Witten. . Auch Gastronom Robin Schmidt ärgern die von Jugendlichen verursachten Unruhen in Witten. Er hofft auf Hilfe, doch „keiner fühlt sich zuständig“.
Nachdem einige Geschäftsleute der Johannisstraße beklagt haben, dass sie sich durch eine Jugendbande bedroht fühlen, meldet sich auch der Betreiber des Ratskellers zu Wort. „Es ist immer wieder dieselbe Truppe von zehn bis 15 Jugendlichen, die für Krawalle, Bedrohungen, Sachbeschädigungen und Einbrüche bei uns verantwortlich ist“, sagt Robin Schmidt (25). Schon mehrfach habe er bei der Polizei deshalb als Zeuge ausgesagt.
Nicht erst seit Freitag sei das Problem bekannt. An jenem Abend hatte die Polizei jedoch vier Schüler festgenommen, die die Kasse in der Subway-Filiale am Rathausplatz gestohlen hatten.
Danach habe ein Zettel in der Tür des Fastfood-Restaurants gehangen, der Kunden mitteilte, dass der Laden nach dem nun dritten Überfall vorübergehend geschlossen sei, so Schmidt. Bei ihm sei ebenfalls mehrfach eingebrochen worden. „Mal wurden drei Flaschen Champagner geklaut, mal ein EC-Kartengerät oder Kleingeld.“
Chefin des Casa Cuba: „Im Sommer war es extrem“
Vor etwa einem Jahr habe er sich mit dem Betreiber des Subway zusammengesetzt, um eine Lösung für das Problem zu finden. Denn regelmäßig in den Nachmittag- und Abendstunden hätten die Jugendlichen schon damals für Unruhe rund um den Rathausplatz gesorgt. Das bestätigt auch die Chefin des Casa Cuba: „Im Sommer war es ganz extrem. Da haben immer viele Jugendliche hier rumgelungert und Gäste um Zigaretten angeschnorrt. Haben sie keine gekriegt, sind sie patzig geworden.“
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Zunächst habe er sich an die Stadt gewandt, sagt Robin Schmidt. Beim Ordnungsamt habe man ihm mitgeteilt, dass kein Personal für solche Fälle vorhanden sei. Vor drei Monaten suchte er das Gespräch mit Norbert Gärtner vom Referat der Bürgermeisterin. „Wir sind für die Sorgen und Nöte der Bürger ansprechbar und schon häufiger mit diesen Problemen konfrontiert worden. Das Thema öffentliche Sicherheit hat bei uns oberste Priorität“, sagt Gärtner heute.
Nur: „Bei akuter Kriminalität wie im vorliegenden Fall können und dürfen wir nicht aktiv tätig werden.“ Doch im Rahmen der so genannten Ordnungspartnerschaft mit der Polizei würde man nach Lösungsansätzen suchen.
„Ich bin soweit, dass ich die Polizei nicht mehr rufe“
Zwar will der Ratskeller-Chef niemanden an den Pranger stellen, doch die Polizei zu rufen, das bringe ihm inzwischen auch nichts mehr. Schließlich gehe die Randale trotzdem weiter. Bochums Sprecher Volker Schütte erklärt, warum der Eindruck, die Polizei tue nichts, falsch sei: „Wir nehmen Tatverdächtige fest und ermitteln. Dann geht eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft. Wir dürfen die Jugendlichen ja nicht einfach einsperren.“
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Über 100 laufende Verfahren gebe es im Fall des 15-jährigen Wetteraners, will Robin Schmidt bei einer Zeugenaussage erfahren haben. Oberstaatsanwalt Paul Jansen, Sprecher des Bochumer Justizzentrums, gibt zu bedenken, dass beim Jugendrecht eine ganze Reihe an Möglichkeiten bestehe, „damit sich Dinge nicht wiederholen“. Immer jedoch stehe der Erziehungsgedanke im Vordergrund. Jansen weiß auch: „In den Ohren der Geschädigten muss sich das wie Hohn anhören.“
14-jähriger Dieb erhält Hausverbot im Hauptbahnhof
Immer mehr Geschäftsleute und Gastronomen äußern sich zu der Bedrohung durch randalierende Jugendliche in der Stadt. Tatorte sind offenbar vor allem die Johannisstraße und der Rathausplatz. Doch auch am Hauptbahnhof ist das Problem bekannt. Besitzer Markus Bürger hat jüngst einem 14-jährigen Dieb Hausverbot für das Gebäude erteilt.
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Vor allem die Buchhandlung im Bahnhof sei seit langem betroffen. Immer wieder habe ein und derselbe Jugendliche dort etwas geklaut. Mittels der vorhandenen Videoüberwachung konnte der Täter identifiziert werden – ein 14-Jähriger aus Wetter und „stadtbekannt“. Nachdem er auch in der Pommesbude am Bahnhof Geld gestohlen habe, wobei er ebenfalls gefilmt werden konnte, sei das Hausverbot erfolgt. „Auch zum Schutz meiner Mieter“, so Bürger. Und „weil wir den jungen Menschen doch zeigen müssen, was geht und was nicht“.
Abends sind jetzt immer drei Mitarbeiter im Restaurant
Auch Ratskeller-Chef Robin Schmidt wünscht sich Konsequenzen für die oftmals betrunkenen Jugendlichen, deren „Faxen, Blödsinn und Vandalismus“ ihn in seiner Arbeit stark einschränke. So würden etwa die Geldbörsen der Kellner im laufenden Betrieb regelmäßig in den Tresor wandern.
Abends blieben jetzt immer mindestens drei Mitarbeiter im Restaurant. Ein zusätzliches Schloss hat Schmidt zur Sicherheit in eine Zwischentür einbauen lassen. Dass ihm gerade erst wieder Pflanzen aus den Blumenkübeln vor dem Ratskeller gerissen worden seien – ja, es seien manchmal nur Kleinigkeiten. „Aber das hält einen jeden Tag auf Trab.“
Schmidt ist fassungslos: „Wir fühlen uns im Stich gelassen. Ich verstehe nicht, dass es keiner schafft, diese Unruhen einzudämmen.“ Er habe zig Zeugenaussagen gemacht, kenne die Übeltäter mit Namen. „Trotzdem gibt es keine Handhabe?“ Er wolle ja keine Panik schüren, aber: „Was muss denn noch passieren?“