Bochum-Wattenscheid. Eklat in Wattenscheid: Den „Rock Classic Allstars“ wurde auf der Wattenscheider Freilichtbühne der Saft abgedreht. Das sind die Hintergründe.
Mit einem Eklat endete am Samstagabend das Konzert der „Rock Classic Allstars“ auf der ausverkauften Wattenscheider Freilichtbühne. Kurz nach 22 Uhr wurde den Musikern der Ton abgedreht – zum Ärger der Veranstalter Anke und Heinz Heinemann, die in Frage stellen, ob es 2023 eine Neuauflage geben wird. Die Hallengesellschaft BOVG verteidigt ihr Vorgehen und verweist auf den Lärmschutz.
„Rock Classic Allstars kehrten nach drei Jahren nach Wattenscheid zurück
Es ist die Party des Jahres in Wattenscheid: Seit 2011 füllen die „Rock Classic Allstars“ im Sommer die Open-Air-Arena im Stadtgarten. 2500 jung gebliebene Ü50er feiern die Hits der 60er und 70er Jahre. Ehemalige Mitglieder einst weltweit angesagter Rock- und Popgruppen bzw. deren Nachfolger finden sich in der Allstars-Band zusammen und präsentieren Klassiker aus der „Discothek im WDR“-Epoche.
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Am Samstag war die Stimmung besonders ausgelassen. Nach den Corona-Absagen 2020 und 2021 wurde die Rückkehr des WAT-„Klassentreffens“ regelrecht herbeigesehnt. Kaum ein Karten-Käufer hatte sein Ticket zurückgegeben. Endlich wieder gemeinsam feiern. Endlich weder Live-Mucke genießen. „Was wäre die Freilichtbühne ohne uns?“, sagte Heinz Heinemann am frühen Abend im WAZ-Gespräch und versprach in seiner Begrüßung: „Heute brennt Wattenscheid!“
Bei „Major Tom“ verstummten Sänger und Band plötzlich
In der Tat: Es folgten drei heiße Stunden mit Klassikern u.a. von Hot Chocolate (dargeboten von Publikumsliebling Greg Bannis), Slade (mit Steve Whalley) und Sailor (Oliver Marsh). Die Bochumer Urgesteine Jo Hartmann und Kai Hoffmann (Secret Discovery) sowie Michael Bormann und André D. lieferten starke Solo-Nummern. Ein Höhepunkt: der Auftritt von Leo Lietz, der als Mitgründer der Lords 1959 (!) eine wahre Musiklegende ist. Im nächsten Jahr wird er 80. Erfolgstitel wie „Poor Boy“ oder „Gloryland“ hat er – wenn auch stimmlich eingeschränkt – immer noch drauf.
Das Finale markiert womöglich das Ende der „Rock Classic Allstars“ in Wattenscheid. Kurz nach 22 Uhr ist die Freilichtbühne bierselig „völlig losgelöst“. Kaum jemand, der nicht tanzt und bei „Major Tom“ mitsingt. Plötzlich verstummen Sänger Jo Hartmann und die Band. Irritation. Fragende Blicke. Wohl ein technischer Defekt. Und das ausgerechnet zum Ausklang dieses famosen Abends.
Veranstalter ist wütend – Besucher ziehen enttäuscht ab
Heinz Heinemann (dessen Mikro noch funktioniert) sorgt für Aufklärung. Es sei „eine Unverschämtheit“, wie die Stadt Bochum mit den Allstars umgehe. Nur weil es wenig später als 22 Uhr ist, habe man den Saft abgedreht. „Ob wir nächstes Jahr wiederkommen, ist nicht klar.“
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Die meisten Besucher sind aufgebracht, wütend, verständnislos. „In den Vorjahren gab es immer Zugaben, auch nach 22 Uhr. Darüber hätten sich alle gefreut, gerade nach der langen Pause“, sagt Martin (61). Viele stehen noch zusammen, diskutieren, leeren ihre Getränkebecher. Und ziehen ab. Enttäuscht. Aber friedlich.
BOVG-Chef glaubt: Das hätte auch anders ausgehen können
Das hätte auch anders ausgehen können, glaubt Andreas Kuchjada, als Chef der Hallengesellschaft BOVG Hausherr der Freilichtbühne. „Unglücklich“ sei man über das Verhalten des Veranstalters, sagte Kuchjada am Sonntag auf WAZ-Anfrage. Es gebe die „glasklare“ Regelung, dass um 22 Uhr Schluss sein müsse. Das schreibe die Lärmschutzverordnung vor. Das gebiete die Rücksicht auf das benachbarte Marien-Hospital und die Anwohner. Das müsse verlässlich eingehalten werden, um die Freilichtbühne langfristig zu bespielen.
„Uns fehlt jedes Verständnis dafür, wenn ein Veranstalter meint, sich nicht an diese Regel halten zu müssen“, erklärt Kuchajda. Es sei abzusehen gewesen, dass die 22-Uhr-Vorgabe nicht eingehalten wird. Die Veranstaltungsleitung habe daher konsequent gehandelt und – nach einer ersten Vorwarnung um 21.59 Uhr – den Ton um 22.07 Uhr herunterdrehen lassen.
Zukunft des Oldie-Festivals ist offen
Erzürnt zeigt sich Kuchajda über die Ansage Heinemanns ans Publikum und dessen Vorwürfe an „die Stadt Bochum“ – und das in Wattenscheid. Das sei verantwortungslos gewesen. „Es hätte zu Ausschreitungen kommen können“, meint der BOVG-Geschäftsführer.
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Anke Heinemann bekräftigt gegenüber der WAZ die Kritik. „So etwas geht gar nicht. Natürlich ist uns die 22-Uhr-Grenze bewusst. ,Major Tom’ wäre unser letzter Song gewesen. Man kann nicht mitten im Lied den Ton abdrehen. Das hat etwas mit Respekt den Musikern und dem Publikum gegenüber zu tun.“
Ob es im nächsten Jahr zu einer Fortsetzung der Reihe kommt, ließen am Sonntag sowohl die Heinemanns als auch Andreas Kuchajda offen.