Witten. . Die Werkstadt feiert ihren 40. Geburtstag. Doch in den ersten Jahren kämpfte das Jugend- und Kulturzentrum mit Problemen.

  • 977 kaufte die Stadt eine alte Mannesmann-Industriehalle, die bis 1979 umgebaut wurde
  • Erst zehn Jahre später lief das Kulturzentrum in einer heute vergleichbaren Struktur
  • Das Jubiläum wird am Samstag, 9. September, gefeiert: mit vier Comedykünstlern für 40 Euro

Die Werkstadt wurde gegründet, als es im Ruhrgebiet wenig Kultur und viel Maloche gab. 40 Jahre später steht das Wittener Veranstaltungszentrum in Konkurrenz zu ungeheuer vielen Veranstaltungsorten.

Trotzdem behauptet sich das soziokulturelle Zentrum mit einem Programm, das auf Quotenbringer und Newcomer setzt. Das Jubiläum wird am Samstag, 9. September, gefeiert: mit vier Comedykünstlern für 40 Euro.

Zu der Jubiläumsgala werden etliche „Ehemalige“ der Werkstadt kommen und über alte Zeiten reden. Man darf aber auch einfach Sekt und Häppchen und ein wunderbar lustiges Programm genießen, dass die Werkstadt-Mitarbeiter Jenny Müseler, Nicole Nies oder der Beauftragte für die Künstlerbuchungen Marcus Grabowski gerade bewerben.

Stadt kaufte die alte Mannesmann-Halle 1977

Sie alle waren noch gar nicht geboren, als sich das heutige Grünen-Mitglied Arnold Evertz beim SPD-Jugendverband „Falken“ für ein Kulturzentrum für Kinder- und Jugendliche in Witten stark machte. 1977 kaufte die Stadt eine alte Mannesmann-Industriehalle, die bis 1979 umgebaut wurde.

Erst zehn Jahre später lief der Laden in einer heute vergleichbaren Struktur – und bot neben Comedy- oder Kabarettveranstaltungen auch viele Kurse für Kinder und Erwachsene an. In Zukunft sollen die pädagogischen Angebote ausgeweitet werden – etwa eine Nachmittagsbetreuung für Fünft- und Sechstklässler.

Zurück zur Gala: Ein Paradiesvogel namens „Kay Ray“ macht die Moderation – das heißt: es singt, quatscht, springt ins Publikum. Zwischendurch übernehmen seine Kollegen: Dave Davis, der einst mit der Duschhaube auf dem Kopf als Klomann „Motombo Umbokku“ berühmt wurde. Dann Wortakrobat Kai Magnus Sting, der auf der Bühne alles und jeden mit einem ungeheuren Redeschwall und mit ausgeklügeltem Spott zu übergießen scheint.

Die Mannesmann-Industriehalle 1976. 
Die Mannesmann-Industriehalle 1976.  © Werkstadt

Noch etwas unbekannt ist der Leipziger Erik Lehmann, der echte Typen in diversen Dialekten parodiert. „Ein lustiges Programm auf hohem Niveau, das zur Werkstadt passt“, resümiert Booker Marcus Grabowski, der die Künstler auswählte – eine Mischung aus Neuentdeckung und etablierter Bühnengröße. Stolz verweist er darauf, dass die Werkstadt schon 1978 Fritz Eckenga zu Gast hatte, Hagen Rether, der als Neuling nur die kleine Studiobühne füllte, und jüngst Chris Tall, Luke Mockridge oder Enissa Amani eine Chance gab, bevor die groß raus kamen.

Der Erfolg kam mit der Ü30-Party

„Am Anfang standen zehn Jahre Kampf“, erinnert sich Arnold Evertz an die Anfänge des Zentrums für Kinder- und Jugendkultur an der Mannesmannstraße. Zwei Drittel der Mitarbeiter etwa kündigten 1979 auf einen Schlag – aus Protest! Erst 1987 bekam die Werkstadt ihre heutige Struktur: mit einem Trägerverein aus 24 Mitgliedern und einem fünfköpfigen Vorstand, der einen Geschäftsführer und die Mitarbeiter beschäftigt.

„Das ist und bleibt ein fruchtbares Konzept“, sagt Arnold Evertz vom Vorstand. Die Werkstadt wirtschafte im Plus, „und das ist beruhigend“. Man verdiene unter anderem am Vermietgeschäft etwa beim Firmenveranstaltungen und „buttere zu“ bei der Jugendkultur. „Die Werkstadt ist eine beliebte Location, weil sie so variable Räume hat“, so Mitarbeiterin Nicole Nies.

Jugendcafé Treff bleibt das Baby

Meilensteine in der Geschichte des Baus seien die Eröffnung des Saals 1999 und der Anbau des Jugendcafés Treff 2009 gewesen. Der Treff, das ist der lilafarbene Bungalow neben der Werkstadt, „ist noch immer unser Baby“, sagt Nies. „Da wird noch herumexperimentiert.“

Die größte Erfolgsgeschichte im Werkstadt-Programm muss an dieser Stelle auf jeden Fall erwähnt werden: Die „Ü30“-Party, die Arnold Evertz – angeblich! – erfunden hat. „Das war zwanzig Jahre lang der Grund für mich, mittwochabends in die Werkstadt zu gehen.“ Zunächst unter dem Motto „A hard day’s night“ wurde von 20 bis 24 Uhr gezappelt. Dafür standen die Leute Schlange, kamen sonst woher. Der Beatles-Song war stets der „Rausschmeißer“.

Die Partys für die über 30-Jährigen kopierte eine Disco nach der anderen. „Irgendwann hatten wir kein Alleinstellungsmerkmal mehr. Alles hat seine Zeit“, sagt der 68-Jährige. Inzwischen gibt es für Leute wie ihn die „Silver Party“, also „Ü50“. (Das nächste Mal am 12. August.) Da wird nicht nur Discofox gespielt, es werden auch Häppchen gereicht. „Gerade das finden die Silver-Gäste super“, grinst Nicole Nies und lobt: „Diese Generation kann wirklich sehr ausdauernd tanzen.“