezialist auch ein gern gesehener Gast bei den WAZ-Medizinforen. Foto: Franz Luthe, Archiv

Das Herz leidet oft still. Wessen Gefäße vielleicht schon verstopft sind, der muss es gar nicht merken. Was fast ein bisschen nach Zynismus unter Medizinern klingt, ist wohl die traurige Wahrheit. „Das erste Symptom, dass ein Patient haben kann, ist, dass er tot umfällt“, sagt Bergbauer. Soll heißen: „Der Patient, der einen Infarkt erleidet, war natürlich vorher schon krank. Er hat es aber nicht gewusst.“

Der Aufbau der ersten Kardiologie im EN-Kreis war ein „steiniger Weg“, wie sich der Arzt erinnert. Für ihn war es eine Herzensangelegenheit. „Ich war überzeugt, dass wir eine eigene Kardiologie brauchen und die Patienten nicht immer wegschicken können.“ Fünf Jahre hat es gedauert, bis die Klinik 1996 endlich „stand“. Den damaligen Geschäftsführer Theo Püplichhuisen hatte der Doktor auf seiner Seite.

Patient soll schnell eine Diagnose bekommen

„Er hat damals zu mir gesagt: Wenn Sie es schaffen, die Verweildauer der Patienten von 21 Tagen auf 17 zu senken, sind Sie mein Mann“, erinnert sich Bergbauer. Nun, es ist mehr als gelungen. Heute bleibe ein Patient 3,8 Tage im Krankenhaus.

Dass kürzere Zeiten nicht zuletzt dem Kostendruck geschuldet sind, versteht sich von selbst. Bergbauer sieht darin keinen Nachteil. Der Patient wolle das Krankenhaus doch selbst möglichst schnell wieder verlassen. Mehrere Tage konnte es früher dauern, bis ein Kranker überhaupt einen Oberarzt zu Gesicht bekam und eine Diagnose feststand. Bergbauer: „Ein Patient, der heute ins Krankenhaus kommt, will abends wissen, was er hat.“

Das Legen eines Herzkatheters lag ihm besonders Lehre und Forschung lagen Prof. Dr. Martin Bergbauer (re.) auch stets am Herzen. Hier hatte er einen Kollegen aus China zu Gast. Foto: Thomas Nitsche, Archiv

Unzählige Menschen hat er begleitet. Trotz seiner Tätigkeiten als Chefarzt und späterer Ärztlicher Direktor wollte er sich nie allein aufs Verwalten zurückziehen. Er galt als Koryphäe, wenn es ums Kathetern ging oder darum, Stents zu setzen und Infarkte akut zu behandeln. Gleichzeitig gab er sich als Mannschaftsspieler. „Man muss eine gute Abteilung und gute Oberärzte haben. Der eine macht das, der andere das.“

Als er kam, waren sie zu fünft, heute gibt es 32 Ärzte. Und er hat sich Experten geholt, zumal zwei Abteilungen zu leiten waren: die Kardiologische und die Medizinische Klinik, sprich die Innere. Letztere setzte unter seiner Führung die Schwerpunkte bei Magen/Darm und Lunge. „Es galt, eine Richtungsentscheidung zu treffen, was zukunftsfähig ist.“

Er hat stets das nötige Personal bekommen, auch die modernen teuren Geräte in einer stets auf Fortschritt ausgerichteten High-Tech-Medizin. Doch die Apparate dürften nur einem Zweck dienen, betont Bergbauer, dem Dienst am Menschen. Das sei doch das Schönste, sagt er, gefragt nach dem größten Erfolg: „Wenn ein Patient zu Fuß nach Hause geht, von dem erst gesagt wurde, der sei doch so gut wie tot.“

>>> 1991 wurde Prof. Dr. Bergbauer Chefarzt in Witten

Prof. Dr. Martin Bergbauer (66) hat in Frankfurt Medizin studiert. Bevor er 1991 Chefarzt am Marien-Hospital wurde, war der Dortmunder leitender Oberarzt am Bochumer Josefshospital.

Die Kardiologie hat heute zwei Herzkatheterlabore. Dort werden akute und chronische Herzerkrankungen behandelt. Es gibt 2500 Katheteruntersuchungen im Jahr.

Bergbauer war auch am Aufbau des Darmkrebszentrums beteiligt. Seine Nachfolger sind Dr. Hans-Jörg Hippe (Kardiologie) und Dr. Ulrich Wilke (Inneres/Gastroenterologie).