Witten. . Die Kreuzung vor der Schranke war ein Unfallschwerpunkt. Deshalb hat die Stadt eine Spur eingezogen. Jetzt fahren Autofahrer über den Gehsteig.

Die neue Verkehrsregelung vor dem Bahnübergang in Annen bringt nach Einschätzung vieler Bürger die Fußgänger in Gefahr. Regelmäßig fahren Autofahrer vor den dortigen Geschäften jetzt mit zwei Rädern über den Bürgersteig.

2017 hatte es an der Kreuzung dreimal gekracht, 2018 sogar fünfmal. Dabei gab es auch Verletzte. Das typische Muster: Fahrern aus der Annenstraße, die zum Bahnübergang abbiegen wollten, war die Sicht versperrt, weil es auf der Bebelstraße (siehe Foto) zwei Spuren gab: linksab und geradeaus.

Aus zwei Spuren wurde eine gemacht

Die Unfallkommission, der u.a. die Stadt und die Polizei angehören, beschloss eine Änderung, die am 20. März umgesetzt wurde. Durch Markierung einer Sperrfläche plus gelbe Bodenschwellen wurden auf der Bebelstraße aus zwei Fahrspuren eine gemacht.

Die Situation am 27. Februar, vor der Änderung: Der Fahrer, der aus der Annenstraße (links) kommt, kann den silbernen Pkw schlecht erkennen. Der Linksabbieger verstellt ihm die Sicht.
Die Situation am 27. Februar, vor der Änderung: Der Fahrer, der aus der Annenstraße (links) kommt, kann den silbernen Pkw schlecht erkennen. Der Linksabbieger verstellt ihm die Sicht. © Jürgen Theobald

Die erste Folge war absehbar: Die Rückstaus in der Friedrich-Ebert-Straße, an der Gewerbebetriebe wie Ardex liegen, werden noch länger. Schon früher reichten sie laut Anwohner Dieter Weber (83) in der Stoßzeit oft bis zur Straße Im Rohr, waren also 300 bis 400 Meter lang. „Die Regelung ist Irrsinn“, sagt er, „das gibt noch mehr Stau. Die Geradeausfahrer kommen nicht rüber, weil die Linksabbieger blockieren, das ist manchmal ein einziges Gehupe.“

Stadt: Längere Rückstaus waren absehbar

„Die Unfallkommission nahm bewusst in Kauf, dass der Verkehrsfluss zu den Hauptverkehrszeiten darunter leidet“, nahm die Stadt dazu auf Anfrage der WAZ am Freitag schriftlich Stellung. „Trotzdem wurde die Maßnahme beschlossen, weil die Sicherheit der Menschen Vorrang hat!“ Fakt sei, dass es an der Einmündung jetzt sicherer geworden sei.

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Dahinter kann man ein Fragezeichen machen. Zum einen machen Autofahrer dort gerne weiter eigenmächtig eine zweite Spur auf, in dem der linke die gelbe Schwelle überfährt und der rechte sich am Bordstein entlang quetscht, was oft so gerade noch passt.

Bürger sorgen sich um Sicherheit der Fußgänger

Oder aber die Geradeausfahrer machen es sich noch bequemer und fahren mit Rädern über den Bürgersteig. Damit wären wir bei der zweiten, nicht einkalkulierten Folge der neuen Regelung: Die Gefahr hat sich jetzt auf den Gehsteig verlagert. „Das ist doch eine Unverschämtheit, die Leute kommen hier doch aus den kleinen Läden und fühlen sich hier sicher“, schimpft ein Annener (66) . „Das ist doch gefährlicher als vorher, dann muss man halt mal warten!“

Beim Friseur, beim Bäcker und in der Postagentur direkt an der Straße bestätigen alle diese Beobachtung. „Viele unserer Kunden kommen mit ihren Kindern und wenn die einfach aus Tür rauslaufen . . .“, befürchtet Friseur Murat Yorganci (26) das Schlimmste.

Bürgersteig ist schon beschädigt

Der 26-Jährige hat durch sein Fenster den besten Blick auf das Geschehen und weiß: „Durch die Autos haben sich schon kleine Steine aus dem Bürgersteig gelockert, die Stadt war hier und hat sie wieder festgemacht.“ Die Stadt bestätigt, „dass einzelne Fahrzeuge über den Gehweg an der Schlange vorbeifahren. Das darf sicherlich nicht zum Dauerzustand werden.“

Was sie dagegen tun will? „Die Polizei ist für das Problem bereits sensibilisiert und wird ein wachsames Auge darauf haben.“