Witten. . Brandstiftung als Markenzeichen? Ein 26-jähriger, der mehrere Einbrüche mit Kokelei gestand, soll auch das Feuer in der Kita Erlenschule gelegt haben.

Ein 26 Jahre alter Wittener muss sich wegen besonders schwerer Brandstiftung vor Gericht verantworten. Er soll nach einem Einbruch in die Kita an der Erlenschule am 27. November 2014 dort auch Feuer gelegt haben.

Zu diesem, dem schwersten Anklagepunkt, soll der junge Mann, der seit seiner Festnahme vorläufig in der forensischen Psychiatrie untergebracht ist, erst am 20. November vernommen werden. Am Montag (9.11.) wollte die fünfte Strafkammer des Bochumer Landgerichts zuerst den Werdegang des Angeklagten beleuchten, für den viel auf dem Spiel steht. Ein psychologischer und ein psychiatrischer Gutachter verfolgen das Verfahren. Sie sollen seine Schuldfähigkeit beurteilen und klären, ob er eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt. In diesem Fall müsste der 26-Jährige vermutlich lange in die Psychiatrie.

Zweimal in Pizzerien in Annen eingestiegen

Am Montag ging es auch um weiteren Taten, die er einräumt. Zweimal stieg er nachts in Pizzerien in Annen ein: Am 3. November 2014 an der Schleiermacherstraße, acht Tage später an der Rüdinghauser Straße. Er erbeutete einen Laptop, einen Flachbildfernseher, Limonade und mal 100 Euro, mal 200 Euro. In der ersten Pizzeria zündete er vor dem Verlassen eine Klopapierrolle an, in der zweiten einen leeren Weinflaschenkarton. Beide Male ging das Feuer von selbst aus.

Im ersten Fall habe die Klopapierrolle nur kurz auf dem Fliesenboden der Toilette „gekokelt“, im zweiten Fall seien andere brennbare Sachen wie die Pizzakartons noch weit genug weggewesen, beteuerte der Angeklagte. „Ich wusste, das geht hier nicht ganz in Flammen auf.“ Er habe spontan gehandelt, die Gebäude nicht anzünden wollen. Warum er dann aber überhaupt Feuer legte?

„Liebesbrief“ mit schwarzem Rand

„Ich wollte eine Art Markenzeichen hinterlassen, eine andere Erklärung habe ich heute nicht, ich war ja auch ziemlich zugedröhnt“, sagte der 26-Jährige. Er berichtete von einem Rat seines Vaters, wie man Liebesbriefen eine besondere Note verleihen könne: indem man die Ränder anflämme, wie bei einer alten Schriftrolle. „Das habe ich wohl auch dabei im Kopf gehabt.“

Aufmerksam verfolgte der Annener nach eigenen Worten Polizeiberichte in einem Anzeigenblatt. Dabei faszinierten ihn Hinweise „auch auf andere Straftäter“, bei denen die Polizei ein wiederkehrendes Tatmuster erkannte. In seiner Wohnung fanden die Ermittler ebenfalls einen Artikel über die Brandstiftung in der Videothek „World of Video“ am 23. Oktober.

„Ich war ja auch ziemlich zugedröhnt“

Auch wegen dieser Tat, zehn Tage vor dem ersten Pizzeria-Einbruch, wurde lange gegen ihn ermittelt. Er bestreitet aber eine Beteiligung. Sie wird ihm im laufenden Verfahren auch nicht mehr zur Last gelegt.

Mit Machete und Schlagstock im Rucksack unterwegs

Die Bilder wollen nicht zueinander passen: Auf der Anklagebank der 5. Strafkammer des Bochumer Landgerichts beantwortet der 26-Jährige die Fragen der Vorsitzenden Richterin höflich und fast schon leutselig.

„Der unbekannte Täter, das war ich“, kommentiert er die Suchmeldung der Polizei nach dem ersten Pizzeria-Einbruch. Als er seine Lehrstelle als Lagerlogistiker verlor, habe er aus Langeweile immer mehr Amphetamine genommen. „Dann habe ich die Nacht zum Tage gemacht. Erst mal habe ich mir die Playstation genommen. Danach bin ich dann auf Wanderschaft gegangen und bin auf die glorreiche Idee gekommen, Straftaten zu begehen.“

Doch die Staatsanwaltschaft hält den Annener für keinen Kleinkriminellen. Er soll nicht nur in zwei Pizzerien etwas gezündelt haben und dann auch in der Kita Erlenschule – dort mit schweren Folgen. Als die Polizei ihn am 23. Januar nach einem erfolglosen Einbruchsversuch in eine Annener Drogerie festnahm, fand sie in seinem Rucksack eine Machete, einen Tele­skopschlagstock, zwei Messer und eine Sehschlitzmaske. Nachvollziehbare Gründe, warum er die Waffen bei sich hatte, konnte er am Montag nicht nennen: „Ich weiß selbst nicht wozu.“

Nach Sturz von Brücke zwei Tage im Koma

Der 26-Jährige wuchs in geordneten Verhältnissen auf. Falsche Freunde hätten ihn schon in der zehnten Klasse ans „Kiffen“ und an den Alkohol gebracht. Wegen schwerer Körperverletzung saß es schon mit 15 Jahren zweieinhalb Monate in U-Haft. Danach fing er sich offenbar, schaffte die Fachoberschulreife. Dann stürzte er 2007 unter Alkoholeinfluss von der Brücke am Annener Berg auf den Standstreifen der A 44. Er lag zwei Tage im Koma, verlor die Sehkraft eines Auges. Seitdem habe er regelmäßig Amphetamine konsumiert, um sich „leistungsfähig“ zu fühlen. Er trat noch die Lehre an, den Abschluss schob er aber immer weiter vor sich her. Ohne Beschäftigung startete dann die Serie der Straftaten, die jetzt angeklagt sind. Die Gutachter sollen auch beurteilen, ob organische Folgen des Unfalls den jungen Mann eventuell daran hindern, sein Handeln eigenverantwortlich zu steuern.