Wattenscheid. . Seit vielen Jahren hat Gertrud Lampe kein Kind im Schulalter mehr. Der Märkischen Schule ist sie dennoch verbunden geblieben. Als Ehrenamtlerin in der Milchbar ist sie mit Brötchen und einem offenen Ohr jeden Tag für “ihre“ Schüler da.

Selbst nach Feierabend hört man noch oft ein lautes „Trudi“ durch die Eingangshalle der Märkischen Schule schallen. Das hat seinen Grund: Obwohl Gertrud Lampe ihre kleine Milchbar schon geschlossen hat, können die Schüler immer noch etwas von der Resterampe bekommen. Und dann reicht auch mal eine kleine Spende für Afrika als Gegenleistung.

Schluss ist, wenn keiner mehr kommt

„So lange ich hier bin, können sich die Kleinen immer an mich wenden. Es ist erst Schluss, wenn ich die Haustür zumache“, sagt Gertrud Lampe und meint das wörtlich. Seit 13 Jahren engagiert sie sich ehrenamtlich an der Milchbar, die Schule kennt sie jedoch schon länger: „Vor 23 Jahren wurde meine Tochter eingeschult. Als es dann hieß, Frau Krismann hört an der Milchbar auf, konnte ich so der ‚Märkischen’ verbunden bleiben.“

Dafür nimmt sie mittlerweile jeden Morgen die Fahrt von Castrop-Rauxel zur Saarlandstraße auf sich, um dem „alltäglichen Wahnsinn“ in den Pausen zu trotzen. Um halb acht beginnt ihre Schicht mit dem Schmieren der ersten fünfzig von insgesamt 180 Brötchen. Rund 350 Kinder aus der Unter- und Mittelstufe versorgen sich regelmäßig mit Frühstück am Stand von ihrer „Trudi“, wie die Pennäler sie liebevoll nennen.

Ein offenes Ohr für alle

Für viele ist sie gleichzeitig die Kummertante: „Die Kinder kommen manchmal auch mit Problemen zu mir. Einige ‚Fünfer’ sind dann zu beichten. Schwieriger wird’s, wenn zum Beispiel die Eltern krank sind. Da kann ich allein durch das Zuhören helfen“, berichtet die gelernte Einzelhandelskauffrau aus dem gymnasialen Alltag.

Damit allerdings überhaupt erst die ‚Fünfer’ zu Stande kommen, hat die 59-Jährige immer ein Notvorrat an Heften zur Hand. „Das Geld strecke ich dann vor, es kommt irgendwie schon wieder rein“, meint sie und weiß, dass vor allem die Lehrer glücklich darüber sind, kaum noch die zerfetzten Zettel als Klassenarbeit ausgehändigt zu bekommen: „Frau Lampe ist insgesamt eine riesengroße Bereicherung für unsere Schule. Ihr ehrenamtliches Engagement und das des Elternteams für die Oberstufenschüler sind Vorbild für die Kinder, und das gehört mit zum Selbstverständnis unserer Einrichtung“, weiß der stellvertretende Schulleiter, Dietmar Krahn, seine „Trudi“ aber nicht nur aufgrund der geringer werdenden Zettelwirtschaft zu schätzen.

Ein Ende ist nicht in Sicht

Ans Aufhören denkt sie dabei noch lange nicht. Trotz des Umzuges vor einigen Jahren nach Castrop will sie sich ihr Leben ohne die „Märkische“ vorerst nicht vorstellen. „Mein Mann fragte mich zwar mal, wie lange ich noch machen will. Aber wenn ich die strahlenden Gesichter der Kinder vor allem nach den Ferien sehe, möchte ich diese Erfahrungen hier einfach nicht missen.“

Die WAZ möchte in ihrer Serie ehrenamtliche Helfer vorstellen und bittet um Hinweise: per E-Mail (redaktion.wattenscheid@waz.de), telefonisch ( 98 26 31) oder schriftlich (Hüller Straße 7 in 44866 Bochum).