Bochum-Wattenscheid. Schon am Freitag zum Auftakt des Wattenscheider Weinfestes ist viel los auf dem Alten Markt in Bochum. Regen stoppt das große Feuerwerk nicht.
Die prompte Antwort überrascht: „Ja, es ist teurer als im vergangenen Jahr“, räumt Winzer Kurt Müller unumwunden ein, aber er lächelt dabei breit und ein Auge zwinkert. „Das Glas“, tatsächlich also lediglich die Weingläser sind gemeint, und das schlägt sich beim traditionellen Wattenscheider Weinfest nieder. Allerdings nur im Pfand, und den berappen die Besucher gern.
Für die edlen Tröpfchen in den Gläsern dagegen müssen sie nicht spürbar tiefer in die Tasche greifen. Oliver, kundiger Besucher und Weingenießer, schätzt: „Je nach Sorte vielleicht 50 Cent. Aber das ist ja höchstens so, als ob man für 1,80 Euro tanken würde.“ Bei drei Euro pro 0,1-Glas starten die Angebote der Winzer diesmal in etwa.
Winzer haben in Bochum und Wattenscheid Stammkunden
Kurt Müller beruhigt denn auch, dass ansonsten die Kurse unverändert seien. Er schätzt das Weinfest und Wattenscheid, macht der Mann aus Ellenz an der Mosel klar. „Wir haben Stammgäste und im Nachklang des Weinfest auch Stammkunden hier. Die sind hier auch für Neues offen, schätzen sonst eher die lieblichen Weine“, verrät er über die Wattenscheider Gaumen, „aber auch richtig trocken“. Und immerhin auch in solcher Größenordnung, dass er ab 24 Flaschen eine Lieferung frei Haus anbieten kann.
Das traditionelle Weinfest in Wattenscheid
Was außerdem gleich am Freitag beim Auftakt auf dem Alten Markt auffällt, ist das diesmal wieder deutlich kleinere Zelt für die Bühnentechnik. Beim Stadtfest WAT 606 meckerten viele Besucher, dass der „Riesentrumm“ den Blick auf die Bühne und sogar die Videowand so verdecken würde, dass von den Sitzbänken aus kaum etwas zu sehen war.
Zu sehen gab es auf dieser Wand erneut den deutlichen Hinweis und die Bitte, im engeren Veranstaltungsbereich doch möglichst auf mitgebrachte Getränke, vor allem Flaschen, zu verzichten. Das kennt man von Festivals und zum Beispiel auch von „Bochum Total“, allerdings werden dann in den Läden rundum nicht einmal mehr Glasflaschen verkauft.
Destille sagt ab: Wasserschaden im Keller
Damit sollte die Verletzungsgefahr durch Splitter gemildert werden, außerdem finanziert sich das Event über die Standgebühren und damit den Verkauf von Speisen und Getränken, was wiederum eine Fortsetzung erst möglich macht. Die Anschrift des Ellenzer Familien-Betriebes von Kurt Müller, „Am Goldbäumchen“, verweist allerdings mehr auf die Farbe des Rebensaftes.
Dabei war zum Start des Weinfestes diesmal längst noch nicht alles in trockenen Tüchern. Sabine Theis, Vorsitzende der Wattenscheider Werbegemeinschaft, war diesmal trotzdem entspannt. „Ein Gastronom, die Destille, hat kurzfristig absagen müssen. Bei denen stand der Keller unter Wasser, und da geht die Sicherung der Produktion natürlich vor.“
Allerdings habe auch ein Weinhändler absagen müssen: „Der hat keinen Wagen für den Ausschank kriegen können“, erzählt sie. Sie hofft, dass im nächsten Jahr das Angebot beim Weinfest noch einmal vielfältiger werden könne. „Wir haben wieder einige zusätzliche Interessierte auf dem Zettel.“
Sponsoren, Unterstützer und Winzer sind treu
„Mit dem großen Feuerwerk sind wir inzwischen bei sicherlich 70.000 Euro zur Finanzierung angekommen“, schätzt sie, und unterstreicht deshalb deutlich, dass es ohne die Unterstützer und Sponsoren unmöglich wäre, das zu stemmen. Nebenbei bleibe es natürlich auch für die Werbegemeinschaft viel Arbeit, die Gastronomen und Künstler auf der Bühne zusammen zu bekommen.
