Witten. . Maren Lewerenz, neue Chefin der für den EN-Kreis zuständigen Agentur für Arbeit Hagen, setzt auf Ausbildung. Denn Firmen suchen Fachkräfte.

Maren Lewerenz ist seit drei Monaten die neue Chefin der Agentur für Arbeit Hagen, die auch für Witten und den EN-Kreis zuständig ist. Die gebürtige Hamburgerin löste als Vorsitzende der Geschäftsführung Marcus Weichert ab, der als Agenturchef nach Bergisch Gladbach wechselte. Wir sprachen mit der Diplom-Verwaltungswirtin (51), die zuletzt bei der Zentrale der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg für den Fachbereich Berufliche Rehabilitation zuständig war, über die erfreuliche Entwicklung der Arbeitslosenzahlen im Kreis, den Fachkräftemangel und den Stellenwert lebenslangen Lernens.


Sie sind aus der Zentrale der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg nach Hagen gewechselt. Leben Sie jetzt auch privat in Hagen?
Maren Lewerenz: Ja, mein Zweitwohnsitz ist in Hagen, der Erstwohnsitz ist Nürnberg, wo auch mein Mann lebt. Am Wochenende pendeln wir zwischen den Städten oder fahren zur Familie nach Hamburg. Was mir gut gefällt: Von Hagen aus ist es nicht weit zur Nordsee. Außerdem hat man in Hagen das Sauerland vor der Tür.

Gibt es etwas, das Sie erstaunt hat, als Sie an Ruhr und Lenne kamen?
Erstaunlich finde ich in Witten und im Kreis die Dichte der Traditionsunternehmen mit einer zum Teil weltweiten Vermarktung ihrer Produkte. Das hat mich beeindruckt. In den Gesprächen mit Unternehmensvertretern sind die Themen „Demografischer Wandel“, „Digitalisierung“ und „Fachkräftemangel“ als große Herausforderungen immer präsent. Erfreulich ist in diesem Zusammenhang die hohe Ausbildungsbereitschaft der Firmen.

Für was ist Ihre Agentur für Arbeit in Hagen zuständig?
Ich habe rund 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir sind als Agentur zuständig für die Stadt Hagen und die neun Städte des Ennepe-Ruhr-Kreises. Das Jobcenter im Kreis wird in alleiniger Trägerschaft des Ennepe-Ruhr-Kreises geführt.

Maren Lewerenz beim Redaktionsbesuch. Arbeitssuchende profitierten von der guten Konjunktur, so die Arbeitsagenturchefin.Foto: Barbara Zabka / FUNKE Foto Services Sie sprechen bei den Septemberzahlen der Agentur für Arbeit von einer Herbstbelebung des Arbeitsmarktes. Ende September waren im EN-Kreis 9764 Männer und Frauen arbeitslos gemeldet – drei Prozent weniger als im August. Wie sehen Sie die aktuelle Entwicklung?
Die Entwicklung ist sehr erfreulich. Im September 2017 gab es im Kreis fast 900 Arbeitslose mehr. Für den Geschäftsstellenbezirk Witten, der Witten, Wetter und Herdecke umfasst, ging die Zahl der Erwerbslosen um 568 zurück. 4657 Menschen sind hier derzeit arbeitslos gemeldet. Die Arbeitslosenquote in Witten liegt bei 6 Prozent, vor einem Jahr lag sie bei 6,8 Prozent.

Was sind die Gründe für die doch recht positive Entwicklung?
Das sind die Herbstbelebung des Arbeitsmarktes und der steigende Bedarf an Arbeitskräften. Im Kreis und speziell in Witten hat die Nachfrage nach Arbeitskräften deutlich zugelegt. EN-weit waren im September 767 freie Stellen gemeldet, 88 mehr als im August. 404 freie Stellen entfielen hiervon auf Witten, also mehr als die Hälfte! Arbeitssuchende profitieren von der schon lange anhaltenden guten konjunkturellen Lage und der Wirtschaftskraft im Ennepe-Ruhr-Kreis.

Was sind die derzeitigen Boom-Branchen im Kreis?
Der Bereich Lager/Logistik, der Bereich Metallverarbeitung und zunehmend auch der Bereich Gesundheit und Pflege.

Dank der guten Konjunktur haben qualifizierte Arbeitskräfte im EN-Kreis gute Chancen, schnell einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Foto: Andreas Arnold/dpa Stichwort Fachkräftemangel. Wie engagiert sich die Agentur für Arbeit in dieser Frage?
Zunächst: Wir merken den Fachkräftemangel in der Agentur daran, wie lange es dauert, uns als frei gemeldete Arbeitsstellen neu zu besetzen. Da haben wir von 2015 bis 2017 eine Zunahme der Vermittlungsdauer von Fachkräften im Schnitt von 75 auf 105 Tage. Eine bundesweite Qualifzierungsoffensive soll es ermöglichen, dass unsere Kundinnen und Kunden, die über keinen Berufsabschluss verfügen, diesen nachholen können, gefördert über die Arbeitsagentur. Gleiches gilt für Anpassungsqualifizierungen. (Anm.d.Red.: Dabei werden berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten aufgefrischt oder an neue berufliche Anforderungen angepasst). Wir setzen auf nachhaltige Beschäftigungen. Dafür sind eine gute Ausbildung und die Bereitschaft zu lebenslangem Lernen die besten Grundlagen.

