Bochum-Wattenscheid. Das Bochumer Festival der Freien Kulturszene macht in der vierten Auflage erneut Station in Wattenscheid. Konzept ist „Kunst gleich um die Ecke“.
Kunst im Vorübergehen, zum Bummeln, Sitzenbleiben und zum Mitmachen war das Ziel der Bo-Biennale. Das Festival der Freien Kulturszene Bochum wollte an fünf Tagen auf fünf Plätzen in der ganzen Stadt verteilt und an weiteren fünf Tagen als „Bo-Biennale to go“ ein möglichst breitgefächertes Spektrum zeigen. Die Abschlussveranstaltung konzentrierte sich diesmal am Saarlandbrunnen in der Einkaufszone Wattenscheids.
Vor zwei Jahren hatte sich der Bismarckplatz als Veranstaltungsort mehr als achtbar gezeigt. Durch den Erfolg dieses unscheinbaren Quartiers kam sogar eine Diskussion über die Politik in Gang, ob dieser Platz nicht auch für weitere Aktionen geeignet wäre, etwa eine Stadtteilkirmes. Und die Anregung stieß auf Interesse, auch der Max-König-Platz in Günnigfeld rückte so stärker in den Blick.
Biennale kam vor zwei Jahren in Bochum-Wattenscheid schon gut an
Die über den ganzen Veranstaltungstag durchweg gute Stimmung auf dem Bismarckplatz hielt sich sicherlich vor allem auch dadurch, dass dort die Nachbarschaft nicht nur „um die Ecke“ gewesen ist, sondern ganz direkt dabei war. So wurde der Biennale-Freitag damals auch zum Nachbarschaftsfest mit Musik, begehbaren Kunstinstallationen und Vorführungen.
Die Anwohner stellten schlicht ihren Grill dazu und machten sich mit den Besuchern einen schönen Tag.
Nun also das Areal rund um den Saarlandbrunnen, das mit den Platanen und den Plätzen der Eisdiele und der Pizzeria eine geradezu „chillige“ Atmosphäre hat. In der Fußgängerzone allerdings ist an einem Sonntag kaum Betrieb, noch dazu startete das Programm zur Mittagszeit und bei eher ungünstiger Wetter-Prognose: Gewitter möglich.
Immerhin elf Programmpunkte hatten sich die Macher der Bo-Biennale auf die Plakate geschrieben, womit der Standort Wattenscheid sicherlich nicht stiefmütterlich behandelt worden ist.
Der Platz am Saarlandbrunnen schien geeignet
„Es ist alles gleitend und fließend“, meinte denn auch Pe Sturm lächelnd, der Koordinator für den Abschlusstag. „Wir hatten eigentlich im Oktober vorgesehen, genau hier rund um den Brunnen so etwas wie ein „Wohnzimmerkonzept“ mit einem Mix aus Musik und Darstellung zu probieren, um zu sehen, was hier passt.“
14. WAT-Kulturnacht kommt
Ein rundum „hausgemachtes“ Programm wird die inzwischen schon 14. Wattenscheider Kulturnacht am Freitag, 2. Juni, von 18.30 bis 22 Uhr bieten. Start wird erneut vor dem Zentrum Alte Kirche am Markt mit dem Ensemble „Frech wie Blech“ sein, in der Kirche schließt sich eine Operetten-Präsentation an. Geboten wird der „Barbier von Sevilla“.
Spielorte werden die Stadtteilbücherei im Gertrudis-Center, die Propsteikirche St. Gertrud und als Schwerpunkt auch die Bühne unter dem Schachtgerüst der ehemaligen Zeche Holland sein. Dort macht die Musikschule um 18.30 Uhr den „Eisbrecher“ mit Pop und Rock von „The six o’ clocks“ und wird auch das Finale um 21.15 Uhr mit kurdischer Musik und Tanz von Ronak e.V. steigen. Das Programm gibt’s vorab mit einem Grußwort von Kulturdezernent Dietmar Dieckmann unter https://www.wattenscheider-kulturnacht.de/
Durch personelle Wechsel im Organisationsteam wurde daraus nichts, Sturm selbst übernahm erst im Februar die Federführung für den Abschlusstag in Wattenscheid. „Ich war eigentlich mit der Literaturreihe in der Kulturszene betraut“, berichtete er nun, während die ersten Radfahrer auf einen Kaffee oder ein Eis Station machen.
