Witten. Ein Familienvater soll sich des langjährigen Missbrauchs an seiner älteren Tochter schuldig gemacht haben. Auch die jüngere zählt zu den Opfern.
- Mann soll sich jahrelang an der älteren Tochter vergangen und die jüngere unsittlich berührt haben
- Dabei hätten sie ein gutes Verhältnis gehabt, „ich war ein Papa-Kind“, sagte eines der Opfer aus
- 61-Jähriger räumt zum Prozessauftakt am Mittwoch vor dem Landgericht Bochum Vorwürfe ein
Jahrelang soll ein heute 61-jähriger Mann aus Witten seine Tochter missbraucht haben. Wegen Missbrauch von Kindern und Beischlaf zwischen Verwandten sitzt er seit Mittwoch auf der Anklagebank vor dem Landgericht Bochum.
Ihm wird vorgeworfen, am 31. Dezember 2007 seine damals minderjährige Tochter im Intimbereich angefasst zu haben. Außerdem soll er seine ältere Tochter seit ihrem 17. Lebensjahr missbraucht haben. Zum Auftakt des Strafprozesses ließ er über seinen Verteidiger mitteilen, dass er die Vorwürfe einräumt und später eine Erklärung abgeben werde.
Angeklagter ist gehörlos
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Der grauhaarige Mann ist gehörlos. Gebärdendolmetscher übersetzen die Verhandlung. Das Gericht hörte am Mittwoch die heute 29 Jahre alte Tochter an. „Eigentlich hatten wir ein gutes Verhältnis, ich war ein Papa-Kind“, erklärte sie den Richtern. Häufig hätte sie mit ihrem Vater Mensch-ärger-dich-nicht gespielt. Gelitten habe sie unter den zahlreichen Umzügen der Familie.
Ihre Mutter ist hochgradig schwerhörig, so dass zuhause meist mit Gebärdensprache kommuniziert wurde. Ab dem 14. Lebensjahr habe sie viel Verantwortung übernehmen müssen. Mit dem ersten Übergriff änderte sich das Verhältnis zu ihrem Vater radikal. „Er war nachts in mein Zimmer gekommen, hatte sich zu mir ins Bett gelegt und mich geweckt. Dann hat er mit mir geschlafen.“
„Ich wollte die Familie zusammenhalten“
Sie habe versucht, sich zu wehren, aber hatte überhaupt nicht damit gerechnet. „Ich war schockiert, wollte aber die Familie zusammenhalten und habe meiner Mutter nichts erzählt“, sagte die junge Frau. Aus Angst habe sie auch ihren Vater nicht auf die Übergriffe angesprochen. In der Folge sei es immer wieder zum Missbrauch gekommen - neun Jahre lang.
Zwei- bis drei mal im Monat sei ihr Vater nachts in ihr Bett gekommen. Nach dem Abitur war die junge Frau für anderthalb Jahre als Au-pair-Mädchen ins Ausland gegangen. Nach ihrer Rückkehr gingen die sexuellen Übergriffe weiter. Die Mutter und die jüngere Tochter waren damals bereits ausgezogen und das Opfer lebte alleine mit ihrem Vater in einer 2,5-Zimmer-Wohnung.
Zusammen im Doppelbett geschlafen
„Wir schliefen zusammen im Doppelbett im Schlafzimmer“, erzählte die als Zeugin geladene Frau vor Gericht. „Für eine damals 21-jährige Frau ist so ein Verhalten ungewöhnlich“, merkte die Vorsitzende Richterin Isabell Hoffmann an. Sie habe nicht gewusst wohin und an wen sie sich wenden könnte, erklärte die junge Frau. In der Folge kam es ihren Angaben zufolge zu ständigen Übergriffen.
„Es kam mehrmals in der Woche zum Geschlechtsverkehr. Ich habe einfach resigniert“, sagte die Tochter. 2011 zog eine Nachbarin mit ihrer kleinen Tochter mit in die Wohnung. Anfangs schlief die Nachbarin im Wohnzimmer und sie mit ihrem Vater weiter im Schlafzimmer, später tauschten sie die Räume. Der Missbrauch sei weitergegangen.
2014 aus der Wohnung geflüchtet
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Erst 2014 flüchtete sie aus der Wohnung und vertraute sich einer Freundin an. Vorausgegangen waren Auseinandersetzungen mit der Nachbarin. Sie hatte der jungen Frau nach deren Angaben vor Gericht verboten, alleine wegzugehen, und ihr das Handy abgenommen. 2013 stand plötzlich die jüngere Schwester in Begleitung einer Freundin vor der Wohnungstür.
Die Nachbarin habe Angst gehabt, sie könnte Kontakt zu ihrer Mutter aufnehmen, mit der sie angeblich eine körperliche Auseinandersetzung gehabt hatte. „Sie beschimpfte mich als Schlampe und Hure und schlug mich“, schilderte die Zeugin. Es sei zu weiteren Schlägen gekommen, von denen ihr Vater aber nichts mitbekommen habe.
Freundin riet zur Anzeige
Im Juni 2014 zeigte sie die Nachbarin und auch ihren Vater bei der Polizei an. Damals musste sie auf die Tochter der Nachbarin aufpassen, während sie und ihr Vater unterwegs waren. Um sie ständig erreichen zu können, soll die Frau ihr das Handy wiedergegeben haben. Die Zeugin fand im Telefonverzeichnis die Nummer ihrer langjährigen Freundin und rief sie aus einem Call-Shop in der Nähe an und bat um Hilfe. Die Freundin überzeugte sie, umgehend zur Polizei zu gehen und die Straftaten anzuzeigen. So kam das Verfahren überhaupt ins Rollen.
Der Prozess wird am 4. September fortgesetzt.