Wie vielen Arbeitslosen im Kreis fehlt eine berufliche Qualifizierung?
50 Prozent der Menschen, die bei uns als arbeitssuchend gemeldet sind, haben eine Qualifikation, die andere Hälfte nicht. Sie haben zum Beispiel keinen Schulabschluss und/oder keine Berufsausbildung. Bei den Kunden des Jobcenters, also Hartz-IV-Empfängern, würde ich schätzen, dass 70 Prozent schlechter und 30 Prozent besser qualifiziert sind.

Ziehen Arbeitslose gerne mit, wenn es um eine Aus- oder eine Weiterbildung geht?
Einen Berufsabschluss nachzuholen, das bedeutet Anstrengung, aber auch Anerkennung. Es gibt Veränderungen im familiären Alltag. Eine Qualifizierung kann auch finanzielle Einschränkungen bedeuten. Ein Beispiel: Die Löhne für Helfer-Tätigkeiten in einigen Branchen im EN-Kreis sind fast genauso hoch wie manche Einstiegslöhne für Fachkräfte! Man muss mit Betroffenen darüber sprechen, dass es Sinn macht, sich zu qualifizieren. Dies bedeutet viel Beratung. Der Erfolg hängt auch von der guten Arbeit der Träger für Ausbildungs- und Weiterbildungsmaßnahmen ab.

Unterstützt Ihre Agentur auch Menschen, die in Betrieben Helfertätigkeiten ausüben und sich für einen Berufsabschluss interessieren?
Ja. Über unser Programm „Weiterbildung von Beschäftigten“, kurz „Wegebau“ genannt, gibt es gute Möglichkeiten, diese Mitarbeiter im Betrieb zu qualifizieren und zu Fachkräften zu machen. Die Agentur für Arbeit bietet hierfür verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten an. Ich würde mir wünschen, dass dieses gute Programm im EN-Kreis noch stärker in Anspruch genommen wird. Je besser Mitarbeiter auf neue Anforderungen vorbereitet sind, umso besser für das Unternehmen. Mir ist bewusst, dass dieses bei guter Auftragslage immer eine Herausforderung darstellt. Denn gut eingearbeitetes Personal muss für die Qualifizierung freigestellt werden. Aber es lohnt sich. Ansprechpartner sind hier die Kollegen des Arbeitgeberservices der Arbeitsagentur.

Sie machen sich im EN-Kreis für die Einrichtung einer Jugendberufsagentur stark, die es in Hagen schon gibt. Um was für ein Angebot handelt es sich da?
Für die Beratung, Förderung und Integration in Arbeit und Ausbildung junger Menschen unter 25 Jahren sind drei Einrichtungen verantwortlich: die Agenturen für Arbeit, die Jobcenter und die Träger der Jugendhilfe. In Jugendberufsagenturen arbeiten diese drei Kooperationspartner eng zusammen. In Hagen sitzen alle in einem Gebäude, damit Jugendliche, die Beratung für ihre Ausbildung benötigen, kurze Wege haben. Dies ist insbesondere ein Angebot für Jugendliche, die beim Thema Ausbildung eine engere Begleitung benötigen. Bei der Jugendberufsagentur gibt es alles – von der Berufsberatung über die unterschiedlichen Hilfs- und Förderangebote bis hin zu einer Begleitung während einer Ausbildung. Außerdem gibt es eine sehr enge Zusammenarbeit mit den Schulen. So etwas würde ich mir auch für den EN-Kreis wünschen.

Sie sind da ja schon im Kontakt mit der Stadt Witten.
Ja, die Wittener Bürgermeisterin, Sonja Leidemann, möchte sich im November die Hagener Jugendberufsagentur anschauen. Übrigens: Bis Januar 2017 sind in ganz Deutschland schon 289 Jugendberufsagenturen eingerichtet worden. Beteiligt waren daran schon über 90 Prozent der Agenturen für Arbeit bundesweit und über 70 Prozent aller Jobcenter.

>>> BERUFLICHER WEG FÜHRTE HANSEATIN NACH NÜRNBERG

Maren Lewerenz wurde in Hamburg geboren. In der Hansestadt war die heute 51-jährige Diplom-Verwaltungswirtin bei der Agentur für Arbeit 15 Jahre als Vermittlerin und Beraterin tätig. 2002 wechselte sie zur Zentrale der Bundesagentur für Arbeit nach Nürnberg.

2012 und 2013 war Lewerenz stellvertretende Geschäftsführerin des Jobcenters München. Danach ging sie zurück nach Nürnberg, wo sie bis 2017 für den Bereich Beteiligungsmanagement verantwortlich war, zuletzt für den Bereich Berufliche Rehabilitation.