Bochum. Vier Generationen haben das Restaurant in Bochum geführt. Jetzt endet diese Tradition nach 170 Jahren. Für den Stadtteil ein großes Problem.

Es ist die Ruhe vor dem Sturm. 16 Uhr, noch ist das Restaurant leer. Alle Tische sind gedeckt – und im Laufe des Abends dann durchweg besetzt. „Wir sind das ganze Wochenende komplett ausgebucht“, sagt Wirtin Barbara Tewari. „Ich könnte Ihnen keinen Stuhl mehr anbieten.“ Der Laden läuft. Und doch wird das Restaurant „Zur alten Post“ an der Hattinger Straße 312 in Bochum-Weitmar-Mitte demnächst geschlossen. „Aus gesundheitlichen Gründen.“

Aus für Traditionslokal: „Mag nicht an letzten Tag denken“

Die Entscheidung ist Barbara Tewari, ihrem Mann Kumar und ihrem Bruder Peter Michels, der in der Küche das Sagen hat, nicht leicht gefallen. „Das ist seit jeher ein Familienbetrieb. Wir führen das Restaurant in vierter Generation.“ Schon die Urgroßeltern schmissen ab 1890 den Laden. Nun ist Schluss. Am 25. November, einem Samstag, wird zum letzten Mal die im Ort so beliebte gut bürgerliche Küche serviert. Das Restaurant ist schon jetzt ausgebucht. „Alle Stammgäste wollen noch einmal zu uns zum Essen kommen“, sagt Barbara Tewari emotional. „Ich mag gar nicht an den letzten Tag denken.“

Sie und ihr Bruder sind im Restaurant groß geworden, in der Gastronomie aufgewachsen und schließlich irgendwann in die Verantwortung gerutscht. „Wann genau, wissen wir gar nicht mehr. Das war ein fließender Übergang. Jedenfalls vor mehr als 30 Jahren.“ Weitere Jahre kommen nun nicht mehr hinzu. „Was nicht geht, geht halt nicht mehr“, sagt Kumar Tewari.

Das Restaurant „Zur alten Post
Das Restaurant „Zur alten Post" in Bochum-Weitmar-Mitte wird in vierter Generation geführt – und bald geschlossen. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Bei vielen Gästen habe man mit der Nachricht für Bestürzung gesorgt, berichtet Barbara Tewari. Einige hätten geweint und gefragt „Wo sollen wir denn jetzt hin?“ Für die Wirtin kein Wunder. „Außer uns gibt es an Restaurants dieser Art in Weitmar-Mitte nichts. Das wird für viele ein Problem.“

Man habe ja viele Stammgäste. „Zum Beispiel sonntagmittags, wo vor allem ältere Menschen immer zur selben Zeit am selben Tisch den Mittagstisch nutzen.“ Dann gibt’s Nackenbraten, Rouladen, Schnitzel, Steaks – das ganz Programm der deutschen Küche halt, für die „die Post“ steht.

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Mit dem Aus des Traditionslokals werde ein großes Loch in die Gastronomie im Stadtteil gerissen. „Das ist hier ja auch sowas wie ein sozialer Treffpunkt, über den wir viele persönliche Beziehungen aufgebaut haben. Wir haben hier von der Taufe bis zur Beerdigung alles an Familienfeiern gehabt.“ Da habe man so manche Familiengeschichte eine Zeit lang begleitet.

Schluss für Traditions-Restaurant in Bochum: Kein Nachfolger in Sicht

Familie Tewari/Michels gibt nicht nur ihr Restaurant auf. Das ganze Haus wird verkauft, inklusive der Wohnungen. „Wir haben einen Makler damit beauftragt.“ Auf Ebay ist die Anzeige inzwischen schon zu finden.

Den Inhabern steht ein kompletter Neuanfang bevor, allerdings in ihrem Umfeld. „Wir ziehen zwar aus und um, bleiben aber in Weitmar-Mitte“, sagt Barbara Tewari. Man wolle sich „ganz normale Jobs suchen“, vorzugsweise natürlich in der Gastronomie. „Das haben wir ja gelernt.“ Sie selbst ist Mitte 50, ihr Mann 60, der Bruder 49. Sorgen mache man sich nicht. „Bei dem Personalmangel in unserer Branche werden wir schon was finden.“

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Selbst habe man auch mit diesem Problem zu kämpfen gehabt, gute Leute zu bekommen. Und so fand sich nun auch kein Nachfolger fürs Restaurant. „Das wäre ein Traum, wenn wir doch noch jemanden finden würden – für uns und für unsere Gäste“, hat Barbara Tewari die Hoffnung doch noch nicht so ganz aufgeben. „Das ist ja unser Lebenswerk.“

Erste Erwähnung 1852 – wegen eines Briefkastens

Erstmalig erwähnt wurde das Gebäude des Restaurants „Zur alten Post“ 1852 wegen der „Anbringung des ersten Postbriefkastens in Weitmar an der Behausung des Wirts Wilhelm Schlett an der Bochumer-Hattinger Chaussee“ - so steht es auf der Internetseite des Lokals. Laut mündlicher Überlieferung soll das Haus demnach in den 1830er Jahren erbaut worden.

Es bestand aus dem heute noch erhaltenen Haupthaus mit Gaststätte und Wohnräumen und einem ca. 400 Personen fassenden Saal mit zwei Kegelbahnen auf dem heutigen Gelände des Autohauses Hattinger Straße 310.

Letzte gravierende Änderung sei die Einführung des Rauchverbots gewesen, sagt Wirtin Barbara Tewari – allerdings zum Positiven. „Das hat dafür gesorgt, dass noch mehr Familien und auch ältere Menschen zu uns kamen.“