Witten. Ein psychisch auffälliger Mann hatte einen Mitbewohner in der Wittener Notunterkunft „Am Mühlengraben“ schwer verletzt. Nun fiel das Urteil.
- Der Mann griff einen Mitbewohner mit der Waffe an
- Er wurde zu einer Bewährungsstrafe verurteilt
- Nun soll sich der psychisch Auffällige medizinisch behandeln lassen
Im November 2014 endete die bizarre Messer-Leidenschaft eines 34-Jährigen fast in einer Tragödie: In der Notunterkunft „Am Mühlengraben“ verletzte er einen Mitbewohner am Arm schwer – angeblich aus einem „Angstreflex“ heraus. Nun wurde der Mann, der unter Verfolgungswahn leidet, verurteilt.
Wegen gefährlicher Körperverletzung bekam er ein Jahr und neun Monate auf Bewährung. Wie der 34-Jährige vor Gericht sagte, habe er seinem Mitbewohner ein Bier geklaut, als der nicht da war. Daraufhin habe er sich mit der Dose in einem Raum verbarrikadiert und vor dem Spiegel mit einem langen Messer posiert. Als sein Kollege merkte, dass sein Pils fehlte, trat er die Tür des „Langfingers“ ein – mit fatalen Folgen.
Treppenhaus blutverschmiert
Er sei so erschrocken gewesen, dass er – quasi aus Notwehr – mit der Machete ausgeholt hätte, sagte der Angeklagte. Der Mann wurde am Arm getroffen und blutete stark, auch das Treppenhaus soll später blutverschmiert gewesen sein, wie ein Polizist berichtete. „Ich habe ihm sofort den Arm verbunden“, betonte der „Macheten-Fan“. Er sei selbst von seiner Reaktion erschrocken gewesen.
Als Bewährungsauflage wurde dem 34-Jährigen erteilt, in eine ambulante Wohneinrichtung zu ziehen und sich medizinisch therapieren zu lassen. Wenn er Medikamente bekomme, lasse sich mit ihm reden, sagte seine Psychiaterin vor Gericht. Wenn nicht, rede er wirr, fühle sich verfolgt, etwa von der „arabisch-marokkanischen Mafia“, und sei aggressiv. Der Macheten-Angriff, der nun zur Verurteilung führte, habe zwar nichts mit der Erkrankung zu tun. Unkontrolliert und unbehandelt wollte das Gericht den Mann aber nicht herumlaufen lassen.
Schuldunfähigkeit ausgeschlossen
Ein Freispruch war für den ehemaligen Wittener nicht möglich: Seine Nervenärztin hatte vor Gericht eine Schuldunfähigkeit ausgeschlossen. Sie gehe davon aus, dass die Aktion mit den Messer ein Reflex war, „eine unglückliche Verkettung von Umständen“. Schon als Kind sei der 34-Jährige psychisch auffällig und nicht integrierbar gewesen.
Wie wirr und unvorhersehbar er manchmal handelt, zeigte auch ein zweiter Fall, für den er „im Paket“ verurteilt wurde: Bei einem Polizeieinsatz in einem Obdachlosenheim wegen eines angeblichen Diebstahls war er mit den Beamten unzufrieden, weil sie einen Strafantrag aufnehmen wollten – und rief erneut die Polizei. „Das hat man mir schon in der Schule so erklärt.“ Für die Polizei ein Missbrauch von Notrufen – für den psychisch kranken Mann damals ganz selbst verständlich.