Bochum. Das Aus einer weiteren Kneipe in Bochum ist besiegelt. Nach 149 Jahren ist bald Schluss. Fehlender Umsatz ist kein Grund für die Schließung.
Ein paar Wochen noch, dann schließt in Bochum das nächste Traditionslokal. Nach dem Griechen Plaka in Langendreer (29. Oktober) und dem Restaurant „Zur alten Post“ in Weitmar-Mitte (25. November) ist für das Keglerheim an der Engelsburger Straße 82 in Eppendorf zum Jahresende Schluss. Am Samstag, 30. Dezember, öffnet Paul Kleine den Familienbetrieb zum letzten Mal.
Nächstes Traditionslokal in Bochum schließt: „Mein Herz weint“
Damit endet nach fast 150 Jahren eine Ära. Kleine führt die Kneipe in fünfter Generation. Er sei der dritte Paul, der hier am Zapfhahn steht. Zwischendurch habe es noch zwei Wirte aus seiner Familie gegeben, die auf die Namen Theodor und Gustav hörten. An der Wand hängen Bilder aus vergangenen Zeiten, eines zeigt Kleines Eltern vor dem Keglerheim, dem Fachwerkhaus gegenüber vom Sportplatz von Schwarz-Weiß Eppendorf.
- Über vier Generation wurde das Restaurant „Zur alten Post“ in Bochum-Weitmar geführt. Ende November ist Schluss. Das ist der Grund.
- Nach 31 Jahren schließt das griechische Restaurant Plaka in Bochum-Langendreer – obwohl das Lokal gut läuft. Das ist der traurige Grund.
- Eigentlich war ein neuer Pächter für die Gastronomie im Bahnhof Langendreer gefunden. Doch dann sprang der Wirt plötzlich ab.
Dem 69-Jährigen fällt der Abschied sehr schwer. „Es ist zwar auch schön, bald die Verantwortung loszusein, aber mein Herz weint schon.“ Am Umsatz liege es nicht, sagt Kleine. „Da kann ich mich nicht beschweren.“ Aber die Gesundheit mache nicht mehr so mit. Er selbst kann seit einem Achillessehnenriss schlecht laufen. Und auch seine Lebensgefährtin Sigrid Altegoer (67), mit der er seit fast 30 Jahren gemeinsam den Laden schmeißt, sei „nicht mehr so fit“.
Er habe „immer nur malocht“, sagt Kleine, der im Februar 70 wird. „Ich will auch was von der Rente haben.“ Sein Vater sei ihm ein warnendes Beispiel: „Der wurde nur 65 Jahre alt und konnte den Ruhestand nicht genießen.“ Er selbst habe das vor und wolle „viel unternehmen“.
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Das Keglerheim laufe noch immer gut. Und doch ist es ein Abschied auf Raten, der nicht erst mit Corona begonnen hat. Schon ab 2015, mit dem Bau des ersten Kreisverkehrs, sei es schwieriger geworden. Seit der Pandemie und den daraus resultierenden temporären Schließungen hat Kleine nur noch freitags und samstags geöffnet. Jeweils ab 15.45 Uhr. „Auf Wunsch eines Kaffeekränzchens“, sagt der Gastronom, „weil der Bus dann hier hier hält.“
In dem Wirtshaus von 1874 ist ein wenig die Zeit stehen geblieben. Das Interieur ist rustikal, der Tresen aus Zeiten, in denen es sonntags noch den Frühschoppen gab. „Der Zapfhahn ist 50 Jahre alt“, sagt Paul Kleine. „Ich habe sogar noch zwei in Reserve.“
An der Wand im Schankraum kleben Zettel mit aktuellen Angeboten: Mettwurst, Frikadelle, Mettbrötchen. Im Keglerheim wird aber vor allem getrunken. Kleine ist dafür bekannt, viele Biersorten zu haben – vom Tannenzäpfle aus dem Schwarzwald bis zum Oktoberfestbier. „Aber natürlich auch Fiege. Dazu konnte ich meinen Vater 1980 überreden. Vorher gab es bis 1926 Schlegel, dann Hansa und schließlich DAB.“
Auf der Speisenkarte dominieren die Schnitzel. Die gibt’s in allen Varianten. Beliebt seien auch die Paprika-Frikadellen, Lachs, Matjes und die Berliner Currywurst (gegrillte Bockwurst).
Drei Stammtische treffen sich regelmäßig im Keglerheim, auch eine Knobelrunde gibt es. Und natürlich wird – der Name verrät es – vor allem gekegelt. Acht Kegelclubs teilen sich die Termine am Wochenende im wöchentlichen Rhythmus. Sie alle müssen sich ab dem neuen Jahr einen neuen Treffpunkt suchen. Dementsprechend seien seine Gäste auch „ganz schön traurig“, berichtet Kleine. Viele könnten seine Entscheidung nicht verstehen. „Kannst doch noch ein bisschen machen“, sagen sie.
Doch Kleine will nicht mehr. Er hat ohnehin schon ein Jahr länger gemacht, als er eigentlich wollte. Ursprünglich sollte schon 2022 Schluss sein. 54 Arbeitsjahre hat Kleine inzwischen auf dem Buckel. Angefangen hat er 1969 als Einzelhandelskaufmann. Zehn Jahre später übernahm er das Keglerheim vom Vater, wo er schon als Jugendlicher mithalf.
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Das Haus ist im Familienbesitz. Kleine will hier auch wohnen bleiben. Eine Nachfolge für die Gastronomie mit dem schönen Biergarten ist nicht in Sicht. Seine Enkelin (19) helfe im Service mit, habe aber diesbezüglich keine Ambitionen. „Die studiert Jura und hat andere Pläne.“ Im Gaststättenbereich könnte sich Kleine einen ambulanten Pflegedienst vorstellen.