Wittens Altbürgermeister Lohmann dem Bergbau tief verbunden
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Witten. . Klaus Lohmann verließ als junger Mann die Schule, um als Kumpel auf der Zeche Mansfeld zu arbeiten. Später wurde er Wittens Oberbürgermeister.
Historische Grubenlampen, eine Mineraliensammlung, Bergmannskluft – wer Wittens Alt-Bürgermeister Klaus Lohmann zuhause in Annen besucht, sieht: Dieser Mann ist dem Bergbau tief verbunden. Schon familiär – denn sein Großvater Wilhelm väterlicherseits ernährte seine Familie mit seiner Arbeit als Wettersteiger auf der ehemaligen Zeche Holstein in Asseln, heute ein Stadtteil von Dortmund. Sein Enkel Klaus hat für die Liebe zum Grubengold sogar aufs Abitur verzichtet, verließ die Oberschule für Jungen, „das heutige Ruhr-Gymnasium“, um einzufahren.
Und das kam so: „Wir Wittener Schüler waren zu einer Lehrfahrt auf die Zeche Mansfeld in Langendreer eingeladen worden. Die Zechen versuchten damals, Nachwuchs von den Schulen zu bekommen“, erzählt der 82-Jährige. Als er und seine Klassenkameraden nach der Grubenfahrt wieder das Tageslicht erblickten, hätten die anderen gesagt: „Gut, dass wir da wieder raus sind.“ Ihn hingegen habe die Welt unter Tage fasziniert.
„Für mich stand sofort fest: Ich fange hier an!“ Mit der Untersekunda (10. Klasse) ließ Lohmann die Schule hinter sich. Und bekam hierfür den Segen des Vaters, der Grundschullehrer in Witten war, auch Konrektor der Borbachschule. „Er sagte zu mir: Mein Junge, das ist ein toller Entschluss.“
Täglich in der Früh mit dem Bus nach Langendreer
Ab 1954 ging es dann täglich von Witten aus um fünf Uhr früh mit dem Bus nach Langendreer. Auf Mansfeld begann Lohmann als Bergjungmann. Lachend erinnert er sich an seinen ersten „Chef“ unter Tage – „Püttmann Schröder“. „Der sagte immer zu mir: Schepp, schepp, Du Knochen. Ich sollte also schneller schaufeln.“ Auf der Zeche blieb er bis 1960, absolvierte die Bergvorschule in Witten, dann die Bergschule in Dortmund und war dann Bergbauingenieur.
Mit Blick auf die Schließung der letzten Zeche im Ruhrgebiet, Prosper Haniel in Bottrop, Ende des Jahres, sagt Klaus Lohmann, dass schon in den 50er-Jahren auf der Zeche Mansfeld Personal abgebaut worden sei. „1955 arbeiteten dort noch über 2800 Bergleute, 1960 waren es noch 2170.“ Am 31. März 1963 wurde das Steinkohlebergwerk stillgelegt.
Tödlicher Unfall auf Minister Achenbach
Klaus Lohmann wechselte 1960 zur Zeche Minister Achenbach nach Lünen-Brambauer. Auch ein Bergwerk, das einem Stadtteil seinen Stempel aufdrückte – bis zur letzten Schicht 1992. Lohmann war dort als Grubensteiger tätig, „außerdem war ich stellvertretender Angestelltenvertreter im Betriebsrat“. Ein Kumpel, der sich schon früh politisch – für die SPD – und auch gewerkschaftlich engagierte. „Vor Ort habe ich damals mit einem Lautsprecherwagen Wahlkampf für Heinrich Czerwinski gemacht.“ Der Sozialdemokrat sei dann auch Lünens Oberbürgermeister geworden.
Erinnerungen an den Bergbau im Ruhrgebiet
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Lohmanns Arbeitsplatz in Brambauer in fast 1000 Metern Tiefe hätte ihn fast das Leben gekostet. „Es gab dort einen Rutschenmeister, der stand an einem Tag einen Meter neben mir.“ Bei einem Arbeitsunfall, „eine Hobelkette war gerissen“, sei der Mann so am Kopf getroffen worden, dass er sofort tot gewesen sei. „Das Aggregat hätte ich auch abbekommen können.“ Auch die Zeche Minister Achenbach hätte über die Jahre immer weniger Kumpel beschäftigt. „Unter Tage wurde halt mechanisiert.“
960 habe es auf dem Steinkohlebergwerk noch rund 6000 Bergleute gegeben, „1965 waren es noch etwas über 4800“. Bundesweite Schlagzeilen machte die Zeche, als dort im Oktober 1968 17 Bergleute durch eine Schlagwetter-Explosion zu Tode kamen.
Letzte Schicht im Jahr 1965 auf Minster Achenbach
Klaus Lohmann hatte 1965 seine letzte Schicht auf Minister Achenbach. Er wechselte in die Politik. Sein älterer Halbbruder Karl Garbe, damals beim SPD-Parteivorstand in Bonn als Leiter der Öffentlichkeitsarbeit tätig, habe einen engen Kontakt zu Herbert Wehner gehabt und ein gutes Wort für ihn eingelegt. Er habe an einem neunmonatigen Seminar der Friedrich-Ebert-Stiftung teilnehmen können.
„Mein Bruder hatte Wehner gesagt, dass ich bislang als Steiger unter Tage gearbeitet hatte.“ Wehner habe entgegnet: „Da haben wir ja einen, der arbeiten kann.“ Der Beginn einer SPD-Parteikarriere – seit 1970 war Lohmann Mitglied des Wittener Rates, 1978 bis 1983 Oberbürgermeister der Stadt, 1989 bis 1999 Bürgermeister und von 1999 bis 2004 Hauptamtlicher Bürgermeister Wittens – von 1983 bis 1998 auch Mitglied des Deutschen Bundestages.
Für die Bergbaugeschichte macht sich der Annener auch noch mit 82 stark – als Vorsitzender des Fördervereins Bergbauhistorischer Stätten Ruhrrevier e.V. , der 13 Arbeitskreise im Revier hat, davon einen in Witten, der sich regelmäßig im Zechenhaus Herberholz trifft.
Der Verein betreut den neun Kilometer langen Bergbauwanderweg durch das Muttental, der als ein im Ruhrgebiet einzigartiges Freilichtmuseum an die Anfänge der Steinkohlengewinnung erinnert. „In Witten wurde vor 440 Jahren die erste Kohle aber nicht im Muttental, sondern auf dem Helenenberg entdeckt“, weiß Klaus Lohmann. Der hinzufügt: „Im heutigen Dortmund-Schüren entdeckte man schon vor über 800 Jahren Kohle.“
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