Ein Programm mit insgesamt elf Punkten
Über die Wattenscheider Kulturinitiative WAT-Werk und die Kreativen um Martin Lenz in der Kult-Kneipe „Wiesmann’s“ habe man dann näher heran die Wattenscheider Szene kommen können. Kontakt entstand zu City-Managerin Marion Drewski und das Team des Stadtteilbüros oder Creative Space und GemI, das Forum „Gemeinsam für Integration“.
„Yan Ugodnikov von GemI hat zum Beispiel die Gruppe Karmakind für diesen Tag gewonnen“, geht Sturm ins Detail der Organisation, „selbst richtig gespannt bin ich auf das Ensemble Arabesque mit insgesamt 16 Leuten, das arabische und europäische Instrumente kombinieren will. Da ist womöglich auch ‘was Tanzbares dabei“, blickt er auf den Programmablauf.
„Creative Space“ biete professionelle Workshops und Coachings für die ersten Schritte in den Bereichen Musik und Medien an und vermittele den Teilnehmern auch Werte und Respekt im Umgang mit Mitmenschen, Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl, und das Forum GemI habe auch bereits gezeigt, wie gute, integrative Arbeit für und mit den Menschen im Bezirk aussehen könne.
Lob für die integrative Arbeit in Wattenscheid
„Außerdem gibt es hier unter den Initiativen und Vereinigungen keine Rivalitäten, das haben wir an anderer Stelle schon mal als echt schwierig erlebt. In Gelsenkirchen, also auch nicht weit von hier, muss das manchmal ziemlich knifflig sein, was auf die Beine zu stellen, wenn man sich als Konkurrenten versteht“, deutet Pe Sturm an. Was in Wattenscheid dagegen allerdings noch deutlich stärker entwickelt und ausgebaut werden müsse, sei die Vernetzung gerade auf dem Sektor der Freien Kulturszene, also auch ohne die bekannten Träger, die etwa hinter der Wattenscheider Kulturnacht stehen.
„Wenn es hier so etwas wie einen Kulturstammtisch geben würde, das wäre schon etwas. Auch im städtischen Kulturbüro kommen aus Wattenscheid eher weniger Anfragen auf Förderung“, gibt Sturm weiter.
Dass am Saarlandbrunnen zum Start ein ziemlich spärlicher Betrieb herrschte, sei aber auch dem Veranstaltungstermin geschuldet. „Am Ende des überlangen Wochenendes nach dem Brückentag zu Christi Himmelfahrt sind sicher viele noch weg gewesen und kommen heute erst wieder zurück“, schätzt er.
Das Echo auf die vorangegangenen Schwerpunkt-Tage der Bo-Biennale beschreibt Sturm auch als sehr unterschiedlich. „Am Samstag in der Ko-Fabrik war es zum Beispiel richtig schwierig. Die verschiedenen Demonstrationen und Gegendemonstrationen in der Innenstadt, dazu Fußball-Bundesliga kurz vor dem Saisonende und im Abstiegskampf, da herrschte erst mal gähnende Leere am Imbuschplatz und der Stühmeyerstraße“, fasst er kurz zusammen.
Bo-Biennale geht auch zu neuen Spielorten
In der Pantoffel-Fabrik am Gersteinring als einer eher unbekannten und neuen Location habe dagegen vergleichsweise durchweg guter Betrieb geherrscht, und beim „Parkrascheln“ im Volkspark Langendreer seien auch wohl bis zu 500 Besucher stehen geblieben.
Die Eine-Welt-Gruppe in Wattenscheid nutzte den Abschlusstag der Bo-Biennale, um auch den Besuchern etwas Unbekanntes zu präsentieren, die meinen, alles über die Hellwegstadt schon zu kennen. Denn dass unter den sagenhaften Reliefs auf den Betonwürfeln des Saarlandbrunnens auch ein „Dickkopf“ zu finden ist, dürfte den meisten Passanten entgangen sein.
Die Sagen um Schmiede und Zwerge etwa können immer wieder noch Neues und Unterhaltsames entdecken lassen. Gaukler „Tobrov“ sorgte mit seinen Kunststückchen für die stimmige Begleitung.