Witten. . Obwohl im Rettungsdienst Fehlbeträge in Millionenhöhe entstanden, bleiben Patienten von Kosten verschont. Denn Kreis und Kassen verhandeln.

  • Im Rettungsdienst entstanden Fehlbeträge von neun Millionen Euro
  • Dennoch bleiben Patienten weiterhin von Kosten verschont
  • Denn EN-Kreis und Kassen verhandeln über Ausgleich des enormen Defizits

Der EN-Kreis hat wie bereits berichtet in den letzten zwölf Jahren rund neun Millionen Euro zu wenig Gebühren für den Rettungsdienst erhoben.

Er will die Fehlbeträge über höhere Gebühren ab 2018 wieder reinholen und verhandelt bereits mit den Krankenkassen. „Aber auch künftig muss kein Bürger befürchten, für den Einsatz von Rettungswagen oder Notarzt selbst zahlen zu müssen“, betont Kreissprecher Ingo Niemann.

Verhandlungen werden andauern

Das hätte allerdings passieren können, wenn die Kreisverwaltung die fehlenden neun Millionen direkt und ohne umfangreiche Erörterung mit den Kassen auf die Gebühren aufgeschlagen hätte. Dann nämlich hätten die Kassen im Gegenzug das Recht gehabt, Festbeträge zu beschließen. Fielen die beispielsweise für einen Rettungsdiensteinsatz niedriger aus als die vom Kreis verschickten Gebührenbescheide, dann bliebe der betroffene Bürger auf den Differenzkosten sitzen.

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Aber diese Gefahr besteht nun nicht, weil der Kreis den Krankenkassen vor der Entgeltfestsetzung ausreichend Gelegenheit zur Erörterung gibt. Die Verhandlungen werden andauern, weil die Kassen in den Gesprächen rechtlichen Klärungsbedarf signalisiert hätten, so Ingo Niemann. Die Kreisverwaltung plant eine entsprechende Vorlage für die Sitzung des Kreistages im März. Unabhängig davon bleiben die Rettungsdienstgebühren auf der Tagesordnung des Kreisausschusses am Montag (4. 12.).

Bescheide mussten nachträglich geändert werden

Der EN-Kreis hatte im Jahr 2005 die Abrechnung von Leistungen für Rettungsdienst und Krankentransport an die Stadt Witten übertragen. Seitdem verschickten die Wittener die Rechnungen an die Krankenkassen, kontrollierten die Zahlungseingänge und informierten die Kreisverwaltung monatlich unter anderem darüber, welche Einnahmen aufgrund neuer Gebührenbescheide zu erwarten sind.

Das System funktionierte an einer Stelle nicht: bei Bescheiden, die nachträglich geändert werden mussten. Es müssen Tausende dieser Fälle gewesen sein, um auf neun Millionen Euro Defizit zu kommen. Diese Unterdeckung sei beim Kreis über Jahre nicht aufgefallen, obwohl seitens der Stadt Witten mehrfach auf das Missverhältnis hingewiesen worden sei, heißt es in der Tagungsvorlage. Erst als jetzt der Fehlbetrag so unübersehbar groß war, ging die Kreisverwaltung der Sache auf den Grund.

Die Verwaltung nimmt das hausinterne Rechnungsprüfungsamt in Schutz. Es sei bei der gesplitteten Abwicklung der Gebührenerhebung „sehr schwierig“ gewesen, Fehler zu erkennen. Doch bleibt die Frage, warum trotz mehrfacher Hinweise niemand den Sachverhalt prüfte.

Ab 2018 übernimmt der Kreis die Abrechnung der Rettungsdienstgebühren selbst. Die Stadt Witten hat den Vertrag nämlich gekündigt. „Aber nicht wegen der Millionen-Differenz“, betont der Kreissprecher.

>>> INFO: Fünf Notärzte und zwölf Rettungswagen

Die fünf Notärzte des EN-Rettungsdienstes sind in Witten, Hattingen, Herdecke und Schwelm (2) stationiert. Die zwölf Rettungswagen in allen neun Kreisstädten.

  • Die Einsätze werden von der Leitstelle im Schwelmer Kreishaus koordiniert (Notrufnummer 112). 2016 waren die Rettungswagen in 24 600 Fällen, mit Notarzt 10 500 mal im Einsatz.