Wattenscheid. Stefanie Zielewski kümmert sich um Nestlinge von Singvögeln. Die „Federchen“ müssen stündlich gefüttert werden und kommen deshalb mit zur Arbeit.

Alles fing mit einer Taube an. „Ein neuer Freund“, hatte Stefanie Zielinskis Sohn angekündigt. Das ist drei Jahre her, und seitdem hat sich die Tierfreundin nicht nur umfassend über die Aufzucht und Pflege von Nestlingen oder noch nicht flüggen Singvögeln informiert. Allein vom „Saisonstart“ in diesem Jahr am 16. April hat sie bereits 181 Tiere aufgenommen und gepäppelt, bis sie wieder „ausgewildert“ werden konnten.

Bei „wild“ denkt der Stadtbewohner eher an Greifvögel, die es natürlich in Wattenscheid auch gibt. Aber der 42-jährigen Vogelfreundin geht es vor allem um Singvögel, und da zählt sie auch die Stadttauben dazu, die Buntspechte und ganz besonders die Spatzen, die für uns nicht zu den begnadeten Sängern gehören. Die allerdings auch im Stadtbild immer seltener werden.

Wattenscheid hat Rückzugsorte für Brutvögel

Eine Singdrossel, zutraulich wie alle Schützlinge von Stefanie Zielewski, wenn sie auf Futter warten.
Eine Singdrossel, zutraulich wie alle Schützlinge von Stefanie Zielewski, wenn sie auf Futter warten. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Hier, in der Nähe der „Päppelstation“ im Zielewski-Keller, können in den Bäumen und Büschen im Park am Ehrenmal und auf den beiden Friedhöfen direkt an der Autobahn aber tatsächlich noch viele Vogelpaare brüten.

Die Jungtiere, die dabei aus dem Nest fallen oder noch nicht flugfähig und deshalb in Gefahr sind, bekommen hier ein sicheres Plätzchen und das richtige Futter. Bei den meisten sind das Insekten, und weil sie anscheinend ständig Hunger haben, läppert sich das. „800 Euro. Im Monat“, schätzt die Tierfreundin.

Spatzen, Amseln, Rotkehlchen, Eichelhäher, Stieglitze („Distelfinken“), Singdrosseln, Bunt- und Grünspechte kommen hier unter. Rabenvögel auch, aber die draußen in einer Voliere. „Die fangen an zu stinken“, weiß die Vogelmama lächelnd.

Die Kirchengemeinde zog gleich mit

Für sie ist es ganz klar eine „Herzenssache“, und die fordert Verständnis. Bei der Familie wie beim Arbeitgeber, denn die Kleinen wollen stündlich gefüttert werden, 30 sind es gerade im Keller. Um das zu leisten, nimmt Stefanie sie in einer speziellen Tragetasche auch mit zur Arbeit. Als Küsterin, denn zum Glück meinte Pfarrer Christian Meier in Günnigfeld, als sie mit der Idee einer Voliere an der Christuskirche in Günnigfeld anrückte bloß: „Cool!“

Eine bunte Mischung: Hier vertragen sich sogar junge Elstern (l.) und Eichelhäher, bis Stefanie Zielewski sie wieder auswildern kann.
Eine bunte Mischung: Hier vertragen sich sogar junge Elstern (l.) und Eichelhäher, bis Stefanie Zielewski sie wieder auswildern kann. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

In diesem Freiluft-Gehege können die gefiederten Patienten dann ihre Flugmuskulatur trainieren, um wieder fit für das Leben in Freiheit zu werden.

Mit Siegel und Ring

Die Tierfreundin hat sich Starthilfe bei der Taubenklinik in Essen geholt, und die Stadtverwaltung hat per Umwelt- und Veterinäramt geprüft, ob das alles zum Wohl der Tiere ist.

Stadttauben

Das Problem mit Stadttauben ließe sich angehen, ist Stefanie Zielewski überzeugt. Wenn ihnen Gips-Eier zum Brüten unterschoben werden, vermehren sie sich nicht so rapide.

Sie kann in der Umgebung sogar Adressen vorschlagen: Das Haus über der Freiheitsschänke und das mit dem zerstörten Dach etwas weiter in der Hagenstraße.

Brief und Siegel und ein großes Lob gab es dafür. Die Vogelwarte Helgoland, man glaubt es kaum, hilft auch und beringt und vermisst die wieder aufgepäppelten Singvögel, um auf diese Weise auch den Bestand zu dokumentieren.

Denn der hat mit abnehmender Vielfalt in den Gärten, damit sinkenden Zahlen von Insekten, in der Großstadt einen schweren Stand.

Konto der Evangelischen Kirchengemeinde, IBAN 05 4305 0001 0000 9546 77, Verwendungszweck „ekiwa Umweltarbeit Günnigfeld.039408. Vogelrettung“, Info bei Facebook „@WAT ne Taube?“ oder Instagram @wat_ne_taube.