Zum Teil hätten die Winzer und Weinhändler sogar für Wattenscheid zugesagt, nachdem sie gerade noch auf anderen Stadtfesten regelrechte Debakel erleben mussten. „Und die treten hier ja schließlich auch erst einmal in Vorlage und finanzieren vor“, meint Theis anerkennend und freut sich über diese Treue.
Das gelte auch für die Bezirksvertretung, die wieder einmal enorm geholfen habe, alles reibungslos über die Bühne zu bringen.
Mano Oliveri: Gehört sich so, wie in der Familie
Nicht umsonst wird auch Mano Oliveri, lokaler Unternehmer und im Beirat der Werbegemeinschaft aktiv, als auch Aufsichtsratsvorsitzender der SG Wattenscheid 09, ausdrücklich in der Liste der Unterstützer genannt. Er selbst stellt sein Wirken fast schon in den Hintergrund. „Da haben viele, ganz viele ihren Teil zur Unterstützung geleistet“, winkt er ab, „Freude und Firmen von außerhalb, wie in jedem Jahr.“
Die Kontakte hat aber gerade er auch gepflegt, weil ihm das Weinfest in und für Wattenscheid wichtig ist. „An den drei Tagen sieht man hier viele Leute aus der Nachbarschaft, die sonst kaum auftauchen, die man kaum noch sieht. Ohne das Weinfest hätten viele kaum noch Gelegenheit, vor die Tür zu kommen, das ist ein Treffpunkt mit Tradition“, meint er.
Deshalb gelte es für alle, für das Weinfest mit anzupacken, „das ist wie bei 09“, meint er durchaus ernst. „Mit so einer Verpflichtung für die Gemeinschaft bin ich groß geworden“, erklärt der gebürtige Sizilianer, „das ist wie in der Familie. Das gehört sich einfach so.“ Man müsse mit Geduld langfristig Perspektiven aufbauen, „und das ist wieder wie bei 09.“
Schirme beim Schauer am Samstag willkommen
Nachdem das Weinfest im vergangenen Jahr schwer an schlechtem Wetter zu knacken hatte, waren diesmal vorsorglich einige große Marktschirme zwischen den Bänken verteilt worden. Die dienten dann allerdings erst einmal als Schutz vor der so nicht erwarteten Spätsommer-Hitze.
Gern genutzt waren sie dann noch einmal am Samstagabend, als kurz nach 20.30 Uhr ein kräftiger Schauer über dem Alten Markt niederging. Die Feier-Willigen vor und auf der Bühne, die Combo Line Out mit den beiden Wattenscheidern Tibor Bali und Ingo Pelka, ließen sich davon allerdings nicht nachhaltig bremsen, höchstens willkommen abkühlen.
Auch das furiose Feuerwerk zum Abschluss des Samstags musste dann doch nicht unter dem Regen leiden und konnte wie vorgesehen den Himmel über dem Wattenscheider Kernbereich hell, grell und bunt ganz besonders stimmungsvoll in Szene setzen.
Eine Auswahl von Fotos zum Weinfest finden Sie hier.
Veranstaltungen in WAT
Der Veranstaltungskalender für Wattenscheid verspricht im letzten Quartal 2023 noch so einige Punkte, die ein Kreuzchen verdient haben. So wird schon am Freitag, 22. September, der Weltkindertag traditionell groß in der Hellwegstadt begangen. Start wird um 14 Uhr in der Friedenskirche sein, ab 15 Uhr gehört dann der generalüberholte Stadtgarten den Jung-Mitbürgern.
Die Interkulturelle Woche in Wattenscheid lockt ab dem 19. September mit verschiedenen Mitmach-Angeboten, das große Abschlussfest soll wieder auf dem Holland-Zechenareal am Freitag, 29. September, von 17 bis 21 Uhr sein. Nähere Informationen im Internet auf www.ikw-bochum.de. Direkt anschließend vom 29. September bis 3. Oktober verwandelt dann die Gertrudiskirmes den Alten Markt und die Fußgängerzone zum Rummelplatz.