Witten. Eigentlich wollte sie ihrem Kollegen nur die Arbeit erleichtern. Deshalb hinterlegte eine Ärztin aus Witten schon mal den Totenschein bei der Familie einer sterbenskranken Frau. Doch die Patientin lebte noch zwei Wochen länger. Die Angehörigen waren erschüttert.

Immer wieder wanderte sein Blick zur Schublade. Denn dort lag zwischen anderen Unterlagen schon der Totenschein für seine Frau. Doch Karin Eickhoff war zwar schwer krank, aber sie lebte noch. Erst zwei Wochen später erlag sie mit 62 Jahren im Kreise ihrer Lieben ihrer schweren Krankheit. Den Totenschein hatte die Ärztin nach einem Hausbesuch zum Ordner des Pflegedienstes gelegt. „Ich war total fertig”, sagt Hans-Jürgen Eickhoff. „So was macht man doch nicht.”

Es war Mitte September 2008, als Karin Eickhoff und ihre Familie erfuhren, dass in ihrer Lunge ein Tumor wächst. Er konnte nicht mehr operiert werden. Sie machte eine Chemotherapie, die sie zunächst auch gut vertrug, erzählt Hans-Jürgen Eickhoff.

Ihr Mann und die beiden Söhne pflegten sie

Im März dieses Jahres dann stellten die Ärzte Tumore im Gehirn fest. Sie erhielt Bestrahlungen, nochmal Chemotherapien. Als sie immer schwächer wurde, pflegten ihr Mann und die beiden gemeinsamen Söhne sie zu Hause. „Wir haben immer versucht, sie so schnell wie möglich aus dem Krankenhaus wieder nach Haus zu holen”, sagt Eickhoff. „Es war eine harte Zeit, aber ich möchte sie nicht missen. Man kommt sich sehr nahe.”

Umso mehr schmerzte es deshalb, als er von der Ärztin den schon von der Praxis gestempelten Totenschein bekam, während seine Frau nur wenige Meter entfernt im Bett lag und mit dem Tod kämpfte. Nur drei Tage später, nach dem Wochenende, brachte sein Sohn den Totenschein zur Praxis zurück, sagt Hans-Jürgen Eickhoff. Seine Frau wollte er von da an nicht mehr von der Ärztin behandeln lassen. Weil sie Karin Eickhoff nun nicht mehr ärztlich betreue, könne sie auch die künstliche Ernährung für die Patientin nicht mehr regeln, sagte sie dann am Telefon, erinnert sich Eickhoff. Über seine Apotheke kümmerte er sich schließlich selbst darum.

Ärztin wollte Familie nicht kränken

Sie habe die Familie auf keinen Fall kränken oder belasten wollen, betont die Ärztin. Es tue ihr sehr leid. Sie habe an dem besagten Tag den Eindruck gehabt, dass Karin Eickhoff schon sehr bald sterben werde. Den Totenschein habe sie nur deshalb bei der Familie gelassen, um den Kollegen zu unterstützen, der möglicherweise dann in der Nacht gekommen wäre. So habe sie es der Familie auch erklärt, sagt die Ärztin.

Die Ärztekammer aber stellt klar: Totenscheine dürften Ärzte erst nach dem Tod eines Patienten aushändigen. „So geht's nicht”, sagt Ärztekammer-Sprecher Volker Heiliger. Dafür habe er kein Verständnis. Hans-Jürgen Eickhoff will jetzt den Fall der Ärztekammer schildern.