Witten. . Ab sofort werden es Kinder aus Sprockhövel, Wetter oder Herdecke schwer haben, eine Wittener Schule zu besuchen. Es gilt: „Wittener first“.

Witten macht ernst: Seit Jahren nehmen die Gesamtschulen und die Bommeraner Realschule ortsfremde Kinder auf – und lehnen Wittener ab. Ein neues Anmeldeverfahren mit einer Zweitwunschoption und ein anderer Schulbezirks-Zuschnitt für Bommern sollen nun dafür sorgen, dass fortan gilt: „Witten first“.

Die Kritik an der „Willkür“ der Schulleiter bei der Auswahl ihrer Schüler gibt es seit Jahren. Im letzten Jahr aber spitzte sich die Situation zu. Die Holzkamp-Gesamtschule nahm bei 135 Plätzen 21 Kinder aus Herdecke auf, wies aber 58 Wittener Kinder ab. Die Hardenstein-Gesamtschule in Vormholz dagegen „füllte“ ihre verfügbaren Plätze mit 27 ortsfremden Schülern auf, meist aus Sprockhövel. Und ein Bommeraner Viertklässler kann nicht auf die Helene-Lohmann-Realschule vor seiner Haustür wechseln, weil Kinder aus Wengern bevorzugt wurden. 556 ortsfremde Kinder besuchen aktuell Wittener Schulen.

Stadt sichert „Wunschschulform“ zu

Abgesegnet durch die Bezirksregierung Arnsberg kann Witten nun ein Zweitwunschverfahren einführen. „Wir können zwar den Wittenern nicht immer ihre Wunschschule, aber zumindest ihre Wunschschulform zusichern“, so Schuldezernent Frank Schweppe.

Die Anmeldungen finden von nun an gleichzeitig vom 16. bis 22. Februar statt – bislang hatten die Gesamtschulen einen Vorlauf. Künftig werden ortsfremde Kinder erst einmal zurückgestellt. Wittener Eltern geben im Anmeldebogen einen Erst- und Zweitwunsch an. Wenn eine Schule voll ist, werden die abgewiesenen Kinder in einem Zweitbesetzungsverfahren, das am 2. und 5. März stattfindet, innerhalb Wittens verteilt.

Erst wenn alle Kinder untergebracht sind, also ab 9. März, können verfügbare Plätze mit ortsfremden Kindern aufgefüllt werden. Wer an der Holzkamp-Gesamtschule abgewiesen wird, kann zum Beispiel zur Hardenstein gehen. Oft fanden Eltern nach einer Holzkamp-Ablehnung nur einen Platz an einer Hauptschule.

Drittelparität an Gesamtschulen ist kein „Muss“

Einige Kriterien der Schulen verlieren an Wert – etwa der Geschwisterkindbonus oder die Drittelparität, nach der ein Mix aus Schülern mit Haupt-, Realschul- oder gymnasialer Empfehlung ausgewählt wird. Mit diesen Argumenten bekamen gute Schüler aus Herdecke oder Sprockhövel oft einen Platz in Witten.

Neuer Schuleinzugsbereich für Bommern

Streit um die Aufnahme in die Helene-Lohmann-Realschule gab es auch regelmäßig in Bommern. Weil Wetter seine Realschule geschlossen und zu einer Sekundarschule umgewandelt hat, fuhren viele Wetteraner über die Stadtgrenze. Dass sie einen Platz erhielten, Bommeraner Kinder aber nicht, sorgte für Unmut.

Beliebt: die Helene-Lohmann-Realschule in Bommern.
Beliebt: die Helene-Lohmann-Realschule in Bommern.

Nun hat die Stadt Witten ihre Schuleinzugsbereich vergrößert. Kinder, die auf Wittener Stadtgebiet südlich der Ruhr wohnen – also in Bommern, Herbede und den Hölzern –, werden vorrangig aufgenommen. Dennoch, versichert Schuldezernent Frank Schweppe, bleiben weiterhin einige Plätze für Kinder aus anderen Stadtteilen und Nachbarstädten.

Diese werden zunächst für Geschwisterkinder vorgehalten. „Auf lange Sicht wird es jedoch keine Geschwisterkinder aus anderen Stadtteilen mehr geben.“ Wetteraner Kinder könnten aber an anderen Wittener Realschulen aufgenommen werden. „Wir wollen nicht ausgrenzen, nur steuern.“

Aufnahme von Sprockhövelern in Hardenstein wird schwierig

Bei Eltern vor allem aus Nachbarstädten wird die „Witten first“-Haltung für große Aufregung sorgen. So war es zum Beispiel in Niedersprockhövel gängig, die Hardenstein-Gesamtschule mit ihrem guten Ruf zu wählen und nicht die Kreis-Gesamtschule in Haßlinghausen. „Wir wollen die Gemeinden wachrütteln, die ihre Schulen schließen und die Infrastruktur der Nachbarstadt nutzen“, sagt Schweppe. Das wirke zwar unfreundlich, aber man müsse auch die klamme Haushaltslage Wittens sehen. Jedes auswärtige Kind, das in Witten beschult werde, koste 1500 Euro im Jahr. „Die Wittener zahlen eine so hohe Grundsteuer. Da müssen wir auch den Wünschen der Wittener Eltern entgegenkommen.“

Verträge mit Nachbarkommunen bei Förderschülern

In anderen Schulform – etwa bei den Förderschulen – gäbe es einen Vertrag mit den Nachbarkommunen. Wetter und Herdecke, das seine Förderschule geschlossen hat, beteiligen sich finanziell an der Beschulung ihrer Kinder in Witten.

Bis zu den Osterferien sollen alle Viertklässler wissen, auf welche Wittener Schule sie künftig gehen können. Das neue Anmeldeverfahren möchte die Verwaltung im Mai nochmals überprüfen.