Witten. . Herbede hat keinen Weihnachtsmarkt, aber einen Glühweintreff. Der Erlös aus dem Verkauf wird gespendet – insgesamt schon über 40.000 Euro.
Werktags, es ist dunkel und draußen schüttet es. An jeder Weihnachtsmarktbude würde traurige Leere herrschen. Aber nicht in Herbede: Vorm und im „Glühweintreff“ pulsiert das Leben – denn dieser Punsch-Ausschank ist Kult. Seit 16 Jahren servieren einige Rentner in einer Holzhütte an der Meesmannstraße warme Getränke und Schmalzbrote für den guten Zweck. In Herbede betreiben sie so einen ganz familiären Eine-Bude-Weihnachtsmarkt.
Mal Kindergärten, mal Wasserretter
Prost! Am langen Tisch sitzen die Vormholzer „Gartenfreunde“ und stoßen an. „Im Sommer sehen wir uns immer in den Gärten, aber im Winter nie“, erzählt eine Frau am Tisch. „Deswegen treffen wir uns seit einigen Jahren hier.“ Sie schätzen die lockere Atmosphäre, die niedrigen Preise und dass der Erlös aus dem Glühweintreff von den Betreibern gespendet werden.
In 15 Jahren kamen bereits 40.000 Euro zusammen. Heinz Wissmann und Rolf Heyden geben das Geld an verschiedene Einrichtungen weiter – etwa an das Friedensdorf Oberhausen oder die beiden Herbeder Kindergärten. Im vergangenen Jahr bekam die Wasserretter der DLRG Geld für ein neues Fahrzeug. Und die Erträge steigen von Jahr zu Jahr.
Los ging es mit 430 Euro, 2017 waren es 6900 Euro – und das bei Glühweinpreisen zwischen 1 und 1,50 Euro pro Tasse. Es läuft offenbar gut. „Manchmal sind alle 200 Tassen in Benutzung, dann bekommt man erst ein Getränk, wenn einer die Tasse wieder abgibt“, erzählt Rolf Heyden. Dann holt er ein Brot aus der Plastikbox und beginnt zu schmieren. Fünf Schmalzbrote wurden bestellt.
Hinter der Theke erinnert der Treff an einen gut funktionierenden Männerhaushalt. „Unsere Frauen dürfen nichts machen, höchstens die Geschirrtücher waschen“, sagt Rolf Heyden. Andererseits haben die Ehefrauen auch den halben Winter über Ruhe vor ihren pensionierten Männern. Denn die sind täglich schwer beschäftigt.
Bunt geschmückte Holzhütte
Die Anfänge des Glühweintreffs fallen mit ihrem Rentenbeginn zusammen. „Wir sind alle Mitglieder im Schützenverein. Anfangs haben wir uns freitags zum Cappuccinotrinken getroffen“, erzählt Heinz Wissmann. Zusammen mit Rolf Heyden und den mittlerweile verstorbenen Herbedern Karsten Wischmann und Hans-Hugo Lückert „wollten wir was für Herbede unternehmen. Es sollte auf jeden Fall karitativ sein.“
Weil der Stadtteil keinen Weihnachtsmarkt hat, besorgte Karsten Wischmann eine Holzhütte. Holzland Wischmann ist bis heute einer der Hauptsponsoren. Mittlerweile gibt es ein großes Zelt, das von einem Innenausstatter dekoriert wird, es wurde ein Holzboden gebaut, mit grünem Teppich ausgelegt. Die Stadtschänke verleiht ihre Stühle, die Eisdiele die Tische, eine benachbarte Bank gibt Strom und Wasser. Liebevoll haben die Herren ihre Hütte dekoriert. Ganz wichtig ist eine große Kuhglocke, die läutet, sobald jemand eine Lokalrunde spendiert. An diesem Abend sicher nicht nur einmal.
>> INFO: Einbrecher zeigte Reue
Diese Geschichte ist in Herbede legendär: In der Silvesternacht 2016 war in den Glühweintreff eingebrochen worden. Unbekannte beschädigten den Heizpilz und nahmen eine elf Kilo schwere Gasflasche mit. Die Betreiber waren schwer enttäuscht und ihre Wut sprach sich herum.
Wenige Tage später war der Glaube an die Menschlichkeit wiederhergestellt: In seinem Briefkasten fand einer der vier Herbeder einen Brief mit der Aufschrift „Entschuldigung für Silvester“ – und innenliegend 150 Euro in bar. Der Einbrecher hatte Reue gezeigt.