witten. . Zwischen Krakauern und Schaschlik kommt Schaustellerin Dagmar Bonner auf einen Kaffee im Medienhaus vorbei. Es war ein sehr persönliches Gespräch.
Der rote Schal ist ihr Markenzeichen und sie kann ihn gut gebrauchen. Schließlich steht Dagmar Bonner (53) zurzeit jeden Tag zehn Stunden auf dem Weihnachtsmarkt in der Kälte und verkauft Krakauer. Aufwärmen konnte sich die Schaustellerin, die vor zwei Jahren plötzlich ihren Mann Christian – gerade 51 – verloren hatte, jetzt bei einem kurzen Besuch im Medienhaus. Dort trafen wir sie für unsere neue Serie „Auf einen Kaffee“ zu einem sehr persönlichen Gespräch über Trauer und Verlust.
Frau Bonner, Ihr Mann ist seit über zwei Jahren tot. Wie geht es Ihnen?
Es ist immer noch komisch. Er ist noch ganz präsent. Seine Jacke hängt noch über dem Stuhl im Esszimmer, wo er immer gesessen hat.
Als Schaustellerin sind Sie viele Tage im Jahr auf Achse. Ihr Mann starb ja auch nicht zuhause, sondern in einem Hotel. Blieb Ihnen danach eigentlich Zeit zum Trauern?
Was ist Trauer? Und wie macht sich das bemerkbar? Für mich steht die Zahl 111 für meine Trauer. Sie tröstet mich aber auch. Wir waren in Kassel in einem Hotel mit dieser Nummer. Dort ist er auch gestorben. Seitdem geht mir die Zahl nicht mehr aus dem Kopf. Irgendwann sagte dann eine Freundin von Debbie, meiner Tochter: Das ist doch das „Schock aus“ beim Knobeln. Mein Mann hat mit den Männern am Vorabend beim Ausschank immer geknobelt. Er war ja ein geselliger Mensch, weshalb ihn viele auch mochten. Jetzt freu ich mich immer, wenn ich irgendwo die 111 sehe.
Erinnern Sie sich in diesen Momenten an Ihren Mann?
Ja. Wenn ich die 111 sehe, ist er ganz nah bei mir und ich denke an ihn.
Was hat Ihnen in den ersten Monaten nach seinem Tod geholfen?
Die ersten Monate funktioniert man ja nur. Als Schaustellerin wirst du immer von den Männern beäugt. Im ersten Jahr kriegste noch Hilfe angeboten, im zweiten musst du schon allein klarkommen und zeigen, was du draufhast. Ich habe wieder in Karussells investiert. Das bringt eine Menge Respekt und Anerkennung. Man sieht: Sie schafft es. So ist es auch mit unserer neuen Hütte (Anm. d. Red.: dem Feuerkessel auf dem Berliner Platz). Das hätte mein Mann auch so gemacht.
Ihre Tochter und ihr Schwiegersohn sind mit im Geschäft. Hat sich an Ihrem Verhältnis oder der Art der Zusammenarbeit etwas geändert?
Es ist noch intensiver geworden. Wir sind zum starken Dreierteam zusammengewachsen. Thomas erledigt das Handwerkliche und organisiert auch das mit den Karussells 1a.
Sie sind aber noch die Chefin?
Es wird schon viel zu dritt gesprochen. Ich habe das Finanzielle im Auge. Über die Winterkirmes in Crange haben wir zum Beispiel hitzig diskutiert, ob wir mitmachen. Wir waren uns am Ende einig, dass wir müssen. Wenn es ein Erfolg ist, kommste hinterher sonst nicht mehr rein. Das Risiko muss man eingehen. Die Platzmiete ist fünfstellig, im höheren Bereich.
Fällt man am 23. Dezember eigentlich in ein Loch, wenn der Weihnachtsmarkt vorbei ist. Oder freuen Sie sich privat noch aufs Fest?
Eigentlich geht es immer gleich weiter. Dann kommen die ganzen Verträge, die unterschrieben werden müssen. Heiligabend lege ich darauf Wert, dass wir am Tisch zusammensitzen und Gans mit Rotkohl essen.
Was wünschen Sie sich?
Wir beschenken uns nicht. Weihnachten ist für mich das Zusammensein. Und am ersten Feiertag geht’s schon wieder nach Crange.