Witten. . Die neue Ambulanz im FEZ wurde offiziell eröffnet. Es gibt bereits viele Patienten – aber auch Widerstände: Niedergelassene Ärzte sind skeptisch.

Fünf Jahre Vorbereitungszeit, harte Verhandlungen und viel Überzeugungsarbeit hat es gebraucht. Jetzt ist die Universitätsambulanz feierlich eröffnet worden. Und schon drei Monate nachdem sie Ende November inoffiziell ihre Arbeit aufgenommen hat, kann man sagen: Das Angebot wird angenommen. Bis jetzt wurden über 1000 Patientenkontakte gezählt.

Bürgermeisterin lobt „hochkarätige Gesundheitseinrichtung“

Auch Bürgermeisterin Sonja Leidemann war zur Eröffnung gekommen. Sie lobte, dass die Bürger mit der Ambulanz eine „weitere hochkarätige Gesundheitseinrichtung“ bekommen.

Allen, die in der betrieblichen Wiedereingliederung tätig seien, wolle sie sagen: „Hier können Sie Ihren Kollegen etwas Gutes tun.“

Sie kommen aus Witten und den Nachbarstädten, aber auch aus Bremerhaven oder etwa Saarbrücken. Hoher Blutdruck, chronische Müdigkeit, Übergewicht, Rückenbeschwerden, Schuppenflechte: Das waren bislang die häufigsten Diagnosen, die die Ärzte gestellt haben. Behandelt wird ganz konventionell – aber nicht nur. „Wir machen hier Hausarztmedizin plus“, erklärt Ambulanzleiter Prof. Tobias Esch das Konzept.

„Ich glaube nicht an Alternativmedizin“

Naturheilkundliche Behandlungsmethoden, gesundheitsfördernde Strategien – Entspannung, Bewegung, Ernährungsumstellung – gehören dazu. Den Begriff „Alternativmedizin“ will Esch aber nicht hören. „Ich bin Wissenschaftler, ich glaube nicht an Alternativmedizin“, sagt er. Er glaube nur, dass es manchmal für den Patienten gute Alternativen gebe.

Mit kritischem Blick schauen die niedergelassenen Wittener Ärzte Dr. Arne Meinshausen, Dr. Frank Koch und Dr. Markus Knittel (v.l.) auf die Ambulanz.
Mit kritischem Blick schauen die niedergelassenen Wittener Ärzte Dr. Arne Meinshausen, Dr. Frank Koch und Dr. Markus Knittel (v.l.) auf die Ambulanz. © Jürgen Theobald

In der bisherigen GesundheitsVersorgung der Menschen werde zu viel auf das Kranke geschaut. Auch die praktische Ausbildung der Ärzte finde hauptsächlich in Krankenhäusern bei stationären Patienten statt. Dabei werde der ambulante Sektor immer wichtiger, so Uni-Präsident Prof. Butzlaff in seiner Rede. „Gesund sein und gesund bleiben.“ Dem wolle die Ambulanz mit dem neuen Modellstudiengang Rechnung tragen. „Wir wollen unsere Studierenden für die Allgemeinmedizin und die hausärztliche Versorgung stärker begeistern.“

Die Skepsis der Hausärzte war unüberhörbar

„Integrative Medizin“ – nicht gegen die konventionelle Medizin, sondern stattdessen mit ihr zusammen: Diesen Ansatz betonte ausdrücklich auch Professor Esch. Die Skepsis der niedergelassenen Hausärzte war dennoch auch auf der Eröffnung unüberhörbar. Es habe in der Ärzteschaft viele kritische Stimmen gegeben, gab Dr. Arne Meinshausen, Mitglied im Vorstand der Ärztlichen Qualitätsgemeinschaft Witten, in seinem Grußwort zu. Daher habe man sich schließlich auf folgende Eckpunkte geeinigt: Das hausärztliche Budget dürfe durch die Ambulanz nicht angegriffen werden, außerdem müsse die ganz klar kein Parallel-, sondern ein Zusatzangebot zu den niedergelassenen Ärzten bereithalten.

Prof. Dietrich Grönemeyer (Mitte) tröstete Prof. Tobias Esch (re.): Die Widerstände gegen die integrative Medizin seien schon früher riesig gewesen.
Prof. Dietrich Grönemeyer (Mitte) tröstete Prof. Tobias Esch (re.): Die Widerstände gegen die integrative Medizin seien schon früher riesig gewesen. © Jürgen Theobald

Kritische Stimmen unter seinen Kollegen gebe es zwar noch immer, aber bis jetzt seien alle Bedingungen eingehalten worden. Es sei ja okay, wenn die schwierigen Patienten, mit denen man nicht weiterkomme, in der Ambulanz mal was anderes ausprobieren wollten. Meinshausen frotzelnd zu Esch: „Und wenn die dann anschließend wieder zurück zu uns kommen, dann bleiben wir auch Freunde.“

Der „gläserne Arzt“ sei häufig nicht gewollt

Gegenwind bekommt die Ambulanz auch aus anderer Richtung. Die dort übliche Bereitstellung ihrer persönlichen Kranken-Akte im Netz, auf die die Patienten selbst zugreifen können, sei in der Ärzteschaft sehr umstritten. Der „gläserne Arzt“ sei nicht gewollt. „Es wird befürchtet, dass es dadurch zu mehr Klagen kommen könnte“, so Esch. Dabei habe sich in den USA gezeigt, dass das Gegenteil der Fall sei. „Das Verhältnis zwischen Arzt und Patient wird besser, vertrauensvoller.“ Er hofft, dass das Programm künftig nicht nur in der Uni Anwendung finden wird – und ist trotz aller Widerstände optimistisch: „Wir werden es schaffen.“

Die Öffnungszeiten der neuen Hochschulambulanz im Forschungs- und Entwicklungszentrum (FEZ) neben der Uni, Alfred-Herrhausen-Straße 44 sind: mo bis do 8-12.30, fr bis 12 Uhr, mo, mi, do 13.30 bis 17 Uhr, di 13.30 Uhr bis 18.30 Uhr.