Witten. Er hat keine 1000 Euro erbeutet. Doch für drei Überfälle auf dasselbe Dessousgeschäft wandert ein 58-Jähriger jetzt drei Jahre ins Gefängnis.
Große Aufregung herrschte im September bei Hunkemöller. Damals wurde das Dessousgeschäft auf der oberen Bahnhofstraße gleich dreimal überfallen. Dem Landgericht Bochum genügte am Mittwoch ein Tag, um dem Täter den Prozess wegen räuberischer Erpressung zu machen. Er muss für drei Jahre ins Gefängnis.
„Geld raus, ich bin bewaffnet!“ Mit diesen Worten hatte der 58-Jährige die Verkäuferinnen zur Herausgabe der Einnahmen gezwungen. Am 28. September, nach dem dritten Überall, wurde er schließlich auf der Bahnhofstraße festgenommen. „Ich bin froh, dass es vorbei ist“, sagte der Täter damals und gab sofort alle Taten zu. Auch vor Gericht war er voll geständig.
Nach Schlaganfall Job und Wohnung verloren
Er habe die Taten aus einer finanziellen Notlage heraus begangen. Der Mann war damals wohnungslos und befand sich in einer Lebenskrise. Nach einem Schlaganfall zu 70 Prozent schwerbehindert, hatte er Job und Bleibe verloren. Er lebte in einer billigen Pension in Witten und brauchte Geld, um die Unterkunft und sein Essen zu bezahlen. So kam es zum ersten Überfall.
Damals, am 15. September, erbeutete er 170 Euro, eine Woche später 290 Euro und beim letzten Mal 380 Euro. Die Opfer leiden noch heute unter den Taten.Sie berichteten von Albträumen und Schlafstörungen. Eine Angestellte brauchte psychologische Unterstützung. Im Job kann sie heute nicht mehr mit Geld zu tun haben.
„Ich stand unter Schock und habe geweint“, erinnerte sich eine 20-jährige Aushilfsverkäuferin an die direkten Auswirkungen der Tat. Sie wurde gleich zweimal Opfer. Beim letzten Überfall hatte sie aber den Mut, dem Räuber hinterherzulaufen. Zwei Passanten, die sie um Hilfe rief, konnten den Täter festhalten, bis die Polizei eintraf.
Angeklagter: „Eigentlich eine Spontantat“
Warum der Mann dreimal hintereinander in 14 Tagen die Filiale heimgesucht hatte, konnte er vor Gericht nicht erklären. Eigentlich sei es beim ersten Mal eine Spontantat gewesen, die er später einfach wiederholt habe. Er zeigte Reue und entschuldigte sich bei seinen Opfern.
Hätte es sich bei der Überfallserie um eine einmalige Tat gehandelt, die aus einer Krisensituation heraus entstand, hätte das Gericht eine Bewährungsstrafe erwogen, so der Vorsitzende Richter Carsten Schwadrat. Aber der Angeklagte sei bereits mehrfach wegen Eigentumsdelikten vorbestraft und habe sogar eine dreijährige Haftstrafe wegen Bankraubs verbüßt. „Das sieht aus, als seien Sie unbelehrbar“, sagte der Richter – zumal er zum Zeitpunkt der Raubüberfälle noch auf Bewährung war..
Richter: „Wir wollen Sie nicht vor die Tür setzen“
Das Gericht blieb im unteren Bereich des möglichen Strafmaßes und verurteilte den Mann zu drei Jahren Haft. Der Haftbefehl blieb aufrechterhalten. „Wir wollen Sie in dieser Situation nicht vor die Tür setzen, weil sie derzeit keine Bleibe und keine Perspektive haben“, sagte der Richter. Die Aussetzung seiner früheren Strafe zur Bewährung wird wohl widerrufen. Deshalbmuss der Mann weitere sieben Monate im Gefängnis absitzen.